Trotz seiner bislang schlechtesten ersten Halbzeit setzt sich der TSB Gmünd knapp mit 36:32 (14:18) beim TSV Blaustein durch. Eine umstrittene Rote Karte gegen Andreas Maier schwächte die Jets zusätzlich, bevor der neunfache Torschütze Stefan Scholz die Aufholjagd einleitet.
Es war das totale „Anti“-Spiel des Tabellenzweiten. Die Abwehr, das eigentliche Prunkstück der erfolgsverwöhnten Gmünder, bröckelte in Blaustein gewaltig. Was größtenteils daran lag, dass Stephan Mühleisen krankheitsbedingt ausfiel und der angeschlagene Christian Waibel nur sporadisch helfen konnte. Stattdessen hatte die Offensive, allen voran Stefan Scholz und Niklas Burtsche, einen Sahnetag erwischt. „Einen Schönheitspreis haben wir sicher nicht gewonnen, aber uns mit einer richtig guten Mannschaftsleistung dagegen gestellt“, lobte Trainer Aaron Fröhlich angesichts der stolzen 22 Tore im zweiten Durchgang. Genau diesen Willen hatte sein Team in den ersten 30 Minuten allerdings vermissen lassen: „Das war unsere bislang schlechteste Halbzeit. Wir haben saft- und kraftlos gespielt.“
Anders als gewohnt hatte der TSB erhebliche Startschwierigkeiten und geriet bereits in den ersten zehn Minuten mit 4:7 ins Hintertreffen. Durch ihr „Dreamteam“, Spielmacher Tom Abt und den von ihm immer wieder gut in Szene gesetzten Linksaußen Niklas Burtsche, meldeten sich die Gäste zurück. Von der rechten Seite hingegen leistete sich Routinier Wolfgang Bächle gleich zwei Fehlwürfe. Der für ihn eingewechselte Patrick Watzl besorgte prompt den Ausgleich, aus dem Rückraum warf Kai Schäffner die Jets mit 9:8 (17.) in Front. Doch wirklich beherrschen konnte der Favorit das Geschehen nicht, sondern leistete sich ungewohnt viele technische Fehler.
Die abstiegsbedrohten Blausteiner nutzten das zu schnellen Toren und düpierten die beste Abwehr der Liga ein ums andere Mal. Besonders Kreisläufer Tobias Bauch war nicht zu bändigen, drehte den Spielstand auf 10:11 (20.) und traf insgesamt achtmal. „Wir mussten sehr viel improvisieren und haben es einfach nicht gut verteidigt“, sagte Fröhlich, der aus Mangel an Alternativen von der bewährten 6-0 Abwehrformation abgewichen war. Abt versuchte an vorderster Front zu stören, doch ein ums andere Mal entwischte TSV-Mittelmann Robin Lorenz und erhöhte auf 12:15 (27.). Den nächsten Gmünder Ballverlust bestrafte Christoph Spiß sogar mit dem Vier Tore-Abstand. Vom Kreis verkürzte Jonas Waldenmaier zwar, doch in den verbleibenden acht Sekunden schalteten die Hausherren schnell um trafen zum 14:18. Die Pause kam für den TSB genau zur richtigen Zeit, wie der Trainer meinte: „Wir waren mental in einem Tief und mussten uns neu ordnen.“
Doch die erhoffte Aufholjagd drohte früh zu scheitern. Gleich nach Wiederanpfiff wuchs die Hypothek auf fünf Tore an und als Andreas Maier einen gegnerischen Angreifer unsanft aus der Luft pflückte, war die Partie für den Gmünder Abwehrchef vorzeitig beendet. Die Rote Karte war nur eine von vielen harten Entscheidungen, gleich sieben Zeitstrafen verteilten die Unparteiischen in der zweiten Hälfte. Dass es derart turbulent zuging, kam dem TSB laut Fröhlich sogar entgegen: „Wir konnten durch die Ausfälle keine eingespielte Mannschaft mehr aufs Feld bringen, haben aber in dem hektischen Kampf konstant unsere Tore geworfen. Je länger das Spiel ging, umso mehr ist es auf unsere Seite gekippt.“
Zunächst war es Tom Abt, der den TSB mit seinen Assists und einem kraftvollen Wurf zum 16:19 (35.) zurück auf Kurs brachte. Die vielen Überzahlsituationen wurden gut genutzt und Stefan Scholz setzte immer mehr die entscheidenden Impulse. „Stefan war der Einzige, der schon in der ersten Halbzeit gut im Spiel war und seine Form gehalten hat“, lobte Fröhlich seinen Linkshänder, der auf 20:22 (42.) und 23:24 (44.) verkürzte. Dessen Nebenleute zogen mit und steigerten sich nun ebenfalls. Rechtsaußen Watzl nutzte seine Chancen kühl, Schäffner machte im Rückraum Dampf und erzielte mit dem 27:27 (49.) erstmals seit einer halben Stunde wieder den Ausgleich. Durch ihr Kraftpaket Bauch legten Blausteiner zwar ein letztes Mal vor. Doch es war absehbar, dass die Gmünder den längeren Atem hatten.
Zum richtigen Zeitpunkt konnte sich der TSB dann wieder auf sein eigentliches Prunkstück verlassen. Der 36-jährige Waibel biss in der Schlussphase auf die Zähne und stabilisierte die Abwehr. Neben einigen Ballgewinnen konnte sich nun auch Torwart Daniel Mühleisen noch auszeichnen. Er zeigte die entscheidenden Paraden, während Scholz und Burtsche mit drei Toren in Folge zum 30:28 (54.) für die Wende sorgten. „Als es darauf ankam“, lobte Fröhlich, „haben wir unsere Leistung gebracht.“ Immer wenn Blausteins Rückraumschützen den Anschluss erzielten, antworteten die willensstarken Gmünder durch Burtsche und Schäffner. Ein verwandelter Siebenmeter zum 33:32 (59.) ließ beim Heimpublikum noch einmal Hoffnung aufkeimen, die Abt mit seinem siebten Treffer allerdings wieder erstickte.
Waldenmaier und Burtsche machten den 36:32-Arbeitssieg perfekt, der zwar nicht schön, aber umso wertvoller war. Denn einen solchen Nervenkrimi hatte seine junge und zudem dezimierte Truppe bislang noch nicht bestanden, wie Fröhlich erklärte: „Aus dieser schwierigen Situation haben wir das Beste gemacht und sind an unsere Grenzen gegangen. Unter der Woche gilt es, unsere Wunden zu lecken und dann wieder schlagkräftiger anzutreten.“ Beim Blick auf das Restprogramm vor Weihnachten dürfte es an Motivation jedenfalls nicht mangeln. Zum letzten Heimspiel des Jahres gastiert nächsten Samstag (20 Uhr) der Tabellensechste HSG Albstadt in der Großen Sporthalle, bevor am 20.Dezember beim punktgleichen TV Bittenfeld II das große Duell um Platz zwei steigt. „Diesem Wettkampf stellen wir uns gerne“, betont Fröhlich. Immerhin sei die Vorrunde schon jetzt „fast perfekt“. Statt einem Schönheitspreis stehen nun sensationell anmutende 24:2 Punkte auf dem Gmünder Konto.