Jürgen Rilli: "Wir wollen den nächsten Schritt machen"

Eine traumhafte Aufstiegssaison liegt hinter dem TSB, weshalb die Gmünder Handballer mit großem Selbstvertrauen dem Oberliga-Auftakt entgegenfiebern. So auch Jürgen Rilli, der sich bestenfalls gar nicht großartig um den Klassenerhalt sorgen möchte. Vielmehr verfolgt der Sportliche Leiter einen ambitionierten Drei Jahres-Plan in Richtung dritte Liga – gemeinsam mit Trainer Stefan Klaus und den sechs externen Neuzugängen, die allesamt "keine Vereinshopper" seien.

Knapp vier Monate Pause liegen beim TSB Gmünd zwischen dem letzten Pflichtspiel der Aufstiegssaison und dem heiß ersehnten Oberliga-Auftakt gegen Neuenbürg am 08.September. Zeit zum Ausruhen? Für Jürgen Rilli nur bedingt. "Ich war zwei Wochen im Urlaub, danach ging es direkt wieder an die Arbeit", berichtet der 53-Jährige. In der kurzen Trainingspause ließ er das vergangene Jahr mit allen Spielern und dem Trainerteam in Einzelgesprächen Revue passieren. Dass Rilli dabei "sehr viele positive Rückmeldungen" erhalten hat, verwundert nicht, war es doch eine Saison wie im Bilderbuch, die hinter dem TSB liegt. "Es war eine absolut geile Runde mit einem schönen Abschluss", so blickt der Sportliche Leiter stolz zurück auf den Gewinn des Württembergischen Meistertitels. Dass sein erstes Jahr in Gmünd dermaßen erfolgreich verlaufen würde, "habe ich mir selbst nicht erträumt", räumt der langjährige Bartenbacher Teammanager ein. "Ich bin toll aufgenommen worden im Verein, habe meine Ideen mit absoluter Freiheit umsetzen können und dabei auch erfahren dürfen, welch positives Image der TSB besitzt", bilanziert Rilli und kommt zu dem Schluss: "Wir sind auf einem absolut guten Weg. Das gibt mir Kraft und Mut für die neue Saison."
 
Die Arbeit dafür begann bereits im vergangenen Oktober. Als Trainer Stefan Klaus signalisierte, dass er mittelfristig weiter machen wolle und auch keiner der Leistungsträger Wechselabsichten hegte, sei die Grundlage gelegt gewesen. Im Klaren war sich Rilli jedoch darüber, dass der Kader unabhängig von der künftigen Ligazugehörigkeit verbreitert und ergänzt werden musste. Denn ohne das "Wahnsinnsglück", dass kein Spieler längere Zeit verletzt aussetzen musste, wären die sportlichen Erfolge nicht möglich gewesen. Dass Rilli deshalb schon frühzeitig an neue Spieler herangetreten ist, sei für diese "absolutes Neuland" gewesen. Doch genau diese vorausschauende Planung habe sich ausgezahlt. Vier der insgesamt sechs Neuverpflichtungen sagten dem TSB bereits bis Februar zu. Erst nachdem Jan und Felix Häfner signalisierten, kürzer treten zu wollen, wurde Rilli nochmals aktiv und angelte sich mit Max Dangelmaier aus Lauterstein sowie Aleksa Djokic aus Heiningen zwei Linksaußen von bisherigen Ligarivalen. "Max war von Beginn an auf unserem Wunschzettel", betont Rilli und verweist auf die Zeit von 2016 bis 2018, in denen Dangelmaier mit einer konstant dreistelligen Torausbeute je Saison zu den Top-Leuten der Oberliga zählte. "Richtig heiß", sei auch Djokic auf die neue Herausforderung: "Seit seiner Zusage hat er mich zweimal die Woche angerufen, sogar am Tag seiner Hochzeit." Somit dürfen sich die Gmünder Fans auf eine neue Flügelzange mit laut Rilli "unglaublich hohem Potenzial" freuen: Auf Rechtsaußen geht der erst 24-Jährige und dennoch längst gestandene Wolfgang Bächle in seine nunmehr siebte Saison für den TSB, das Duo Djokic/Dangelmaier soll den dazu passenden Gegenpart darstellen.
 
Worauf Rilli in den Gesprächen besonderen Wert legte: Fast alle Neuzugänge haben einen Bezug zur Stauferstadt und seien "keine Vereinshopper", wie der Sportliche Leiter unterstreicht. Stellvertretend nennt er Tim Albrecht, der mit seiner Freundin zusammenzieht, oder Thomas Grau und Stephan Mühleisen, die beruflich in Gmünd tätig sind. Dass die Neuen von außerhalb kommen, findet Rilli deshalb nicht schlimm und führt zwei Paradebeispiele an: "Aaron Fröhlich ist 2012 von der SG Lauter zum TSB gewechselt, Sebastian Fabian 2006 aus Oberkochen. Doch beide haben seitdem brutal viel geleistet und sind mittlerweile richtige Gmünder." Auch bei den jetzigen Neuzugängen könne der Weg langfristig so verlaufen wie bei den beiden Kapitänen.
 
13 Feldspieler plus drei Torhüter umfasst der aktuelle Kader des TSB Gmünd – und ist damit vollständig. "Wir sind optimal aufgestellt für die Oberliga", ist sich Rilli sicher und beantwortet die Frage nach weiteren Neuen daher mit einem ganz klaren "Nein". Aus den Aufstiegshelden der Vorsaison und den Verstärkungen eine schlagkräftige Einheit zu formen, da vertraut der Sportliche Leiter voll und ganz dem Trainerteam. Die akribische Arbeit von Stefan Klaus sei ein unverzichtbarer Faktor für die Meistersaison gewesen. "Er hat einen Riesenjob gemacht und mit seinen neuen Ideen dafür gesorgt, dass die Mannschaft so hervorragend mitgezogen hat", schwärmt Rilli und fügt hinzu: "Dass Stefan im gesamten Verein sofort angekommen ist, war alles andere als selbstverständlich, nachdem Michael Hieber mit seiner Persönlichkeit zuvor eine solch erfolgreiche Ära geprägt hat." Ein weiterer Pluspunkt: Auch bei den Neuzugängen genieße Klaus einen positiven Ruf, der entscheidend für die Erfüllung der Wunschliste gewesen sei.
Kein Wunder also, dass Rilli seine Vision vom Profihandball in Gmünd unbedingt gemeinsam mit Klaus voranbringen will. Der Sportliche Leiter blickt dabei vorerst nur von Jahr zu Jahr, in denen er beim TSB professionelle Strukturen und Ambitionen erarbeiten möchte. Irgendwann einmal in der zweiten Liga anzukommen, das bleibt der große Traum. Mit dem direkten Wiederaufstieg in die Oberliga sei die erste Hürde früher gemeistert worden als geplant, so Rilli: "Das eine Jahr in der Württembergliga hat uns allen gut getan, in der Oberliga wäre unsere Entwicklung sicher nicht besser verlaufen. Jetzt planen wir den nächsten Schritt." Heißt konkret: "Wir wollen mit einem Drei Jahres-Plan in die 3.Liga kommen." Dieser Sprung erscheint keinesfalls utopisch und kann vielleicht sogar schneller gelingen als gedacht, betrachtet man mit dem TSV Blaustein und TV Plochingen zwei Beispiele aus der näheren Umgebung. Beides Vereine von der Kragenweite des TSB, mit denen sich die Gmünder jahrelang in Württemberg- und Oberliga gemessen haben und die nun erstmals drittklassig sind.
 
Rilli allerdings ist bemüht, die noch vorhandene Aufstiegseuphorie erst einmal zu dämpfen: "Wir wollen richtig in der Oberliga ankommen, dazu braucht es eine saubere Vorbereitung," Er weiß um die Unberechenbarkeit der Oberliga, in der es bis zu fünf direkte Abstiegsplätze geben kann. "Du kannst einen Lauf nach oben haben und dich durchspielen", meint Rilli und mahnt zugleich: "Wenn aber der Start misslingt oder eine schlechte Phase kommt, ist man schnell mittendrin im Abstiegskampf." Daraus möchten sich die Gmünder im Optimalfall voll und ganz heraushalten. "Ich bin ein ambitionierter Typ", lacht der 53-Jährige, "wenn es uns am Ende zu Platz fünf oder vier reicht, wäre das hervorragend. Doch wir müssen uns nicht nur im sportlichen Bereich gut aufstellen, sondern auch die gesamten Strukturen im Verein noch professioneller gestalten."
 
Als weiterhin ausbaufähig betrachtet Rilli in seiner persönlichen Ein Jahres-Bilanz den Übergang zwischen Jugend- und Aktivenbereich. Vor allem der Umbau der zweiten Mannschaft gestaltete sich schwierig: "Mit Holger Sohnle als neuem Trainer haben wir zwar eine interne Lösung gefunden, aber das hat zu lange gedauert." Umso erfreulicher war es, dass sich die von Fröhlich trainierten A-Junioren für die Württemberg-Oberliga qualifizierten und deren Spielmacher Tom Abt bereits dem Kader der Ersten Mannschaft angehört. "Ich beobachte natürlich auch die Entwicklung der weiteren Jugendspieler ganz genau", berichtet Rilli, der dabei eine klare Philosophie verfolgt. Bereits im ersten A-Jugendjahr sollen die Talente hereinschnuppern und im folgenden Jahr dann umso mehr Spielanteile erhalten. Tom Abt soll in dieser Hinsicht nur der erste "Durchstarter" sein auf dem langen, steinigen Weg des TSB Gmünd in Richtung 3.Liga.

(Text: Nico Schoch - Bilder: Jörg Frenze)