"Zu hundert Prozent von der Mannschaft überzeugt"

Mit zwei Punkten Vorsprung auf die Konkurrenz hat sich der TSB Gmünd in eine dreiwöchige Spielpause verabschiedet. Obwohl der Spitzenreiter zuletzt zweimal nicht über ein Unentschieden hinaus kam, zeigt sich Sven Kienhöfer zuversichtlich, dass der direkte Wiederaufstieg gelingen wird. Im Gespräch mit Nico Schoch spricht der Abteilungsleiter über den spannenden Aufstiegskampf, einen „Super-Jahrgang“ und das Nahziel, in die Spitzengruppe der Oberliga zurückzukehren.

Herr Kienhöfer, die entscheidende Frage nach dem 31:31-Remis gegen Langenau/Elchingen lautete: Ein gewonnener oder ein verlorener Punkt?
Kienhöfer: Aus meiner Sicht ganz klar Letzteres. Einerseits müssen wir uns glücklich schätzen, dass uns in letzter Sekunde der Ausgleich gelungen ist. Wenn man aber sieht, dass wir 53 von 60 Minuten in Führung lagen, haben wir eindeutig einen Punkt hergeschenkt.

Die Mannschaft durchlebt derzeit eine Krise in der Abwehr, hat in fünf der vergangenen sechs Spiele über 30 Tore kassiert.
Kienhöfer: Da kann ich auch entgegen, dass wir von diesen Spielen nur eines verloren haben (schmunzelt). Aber es ist natürlich vollkommen richtig, dass wir derzeit zu viele Tore bekommen. Gegen Langenau haben unserem Trainerteam ohne drei Stammspieler die Alternativen gefehlt, das soll aber keine Ausrede sein. Ich erwarte nun, dass wir unser Abwehrproblem intensiv angehen und im Training konzentriert arbeiten.

Und dennoch hat der TSB seinen Vorsprung an der Spitze auf zwei Punkte vergrößert.
Kienhöfer: Dafür gilt die alte Sportlerweisheit: Wir müssen zunächst einmal auf uns schauen. Natürlich nehme ich es gerne mit, dass Lauterstein die Heininger überraschend deutlich geschlagen hat. Aber andererseits hat Wolfschlugen gewonnen und die Tabelle weiter zusammenrücken lassen. Es würde wesentlich besser aussehen, wenn wir unser Heimspiel gewonnen hätten.

Angesichts von erst acht Minuspunkten ist es bislang doch eine ganz zufriedenstellende Saison, oder?
Kienhöfer: Ganz hervorragend sogar. Doch wie so oft im Tagesgeschäft, ist der Eindruck ein bisschen getrübt, weil wir zur Winterpause mit minus vier noch besser dastanden. Um bis zum Ende ganz vorne zu bleiben, müssen wir aller Wahrscheinlichkeit nach sechs der verbleibenden sieben Spiele gewinnen.

Ist es von Vorteil, dass der TSB vier dieser sieben „Endspiele“ zuhause bestreiten wird?
Kienhöfer: Die vergangenen beiden Heimspiele haben wir zwar nicht gewonnen. Aber grundsätzlich haben wir eine der besten Heimbilanzen und deshalb denke ich, dass das ein Pluspunkt für uns sein wird. Doch wir werden nicht aufsteigen, weil die anderen für uns spielen, sondern wir müssen uns das selber verdienen.

Sollte der TSB die Saison nur auf Rang zwei beenden, drohen sechs Aufstiegsspiele auf dem Weg in die Oberliga. Ein Schreckensszenario?
Kienhöfer: Mit der Relegation haben wir beim Aufstieg 2014 grundsätzlich gute Erfahrungen gemacht. Dieses Jahr aber wäre es eine absolute Knochenmühle, der ich sehr gerne aus dem Weg gehen würde. Nach dem letzten Spieltag am 05.Mai in Wolfschlugen folgen am 08. und 11.Mai die nächsten beiden Partien und so würde es den gesamten Monat weitergehen. Zu diesem Zeitpunkt wäre ich lieber schon im Feiermodus (lacht).

Um dem großen Ziel näher zu kommen, müssen aber zuerst einmal die Pflichtaufgaben gelöst werden. Am 17.März gastiert der Tabellenletzte Herbrechtingen-Bolheim in Gmünd.
Kienhöfer: Ein Sieg ist natürlich Pflicht, ohne Frage. Doch wenn uns dieses Jahr etwas ausgezeichnet hat, dann dass wir bis auf eine Ausnahme noch keine Punkte gegen die vermeintlich einfachen Gegner abgegeben haben. Meistens steigt am Ende derjenige auf, der gerade in diesen leichten Spielen nichts liegen lässt - und das sind bislang wir.

Trainer Stefan Klaus ist seit knapp neun Monaten beim TSB. Ist er ein absoluter Glücksgriff?
Kienhöfer: Er macht einen Riesenjob und genießt innerhalb der Mannschaft ein unheimlich hohes Standing. Das gilt ebenso für seinen Co-Trainer Patrick Schamberger. Der Trainerwechsel hat besser funktioniert als erwartet.

Wie wichtig ist die Zweite Mannschaft für den Verein? Der Sportliche Leiter Jürgen Rilli hat das Fernziel Landesliga im Auge.
Kienhöfer: Die Analyse ist natürlich vollkommen richtig. Wir brauchen eine ambitionierte Zweite Mannschaft als attraktiven Unterbau für unsere Jugendspieler. Wir wollen mit der Ersten zeitnah in die Oberliga zurückkehren und die Zweite nachziehen. Aufstiege zu planen oder zu verlangen, ist aber nicht möglich. Extrem wichtig ist es zunächst, dass wir in dieser Saison die Bezirksklasse halten. Nach sechs Siegen aus den vergangenen sieben Spielen bin ich in dieser Hinsicht sehr optimistisch. Intern sind wir am Überlegen, ob es noch einmal ein Übergangsjahr geben wird oder inwieweit wir die Zweite Mannschaft schon in der kommenden Saison mit unserer sehr guten Jugend verstärken werden.

Die B-Jugend ist Vizemeister in einer sehr starken Württembergliga geworden, die C-Jugend mischt in der Landesliga mit. Was sind die Faktoren für den Erfolg des TSB-Nachwuchs?
Kienhöfer: Es läuft in der gesamten Jugendarbeit rund. Wie sich Michael Hieber als Jugendleiter reinhängt, ist sensationell. Das hat Hand und Fuß. Das Gleiche gilt für alle unsere Jugendtrainer, sie machen einen hervorragenden Job. Nur deshalb sehen wir diese tollen Leistungen unserer Jugenden.

Wie wollt ihr diesen Aufschwung in der Jugend künftig in den Aktivenbereich mitnehmen?
Kienhöfer: Genau das ist eben nicht so einfach, wie viele meinen. Denn der Unterschied zwischen Jugend- und Männerhandball ist extrem. Yannik Leichs beispielsweise ist ein Top-Athlet und bei Frisch Auf Göppingen einer der besten Torschützen in der Jugend-Bundesliga. Sein vielleicht einziges Manko aber besteht darin, dass er körperlich noch gar nicht dermaßen fit sein kann wie viele erfahrene Gegenspieler. Wenn zwei von fünf Spieler aus unserem Super-Jahrgang 2002 den Sprung in eine Oberliga-Mannschaft auf Anhieb meistern würden, wäre das ein fantastischer Schnitt. Wichtig ist, dass die jungen Spieler bei einer attraktiven Zweiten Mannschaft wichtige Spielpraxis sammeln und gleichzeitig bei der Ersten mittrainieren können.

Die Erste Mannschaft wird bereits in diesem Sommer mit vier Neuzugängen kräftig verstärkt.
Kienhöfer: In den vergangenen Jahren haben wir es zu selten geschafft, interessante Spieler von unserem Konzept zu überzeugen. Teilweise haben uns ganz einfach auch die finanziellen Mittel gefehlt. Unser Sportlicher Leiter Jürgen Rilli hat es nun aber geschafft und gestandene Spieler nach Gmünd geholt. Explizit auf der Torwartposition, wo wir mit Daniel Mühleisen einen oberligaerfahrenen Mann hinzugewinnen.

Wobei mit Giovanni Gentile und Sascha Grützmacher auch gute Torhüter aus dem eigenen Nachwuchs bereit stehen...
Kienhöfer: Dass wir Mühleisen verpflichtet haben, bedeutet keineswegs, dass wir nicht mehr auf „Gigi“ Gentile setzen. Er nimmt seine Rolle als Nummer zwei hinter Sebastian Fabian professionell an und hat gegen Langenau ein hervorragendes Spiel gezeigt. Dafür gilt ihm ein großes Kompliment. Unsere Neuzugänge aber geben uns neue Optionen und die nötige Breite im Kader, die uns bislang fehlt. Wir bekommen junge Leute ins Team und das nicht nur für ein oder zwei Jahre, sondern gerne auch für sieben oder acht Jahre. Davon, dass sich alle vier oder vielleicht sogar fünf Neuen gut integrieren werden, gehe ich fest aus.

Die übergeordnete Vision, von der auch die Neuzugänge schon gesprochen haben, ist die 3.Liga. Wie lange dauert es noch, bis dieser Traum in Erfüllung geht?
Kienhöfer: Mein persönliches Ziel ist es, dass wir dorthin zurückkommen, wo wir vor zwei Jahren waren, als wir gegen den späteren Drittliga-Meister Kornwestheim zumindest einen Tag lang auf Augenhöhe waren. Das Nahziel, dass wir in den kommenden zwei oder drei Jahren erreichen wollen, ist es in der Oberliga eine gute Rolle zu spielen – verbunden mit der Option, noch einmal aufzusteigen. Das Publikum dafür ist in Gmünd vorhanden, vor allem bei den Spitzenspielen. Gegen Heiningen waren 900 Zuschauer da, obwohl uns prophezeit wurde, dass der Andrang aufgrund viele attraktiver Konkurrenzspiele nicht allzu groß sein werde.

Was macht den Handballsport in Gmünd dermaßen attraktiv – auch gegenüber „König Fußball“?
Kienhöfer: Bei uns ist es spannend bis zum Schluss, man trifft viele Bekannte und wir haben eine fantastische, lautstarke Stimmung in der Halle. Alleine wenn ich mich in meinem Altersbereich erkundige, dann kommt immer die Reaktion: „Das habe ich auch schon gehört, das muss gut sein.“ Mal abgesehen davon, dass Handball ein wunderschöner Sport ist, haben wir uns in den vergangenen zehn Jahren ein sehr positives Image erarbeitet. Bei uns werden nicht die großen Gehälter gezahlt, aber um unsere zahlreichen Jugendtrainer als Beispiel zu nehmen: Denen nehmen unsere Zuschauer ab, dass sie die ganze Woche hart trainieren und viel investieren, um sich am Wochenende für den Verein den Allerwertesten aufzureißen.

Abschließende Frage: Gelingt dem TSB schon in diesem Jahr der Oberliga-Aufstieg?
Kienhöfer: Zum Abschluss muss ich doch Ja sagen, oder? (lacht) Nein, ganz im Ernst: Ich bin von der Mannschaft zu hundert Prozent überzeugt und glaube, dass jeder Einzelne noch einmal fünf Prozent draufpacken wird, wenn es darauf ankommt. Wir müssen nun zuerst einmal unsere Pflichtaufgabe gegen Herbrechtingen-Bolheim lösen und dann eine Woche später mit dem absoluten Willen unser wohl schwierigstes Spiel in Wangen gewinnen. Dann sind wir auf einem sehr guten Weg.

Vielen Dank für das Interview !