Vor genau elf Jahren feierte der TSB Gmünd mit 1500 Fans nach einem Relegations-Marathon den Aufstieg in die Viertklassigkeit. Drei Spieler sind noch immer für den TSB aktiv, zwei schafften den Weg in den Profihandball.

Der 29.Mai 2014 ist ein Datum, das sich tief ins Gedächtnis aller Beteiligten eingebrannt hat. Mit einem 24:20-Heimsieg über den HSV Hockenheim stieg der TSB Gmünd erstmals in die Oberliga Baden-Württemberg (heutige Regionalliga) auf. „Eine gewaltige Zeit“, erinnert sich der damalige Trainer und heutige Abteilungsleiter Michael Hieber. „Platt und leer“ sei er damals gewesen, immerhin hatte der TSB stolze 39 Pflichtspiele bis zum ersehnten Ziel absolviert. Mitte März war der Aufstieg eigentlich schon abgehakt, doch mit sechs Siegen in Folge sicherten sich die Gmünder doch noch die Vize-Meisterschaft in der Württembergliga Süd – und damit die Teilnahme an den Aufstiegsspielen.


„Ich weiß gar nicht, gegen wen wir hätten verlieren sollen“, so fasst Matthias Czypull diese berauschenden Wochen zusammen. Der Rückraumspieler war damals von Hieber umfunktioniert worden, teilte sich die halbrechte Position mit dem späteren Nationalspieler Djibril M´Bengue. Das war sinnbildlich für den großen Teamspirit. „Wir waren eine Truppe, die geprägt war von einem krassen Zusammenhalt und Leuten, mit denen ich teilweise über 20 Jahre zusammengespielt habe“, so Czypull: „Wir waren eigentlich auch sehr einfach zu trainieren, weil wir sehr intelligente Spieler drin hatten und jeder seine Rolle akzeptiert hatte.“


„Egal, wie viele Spiele es letztlich auch waren“, ergänzt Czypull, „wir sind einfach weitermarschiert und haben uns in einen Flow gespielt.“ Aus dem ersten Relegationsspiel gegen den erklärten Aufstiegsfavoriten SG Bottwartal nahm der TSB nur ein dünnes 26:23-Polster mit, das Rückspiel in der aufgeheizten fremden Halle wurde aber zu einem Gmünder Fest. Für Hieber ist es „bis heute unerklärlich“, dass Bottwartal sein System umgestellt und von der ersten Minute an mit einer Manndeckung agiert hatte. Dem TSB kam es entgegen, angeführt von den furios aufspielenden Youngstern Häfner & Sos zog man mit 35:29 in die nächste Runde ein. Rückraumspieler Czypull kommt da sofort die „sensationelle Unterstützung der Fans“ in Erinnerung, aber auch viele Spielszenen und Tore sind ihm im Kopf geblieben.


Etwa von der 33:24-Gala bei der SG Muggensturm/Kuppenheim. Der damalige Abteilungsleiter Steffen Alt war sichtlich bewegt: „Wo erlebt man es schon, dass man in beiden Aufstiegsspielen von den Gastgebern zur Leistung beglückwünscht wird?“ Alles war angerichtet für das große Finale vor 1500 Zuschauern in der proppevollen Großen Sporthalle. Sogar hinter den Trainerbänken waren Stühle aufgebaut, so dass Hieber den Atem der Fans spüren konnte: „Das war ungewohnt, aber Gänsehaut pur. Doch ich hätte gedacht, dass wir dieses Endspiel klarer beherrschen.“ Das Team war nervös und hielt sich nur über die starke Abwehr im Spiel, zur Pause lag der TSB mit 7:8 gegen den HSV Hockenheim zurück.


„Mit ihrer 3-2-1 Abwehr haben uns die Hockenheimer schon wehgetan“, analysiert Hieber, dessen Team nach der Halbzeitansprache rechtzeitig aufdrehte: „Aaron Fröhlich hat im Eins-Gegen-Eins für uns die Tür aufgemacht.“ Davon profitierte besonders M´Bengue, der sieben Tore alleine in der zweiten Hälfte erzielte. „In der ersten Halbzeit haben wir Angsthasenhandball gespielt“, sagte Torwart Sebastian Fabian, der mit seinen Paraden überragte und es nach dem 24:20-Erfolg erst gar nicht richtig begreifen konnte: „Ein Traum geht in Erfüllung!“ Ein emotionales Erlebnis auch für Rechtsaußen Bächle, der damals seine ersten Aktivensaison bestritt und heute noch sagt: „Das war das Highlight meiner Karriere. So viel Gänsehaut hatte ich noch nie. Wir haben in Gmünd die besten Fans der Welt. Wenn die auf der Tribüne stehen und sich die Spieler unten in den Armen liegen, weiß man, dass sich die ganze harte Arbeit gelohnt hat.“


Der Partymarathon gipfelte zwei Tage später beim Empfang auf dem Gmünder Rathausbalkon und schließlich bei einem legendären Mannschaftsausflug nach Prag. Ein prägendes Erlebnis auch für Michael Hieber, der mit dem fünften Aufstieg seine Trainerära krönte. „Dieser Schritt in die Oberliga war für uns schon etwas Besonderes. Ein Stück weit war das damals der Grundstein für das, was heute beim TSB Gmünd steht.“


Von einem kurzen „Betriebsunfall“ abgesehen, wurde aus dem Abenteuer Viertklassigkeit die neue etablierte sportliche Heimat des TSB. Viele Spieler erlebten 2014 die Krönung ihrer aktiven Laufbahn und als der Verein acht Jahre später zu einem „Legendenspiel“ einlud, da kamen alle. Der „alte Kern“ trifft sich ohnehin noch regelmäßig. Matthias Czypull etwa ist mit Christian Tobias seit der Kindheit befreundet, Sebastian Fabian ist Taufpate seines Sohnes: „Wir sehen uns zwar meist nicht in der Halle, aber auch zu anderen Anlässen wird die eine oder andere Handballanekdote erzählt.“
Nicht zuletzt sieht der damalige Aufstiegsheld auch viele Parallelen zwischen dem TSB damals und heute. „Großer Zusammenhalt, viele Eigengewächse und eine gute Mischung“, braucht es laut Czypull für große Erfolge. Die neue Generation des TSB wurde in der vergangenen Saison mit nur vier Niederlagen Tabellendritter in der jetzigen Regionalliga Baden-Württemberg – eine absolute Bestleistung. „Mir ist vor der Zukunft nicht bange“, erklärt Abteilungsleiter Hieber: „Die Mannschaft hat Potenzial, aber wir sind nicht so vermessen zu sagen, dass wir aufsteigen müssen. Wir wollen das vernünftig weiter aufbauen.“ Dabei ruhen viele Hoffnungen erneut auf Aaron Fröhlich, der damals als Spielmacher und nun als Trainer vorangeht. Jedes Jahr besser zu werden, so lautet sein klarer Anspruch – wenn das gelingt, dann werden die nächsten historischen Momente nicht lange auf sich warten lassen.