„Chancenlos ist man nie“: Wird der TSB erneut zum Primus-Schreck?

Bereits dreimal in dieser Saison konnte der TSB Gmünd einen aktuellen Tabellenführer bezwingen. Am Sonntag (17 Uhr / Große Sporthalle) reist die bereits als Drittliga-Aufsteiger feststehende SG Köndringen/Teningen an. Nach der 28:36-Klatsche aus Birkenau wollen die „Jets“ ihren Fans ein anderes Gesicht zeigen.

Auf einen Party-Express aus dem Breisgau muss sich der TSB am Sonntagabend gefasst machen. Mit einem Fanbus wird die SG Köndringen/Teningen ihr vorerst letztes Auswärtsspiel in der Oberliga angehen. In Fellbach knallten schon am vergangenen Wochenende die Sektkorken. Während der Klassenprimus seine Pflichtaufgabe beim Absteiger souverän mit 40:29 meisterte, leistete ausgerechnet Lokalrivale Schutterwald durch einen 29:27-Heimerfolg gegen den Tabellendritten Herrenberg die nötige Schützenhilfe. Nach vier Jahren Abstinenz ist der SG die Rückkehr in die 3.Liga schon vier Spieltage vor Saisonende nicht mehr zu nehmen. Zur Erinnerung: Im vergangenen Frühjahr hoffte der Traditionsverein aus der 12.000 Einwohner-Gemeinde nach dem corona-bedingten Saisonabbruch ebenfalls auf den Aufstieg, zog dann allerdings im Losentscheid gegen die TSG Söflingen den Kürzeren. Nun fehlen nur noch zwei Siege, um die baden-württembergische Meisterschaft perfekt zu machen.
Parallel dazu war die Gefühlslage beim TSB eine völlig andere. Die 28:36-Niederlage beim abstiegsbedrohten TSV Birkenau hatte Dragoș Oprea phasenweise erzürnt. „Wir leben von unserer Abwehr“, predigt der Trainer seinen Schützlingen immer wieder. Doch nach der 15:14-Pausenführung war von der harten Gmünder Deckung nichts mehr zu sehen. Derart deutlich hatte der TSB seit dem ersten Saisonspiel gegen Heiningen (28:37) nicht mehr verloren, weshalb Oprea die starke Saison des Tabellenvierten in Gefahr sieht. Es sei ein „Warnschuss“ gewesen, weshalb der Ex-Nationalspieler von seinen Spielern wieder „mehr Seriosität“ erwartet: „Ich möchte einfach nicht, dass wir unsere Arbeit der vergangenen zwei Jahren jetzt einfach so wegschmeißen und die Saison abschenken. Das haben die Jungs und der Verein nicht verdient. Denn wir haben uns in dieser Zeit unter meiner Obhut ein echtes Standing in der Oberliga erarbeitet.“
Im Montagstraining habe man das Birkenau-Spiel nochmals besprochen und dann abgehakt. Der Fokus gilt den verbleibenden Aufgaben vor der Sommerpause, in der es Oprea zum Drittligisten TSB Heilbronn-Horkheim zieht. „Ich denke nicht, dass die Jungs einen Gedanken daran verschwenden, dass es bei uns um gar nichts mehr geht“, sagt der 40-Jährige mit Blick auf die letzten vier Saisonspiele. Erst recht gebe es keinen Grund, sich vor der scheinbar übermächtigen SG Köndringen/Teningen zu verstecken. „Jeder ist geil auf dieses Festspiel“, berichtet der Trainer von einer besonderen Stimmung, die im Training zu spüren sei. Immerhin wolle man sich als Sportler immer mit den Besten messen: „Jeder kann sehen, wie weit er als Einzelspieler und wir als Team von der Spitze entfernt sind – und zwar nicht tabellarisch oder punktemäßig, sondern nur anhand unserer Qualität und Leistung in diesem Spiel.“
Immerhin haben sich die Jets schon öfter als Stolperstein für die Top-Teams erwiesen. In der Hinrunde fügte der TSB dem TSV Weinsberg die erste Saisonniederlage zu. Der aktuelle Tabellenzweite TVS Baden-Baden, der lange Zeit von der Spitze grüßte, zog ebenfalls in beiden Vergleichen den Kürzeren. „Wir haben es dreimal geschafft, den aktuellen Klassenprimus zu schlagen und das wollen wir gerne wiederholen“, erklärt Oprea selbstbewusst. Für den TSB (32:20 Punkte) ist der Aufstieg inzwischen auch rein rechnerisch nicht mehr möglich, doch zumindest könnte man Herrenberg (33:17) noch von Platz drei verdrängen. Umgekehrt könnte man im Endspurt aber auch noch bis auf den achten Rang zurückfallen, der nur zwei Punkte entfernt liegt. Ein weiterer Coup gegen den künftigen Drittligisten würde dieses Risiko minimieren.
Allerdings bildet Köndringen/Teningen mit seiner beeindruckenden Dominanz nochmals eine ganz andere Hausnummer als Baden-Baden oder Weinsberg. Mit 14 Siegen aus 14 Partien marschiert die SG durch das Jahr 2022, beim Hinspiel im Dezember unterlag der TSB deutlich mit 25:32. „Das war nicht unser bester Auftritt und da wir nicht an unsere Stärken anknüpfen konnten, haben die uns schon klar unsere Grenzen aufgezeigt“, gesteht Oprea im Rückblick. Davon allerdings wolle man sich nicht entmutigen lassen: „Chancenlos ist man nie. Wir haben gegen jede Mannschaft eine Chance, dabei kommt es auf viele Faktoren und die Tagesform an.“
Auch bei Köndrigen/Teningen hat der TSB-Coach die ein oder andere Schwachstelle ausgemacht, „die wir als Mannschaft angreifen werden.“ Wobei besonders die beeindruckenden individuellen Qualitäten der SG sofort ins Auge stechen. Maurice Bührer führt mit 204/53 Saisontreffern die Oberliga-Torschützenliste an. Der halbrechte Rückraumspieler war zuletzt angeschlagen, hat sich allerdings ebenso wie der Halblinke Fabrizio Spinner (74 Saisontore) und Rechtsaußen Illia Hreblev (108/9) wieder voll einsatzfähig gemeldet. Oprea verweist außerdem auf die spielstarken Brüder Maximilian und Sebastian Endres sowie das Torwartgespann mit Vincent Lutz und dem erfahrenen Sebastian Kicki. „Das ist eine Mannschaft, die druckvoll spielt und in fast jeder Situation die perfekte Lösung findet“, meint Oprea. Um dagegen zu bestehen, müsse man über 60 Minuten physisch und psychisch bereit sein. Und besonders wichtig: „Wir müssen zu unserer Härte in der Abwehr zurückfinden.“ Immerhin will der TSB nicht ein zweites Mal gegen die SG verlieren oder um es mit den Worten des Trainers zu sagen: „Wir wollen gegen diesen Gegner einmal gewinnen!“
Im Kader allerdings bestehen gleich mehrere Fragezeichen. Der Einsatz von Philipp Schwenk und Christian Waibel erscheint aufgrund von Knieproblemen mehr als fraglich. Entscheidend wird sein, wie sich die beiden Abwehrstrategen im Abschlusstraining fühlen. Linksaußen Eric Zimmermann konnte in Birkenau nach einem Schlag aufs Schienbein nicht weiter mitwirken und deshalb in dieser Woche nicht in vollem Umfang mittrainieren. Erschwerend hinzu kommt, dass sich nach Marian Rascher nun auch Rechtsaußen Wolfgang Bächle einen grippalen Infekt eingefangen hat. Somit könnte dem TSB für die Herkulesaufgabe am Sonntag die etatmäßige Flügelzange Bächle/Zimmermann komplett wegbrechen.
„Die Gesundheit steht an erster Stelle“, betont Oprea, der das aber keinesfalls als Ausrede vorweg schieben möchte. Immerhin sei das Heimspiel von besonderer Bedeutung, um den eigenen Fans zu zeigen, dass man es besser kann als zuletzt in Birkenau: „Ich bin mir sicher, dass da eine Reaktion kommen wird.Wir wollen unsere Chance gegen die stärkste Mannschaft der Liga nutzen.“
TSB: Daniel Mühleisen, Devin Immer – Patrick Watzl, Sven Petersen, Tom Abt, Marian Rascher (?), Nicola Rascher, Aaron Fröhlich, Philipp Schwenk (?), Valentin Pick, Wolfgang Bächle, Eric Zimmermann (?), Christian Waibel (?), Kai Kiesel, Jonas Waldenmaier, Stephan Mühleisen
Bisherige Duelle (aus TSB-Sicht): 2 Niederlagen

Der Gegner: Die SG Köndringen/Teningen
Hintere Reihe von links: Reinhold Kopfmann (Sportlicher Leiter), Michael Schilling (Trainer), Jonas Eble(Trainer), Thomas Gaudin, Malte Wienecke, Philipp Grangé (Team-Manager), Markus Keune(1. Vorstand)
Mittlere Reihe von links: Phil-Lukas Ljubic, Felix Weise, Lukas Zank, Julius Hofmann, Maurice Bührer, Fabrizio Spinner, Maximilian Endres, Karl-Anton Keune
Vordere Reihe von links: Luis Kaufmann, Dustin Ammel, Vincent Lutz, Axel Simak, Sebastian Kicki, Ilja Hreblev, Sebastian Endres

(Text: Nico Schoch - Bilder: Enrico Immer, SG Köndringen/Teningen)