Ein Stich ins Herz: TSB-Energieleistung bleibt unbelohnt

Auf die Euphorie nach zwei Siegen folgt ein echter Dämpfer. Durch ein Siebenmeter-Gegentor nach Ablauf der regulären Spielzeit unterliegt der TSB Gmünd in eigener Halle dem TuS Steißlingen mit 28:29 (13:15). Trotz der Niederlage spricht Trainer Dragoș Oprea seiner ersatzgeschwächten Mannschaft ein Lob aus.

Das Wechselbad der Gefühle könnte nicht extremer sein. In der vergangenen Woche bejubelte der TSB einen Last-Minute-Sieg in Baden-Baden (26:25), acht Tage später unterlagen die Gmünder vor heimischem Publikum mehr als unglücklich durch ein Gegentor mit der allerletzten Aktion. Der nervenstarke Florian Wangler, der sieben seiner acht Tore per Strafwurf erzielte, entriss den „Jets“ nach der Schlusssirene aus sieben Metern nicht nur den verdienten Punktgewinn. Steißlingens Linksaußen sorgte gleichzeitig für den unrühmlichen Höhepunkt einer hitzigen Begegnung, indem er direkt nach seinem Siegtreffer den TSB-Rückraumschützen Nicola Rascher umstieß – und das direkt vor den Augen der beiden Unparteiischen. Die Unsportlichkeit blieb allerdings ungeahndet.
„Dass es unterm Strich nicht gereicht hat, daran sind alleine wir schuld, nicht die Schiedsrichter“, befand Dragoș Oprea, dessen Team den Fünf Tore-Rückstand aus der ersten Halbzeit wettgemacht hatte und letztlich doch mit leeren Händen dastand. Dennoch war der TSB-Chefcoach weit davon entfernt, seinen Spielern irgendwelche Vorwürfe zu machen und verwies dabei auf die angespannte Personalsituation. Neben Aaron Fröhlich (Entzündung am Bein) und Tom Abt (gebrochene Nase) fiel mit Marian Rascher (Fingerverletzung/Bronchitis) auch noch der zweite etatmäßige Spielmacher aus, Youngster Arian Pleißner warf zeitgleich für die A-Jugend im Derby beim TV Altenstadt (34:27) elf Tore. „Die Niederlage ist ärgerlich, aber wir haben über 60 Minuten eine richtig geile Leistung auf die Platte gebracht und alles gegeben“, so lobte Oprea die Moral und Kampfbereitschaft der TSBler. Ein Unentschieden wäre gerecht gewesen nach diesem Spielverlauf.
Denn die Hausherren erwischten zwar einen schwachen Start, kämpften sich anschließend aber umso stärker zurück in die Partie. Von Anfang zeigte sich, dass die Siebenmeterwürfe an diesem Abend eine spezielle Rolle einnehmen würden. Während Gästeakteur Wangler bei acht Versuchen siebenmal traf, vergaben die Gmünder bereits in den ersten zwanzig Minuten vier Strafwürfe. Einen davon verwandelte Rascher im Nachwurf zum 3:4 (10.). In der Deckung präsentierte sich der TSB nicht stabil genug, der Rückstand wuchs von 4:5 (11.) auf 4:9 (15.) an. „Wir kamen nicht über die Abwehr ins Spiel, Steißlingen hat uns in der ersten Viertelstunde geknackt“, meinte Oprea, der beim Stand von 7:12 (20.) seine erste Auszeit nahm. Tatsächlich fruchtete die Ansprache des Trainers ebenso wie der Torwartwechsel, denn Sebastian Fabian zeigte fortan eine starke Leistung. Auf der Gegenseite war Wolfgang Bächle als dritter Schütze aus sieben Metern erfolgreich und verkürzte kurz darauf auf 10:12 (23.). Nun legten die Gäste ihre Grüne Karte, doch der TSB war endgültig angekommen im Spiel. Christian Waibel sorgte bei seinem Comeback nach langer Verletzungspause an der Seite von Rascher im defensiven Mittelblock für Ordnung. Linksaußen Eric Zimmermann und Kreisläufer Jonas Waldenmaier besorgten den Anschluss zum 13:14 (28.). Pech für den TSB, dass Waldenmaier sogar den Ausgleich in der Hand hatte, sein Wurf aber vom Querbalken abprallte. Im direkten Gegenzug und punktgenau mit der Pausensirene stellten die Gäste den Zwei Tore-Abstand wieder her.
Doch der Aufwärtstrend hielt auch nach Wiederbeginn an und so benötigte der TSB nur 90 Sekunden, um beim 15:15 (32.) erstmals gleichzuziehen. Trotz Unterzahl legte Steißlingen ein 15:17 (33.) vor, der TSB drehte aber umgehend auf 18:17 (36.) – diesmal hatte Waldenmaier das glückliche Händchen. Besonders Nicola Rascher war es, der in dieser Phase richtig heiß lief und die Jets mit seinen Geschossen aus dem linken Rückraum in Führung brachte. Die beiden zuverlässigsten Schützen waren wiederum auf den Außenpositionen zu finden: Eric Zimmermann (8 Tore) und Bächle (6/1) verschafften ihrem Team beim 21:19 (43.) ein klein wenig Sicherheit. Das Duo sollte letztlich genau die Hälfte der TSB-Treffer erzielen. „An dieser Zahl sieht man, wie groß ihre Bereitschaft zum Laufen und Rennen war“, unterstrich Oprea und freute sich insbesondere für Zimmermann. Der 19-jährige Neuzugang hatte insbesondere beim misslungenen Saisonauftakt gegen Heiningen (28:37) einen schweren Stand gehabt, steigert sich seitdem aber beständig: „Eric hat aus seinen Rückschlägen gelernt, diese Leistung muss er nun bestätigen.“
Mit den Toren zum 22:20 (44.) und 23:22 (48.) hielt Zimmermann den TSB zunächst auf Kurs. Doch die Gmünder verpassten es, ihren Vorsprung weiter auszubauen. So bekamen die 250 Zuschauer noch eine weitere Wende in der Partie zu sehen. Zehn Minuten vor dem Ende wurde Waldenmaier mit der Roten Karte vom Feld gestellt, nachdem er einen Gegenstoß unsanft unterbunden hatte. Die Entscheidung stieß bei Oprea auf Unverständnis: „Ich habe es so gesehen, dass Waldi über seinen Gegenspieler stolpert und dieser theatralisch fällt.“ Sven Petersen warf die Gmünder nochmals in Front, doch innerhalb von nur einer Minute drehten die Gäste den Spielstand auf 24:25 (52.). Bei den personell doch ziemlich gebeutelten Jets machte sich die Erschöpfung bemerkbar. „Der Wille war da“, stellte der Trainer klar. Zur Wahrheit gehört aber auch: „Wenn die adäquaten Wechselmöglichkeiten fehlen, ist es nur logisch, dass dann auch die Konzentration nachlässt und Fehler passieren.“
Nachlässigkeiten leistete sich das Oprea-Team besonders im Rückzugsverhalten. Nachdem Bächle und Rascher den Gleichstand erzielten, benötigte Steißlingen jeweils nur zehn Sekunden, um wieder vorzulegen. Der TSB war auch gedanklich einen Schritt zu spät dran, zudem vermisste Oprea die totale Entschlossenheit vor dem gegnerischen Tor. Dennoch wäre ein Heimsieg, zumindest aber ein Punkt, bis zum Schluss, möglich gewesen. Nachdem Bächle per Strafwurf zum 28:28 (57.) getroffen hatte, eroberten die Gmünder den Ball zurück, ließen aber ihre letzten beiden Angriffe fahrlässig verstreichen. Rascher hätte zum Matchwinner werden können, verwarf jedoch. Die letzten 20 Sekunden gehörten Steißlingen. Nach einem Foul von Petersen bekamen die Gäste ihren achten Siebenmeter zugesprochen und Oprea ärgerte sich: „Da haben wir unclever gehandelt.“ Kein Glück hatte Tormann Fabian, von dessen Oberschenkel Wanglers entscheidender Wurf zum 28:29 ins Netz sprang.
Trotz der bitteren Niederlage sieht der TSB-Trainer seine Mannschaft weiterhin im Aufwärtstrend: „Man sieht aber auch, dass wir natürlich Probleme bekommen, weil der Kader derzeit nicht mehr hergibt. Für mich stellt sich schon heute die Frage, in welcher Besetzung wir nächste Worte auftreten werden.“ Vor dem Auswärtsspiel beim punktgleichen SV Fellbach (Samstag, 19:30 Uhr – Zeppelinhalle Fellbach) hofft Oprea daher inständig auf den ein oder anderen Rückkehrer, der seinen Kader für den nächsten Handball-Krimi verstärkt. Denn der Dämpfer gegen Steißlingen soll ebenso wenig ein Grund zum Jammern sein wie die Verletzungsmisere: „Wir nehmen die Situation an und werden das Bestmögliche daraus machen, um in Fellbach zu gewinnen. Darauf richten wir ab Montag unseren Fokus.“
TSB: Daniel Mühleisen, Sebastian Fabian – Eric Zimmermann (8), Nicola Rascher (6), Wolfgang Bächle (6/2), Jonas Waldenmaier (4), Sven Petersen (2), Philipp Schwenk (2), Stephan Mühleisen, Christian Waibel, Hannes Kauderer, Patrick Watzl, Valentin Pick
TuS: Marvin Heinz, Erik Seeger – Florian Wangler (8/7), Matthias Biedermann (4), Manuel Wangler (4), Fabian Maier (4), Tim Faeser (4), Kirill Glock (2), Daniel Hipp (1), Timo Ströhle (1), Philipp Klotz (1), Marvin Storz, Thomas Lindner, Dominic Walter
Siebenmeter: TSB 5/2 – TuS 8/7
Zeitstrafen: TSB 14 Minuten – TuS 8 Minuten
Rote Karten: Jonas Waldenmaier (TSB/50./Foulspiel), Sven Petersen (TSB/60./Foulspiel)
Schiedsrichter: Dominik Salles, Lars Salles (TGV 1823 Eintracht Beilstein)
Zuschauer: 250
 
(Text: Nico Schoch - Bilder: Enrico Immer)