Daran ändern auch nette Komplimente der gegnerischen Trainer oder Durchhalteparolen von TSB-Sportvorstand Jürgen Rilli und Coach Stefan Klaus zur „eigentlich hohen individuellen Qualität“ nichts – weil die Spieler als Team nicht in der Lage sind, ihr Leistungsvermögen über 60 Minuten durchzuhalten.
Wie in fast allen bisherigen Begegnungen zeigte der TSB auch gegen den südbadischen Pokalsieger zwei unterschiedliche Gesichter. 20 Minuten top, aber zur Pause nur ein 16:16. Und ab der 18:17-Führung fünf Minuten blackout, fünf Gegentore am Stück und damit ein 18:22-Rückstand. Die Erklärung: Kopfsache? Mentalität? Qualität? Kondition? Taktik? Glück/Pech? Von allem etwas, vor allem im Mix.
Dabei hatten sich die Gmünder so viel vorgenommen. „Den Frust von der Seele geredet“ hatten sie sich in der letzten Woche; kommunikative Abwehrarbeit und konstruktive Angriffsspielzüge eingeübt, um bei einer Manndeckung gegen Aaron Fröhlich taktische Lösungen aufs Spielfeld zu bringen. „Wir müssen gegen die Multikulti-Truppe der SG aggressiv sein, in Führung gehen, dann lassen die Flügel hängen“, hatte Rilli vor dem Anpfiff vorgegeben. Das gelang zunächst auch, obwohl Rückraumspieler Sven Petersen, der eine wesentliche Rolle bei Manndeckung übernehmen sollte, grippekrank ausfiel. Die „Jets“ drehten zogen sogar vom 5:5 auf 8:5 weg. Jonas Waldenmaier, Yannik Leichs (2), Thomas Grau, der für Petersen auf halbrechts begann, Aaron Fröhlich (4, davon zwei Siebenmeter) waren die Torschützen.
SG-Trainer Ole Andersen, der seine Torjäger Jan-Philipp Valda und Ilya Greblev ersetzen musste, zog dann den Schachzug der Manndeckung – Bührer „kümmerte“ sich um Fröhlich, Simak „schaute“ nach Leichs. Stefan Klaus reagierte mit der Taktikvariante „siebter Feldspieler“ und brachte Tom Abt. Das funktionierte gut. Über 10:7 und 13:10 hielten die Gmünder bis zum 14:11 einen Dreitorevorsprung. Mehrfach hatten sie Chancen, sich weiter abzusetzen. Doch plötzlich schlichen sich im Angriff leichte Fehler ein, die Außen Wolfgang Bächle (einziges Tor in der 59. Minute) und Aleksa Djokic kamen überhaupt nicht ins Spiel, und Torwart Sebastian Fabian, der zunächst stark hielt, konnte nun den Schüssen von Mykola Melnyk, Kreisläufer Axel Simak und Maurice Bührer nur noch hinterherschauen. Beim 16:16 war die Partie wieder offen, Aaron Fröhlich scheiterte bei der letzten Aktion der ersten Halbzeit mit einem Siebenmeter an SG-Torwart Kicki, der fortan über sich hinauswuchs.
Zur zweiten Halbzeit brachte der TSB-Coach Daniel Mühleisen für Fabian im Tor und für Djokic Max Dangelmaier auf Linksaußen. Leichs und Grau schossen den TSB nochmals mit 17:16 und 18:17 in Führung. Doch dann brachen die spielentscheidenden fünf grausamen Minuten für den TSB an. Bührer nahm Fröhlich konsequent aus dem Spiel, Klaus verzichtete auf den siebten Feldspieler („Weil mir das zu riskant erschien“), haarsträubende Fehler der Gmünder Angreifer und eine Zeitstrafe gegen Christian Waibel nützten die Gäste zu fünf Toren in Folge aus: 18:22 in der 38. Minute. Auf mehr als drei Tore kamen die Gmünder, trotz vieler Chancen, nicht mehr heran. Beim 19:23 vergeigte Djokic gleich zwei Siebenmeter plus freien Nachwurf, „ der Fisch war geputzt“. Auch zwei schöne Tore von Tom Abt und ein Weitwurftor von Daniel Mühleisen nützten nichts mehr: Aaron Fröhlich war „angekettet“, der Rest ließ die Flügel hängen und Köndringens Jozef Hantak nagelte eiskalt sieben von acht Strafwürden ins Gmünder Netz.
TSB Gmünd: Sebastian Fabian, Daniel Mühleisen (1), Aaron Fröhlich (9, 5/3), Yannik Leichs (6), Thomas Grau (3), Tom Abt (2), Jonas Waldenmaier (2), Aleksa Djokic (2, 2/0), Wolfgang Bächle (1), Wolfgang Bächle (1), Stephan Mühleisen, Christian Waibel, Tim Albrecht, Max Dangelmaier.
SG Köndringen/Teningen: Kicki, Lutz, Melnyk (6), Boutes, 7 Weise (3), Simak (5), Spinner, Grafmüller (4), Bührer (5), Hantak (9, 8/7), Merz, Keune, Tscherner.
"Das war eine super Variante" - Stimmen zum Spiel
Stefan Klaus, TSB-Trainer: „Wir haben starke 20 Minuten gespielt und hätten zur Pause klar führen können. In der zweiten Halbzeit sind wir eingebrochen, weil uns im Angriff wieder viel zu viele Fehler unterlaufen sind.“
Ole Andersen, SG-Trainer: „Es war ein Sieg der Taktik. Wir hatten den TSB per Video genau analysiert und wussten, dass wir nur dann zum Erfolg kommen, wenn wir den überragenden Aaron Fröhlich ausschalten.“
Jürgen Rilli, Sportlicher Leiter TSB Gmünd: „Die fehlende Konstanz über 60 Minuten ist unser Problem. Bei Manndeckung brauchen wir automatisierte Lösungen. Und wir müssen dringend mit mehr Begeisterung unsere Zuschauer zurückgewinnen. Das war heute eine traurige Veranstaltung.“
Maurice Bührer, SG-Spieler: „Das mit meiner Manndeckung gegen Fröhlich haben wir trainiert, es war eine super Variante.“
Aaron Fröhlich, TSB-Spieler: „Wir haben nach vielen leichten Fehler zu früh resigniert.“
Tom Abt, TSB-Spieler: „Uns fehlt die letzte Konsequenz und wir vergeigen zu viele Chancen.“
© Gmünder Tagespost 10.11.2019 17:29 / Winfried Hofele