Am Gästekeeper zerschellt: TSB verpasst die nächste Überraschung

Der TSB Gmünd verwirft massig Siebenmeter sowie freie Würfe und scheitert zuletzt am Tormann des TV Willstätt. Nach der unnötigen 29:30 (13:14) – Heimniederlage gegen den Drittliga-Absteiger sorgen sich die „Jets“ besonders um ihren Spielmacher Tom Abt.

 

Enttäuscht, vielmehr sogar fassungslos schlugen Michael Stettner und Volker Haiser die Hände über dem Kopf zusammen. Mit der Leistung ihres Teams konnten die beiden TSB-Trainer zwar über weite Strecken einverstanden sein, nicht aber mit dem Ergebnis. „Wir waren auf gar keinen Fall schlechter als Willstätt“, versuchte Stettner kurz nach Spielende ein erstes Fazit zu ziehen. Doch der Grund, warum seine Mannen den 37:29-Coup aus der Vorwoche nicht wiederholen konnten, lag auf der Hand. Gleich fünf Strafwürfe und eine ganze Reihe an freien Wurfchancen hatten die Gmünder gegen das internationale Ensemble des Ex-Bundesligisten liegen lassen. Als Strafe setzte es erstmals seit über einem Monat wieder eine Niederlage. Die war „zum größten Teil selbstverschuldet“, wie es Stettner auf den Punkt brachte. Aus Sicht der 400 Zuschauer waren die Hausherren gefühlt sogar einen Tick besser. „Doch davon können wir uns eben nichts kaufen“, trauerte Stettner der mangelhaften Chancenverwertung hinterher: „Wenn du mit einem Tor verlierst, weißt du direkt, wo du als Erstes ansetzen musst. In der Summe sind wir mehr oder weniger an uns selbst gescheitert.“

 

Umgekehrt betrachtet hatten die „Jets“ immerhin unter Beweis gestellt, dass ihre zuletzt so starken Auftritte gegen die letztjährigen Drittligisten Köndringen/Teningen, Baden-Baden und Willstätt keine Eintagsfliegen waren. Eben jene Willstätter waren neun Tage nach ihrer desolaten Vorstellung in eigener Halle voller Wut angereist, doch die Gmünder Abwehr stemmte sich vehement gegen deren Rückraumkanoniere. Nicola Rascher und Wolfgang Bächle gaben mit dem 2:1 (5.) dann gleich einmal die Richtung vor. Tormann Daniel Mühleisen zog dem TVW-Rechtsaußen Illia Hreblev gleich im ersten Siebenmeterduell den Zahn. Auf der Gegenseite war Eric Zimmermann im Pech, sein Strafwurf prallte von der Unterkante der Latte ab.

 

Davon unbeeindruckt legte der TSB nach. Das in den vergangenen Wochen gesammelte Selbstvertrauen war spürbar und übertrug sich auf die Ränge, als Jonas Schwenk und Zimmermann zwei Konter zum 6:4 (11.) und 8:5 (13.) nutzten. Die Gmünder wirkten fast schon beflügelt und ließen sich auch nicht von der harten Gangart der Gäste einschüchtern. Bereits nach wenigen Minuten war Tom Abt vom Feld gehumpelt, kehrte aber wenig später aufs Feld zurück und lenkte das Angriffsspiel mit vielen guten Ideen. Immer wieder suchte der Spielmacher auch selbst die Lücke und zog die Fouls auf sich. „Unter Adrenalin ist das immer etwas anderes“, machte sich sein Trainer deshalb doch ernsthafte Sorgen: „Ich hoffe für ihn, dass er nichts ernsthaftes davongetragen hat.“

 

Nicht minder schmerzhaft war es, dass Abts Kollegen die entstandenen Chancen zu selten nutzen konnten. Bächle traf zunächst zum 9:7 (19.), sein nächster Strafwurf allerdings landete in den Armen von Vincent Lutz. Dieser war nach der Anfangsphase für seinen glücklosen Kollegen Steffen Dold zwischen die Willstätter Pfosten gerückt. Auch Siebenmeterspezialist Rascher fand in Lutz seinen Meister, dessen Vorderleute den Spielverlauf mit fünf Toren in Folge auf den Kopf stellten. Nach dem 9:12 (25.) lag es nun an den Gmündern, sich wieder zurückzukämpfen. Bächle und Waldenmaier stellten den Anschluss wieder her. Fünf Sekunden vor der Pause ließ der Halblinke Jan-Philipp Valda den TVW noch über einen Zwei Tore-Vorsprung jubeln. Doch der TSB schaltete schnell um, aus der Drehung beförderte Maier die Kugel zum 13:14 (30.) in den Winkel.

 

Herzblut und unbändiger Wille – es sind die Attribute, die den TSB so stark und unberechenbar machen. Die Misere von der Siebenmeterlinie setzte sich allerdings auch nach dem Seitenwechsel fort. Mit Maier und Arian Pleißner verwarfen nun auch die Schützen Nummer vier und fünf. „Diese Geschichte zieht sich schon durch die ganze Saison“, raufte sich da auch Stettner die Haare: „Heute hat uns da erstmals richtig weh getan.“ Abt hielt die Gmünder bis zum 20:19 (39.) zunächst im Vorteil. Doch im Angriffsspiel wurde nun ausgerechnet ein Mittel zum Verhängnis, welches in den vergangenen Wochen so gut funktioniert hatte. Mit einem siebten Feldspieler auf der Platte leistete sich der TSB unnötige Ballverluste, die erst Valda und dann Torwart Lutz mit Distanzwürfen ins leer stehende Gehäuse zum 20:22 (41.) bestraften. „Uns hat die Disziplin gefehlt“, haderte der Coach mit einigen überhasteten Würfen: „Und selbst wenn wir es diszipliniert ausgespielt haben, dann haben wir uns zu wenig dafür belohnt.“ Willstätt agierte da schon abgezockter und so schien die Gmünder Heimniederlage beim 25:28 (53.) fast schon besiegelt.

 

Die TSBler allerdings ließen keinen Zweifel an ihrer starken Moral. „Das kenne ich von meinen Jungs auch nicht anders“, lobte Stettner deren Comeback-Qualitäten: „Kämpferisch müssen wir uns nicht vorwerfen, jeder hat sich in den Dienst der Mannschaft gestellt.“ Darunter auch Andreas Maier, der mit voller Geschwindigkeit aufs gegnerische Tor zustürmte und durch Antoine Gutfreund unsanft am Wurfarm heruntergerissen wurde. Der Willstätter sah glatt Rot, Bächle erzielte den Anschlusstreffer und Rascher kurz darauf den umjubelten 29:29-Ausgleich (56.). Die Gäste legten trotz Unterzahl abermals vor, die Schlussminuten wurden zum Showdown der beiden Torhüter. TSB-Rückhalt Mühleisen hielt sein Team mit zwei starken Paraden im Rennen, auf der Gegenseite allerdings stand ihm Lutz in nichts nach. So gipfelte die Spannung in den letzten 40 Sekunden. Maier warf aus spitzem Winkel, der TVW-Keeper blieb stehen und wehrte ab. Jonas Schwenk krallte sich den Abpraller, doch abermals hatte Lutz sein Bein ausgefahren. Raschers letztes, verzweifeltes Anspiel an den Kreis flog ins Leere. Willstätt jubelte, Gmünd trauerte.

 

„Doch ich kann mir nicht vorstellen, dass uns diese unglückliche Niederlage aus der Bahn wirft“, gibt sich Trainer Michael Stettner kämpferisch. Mit Blick auf das nächste schwere Auswärtsspiel beim Gruppendritten TVS Baden-Baden (Samstag, 20 Uhr) kündigt er an: „Das ist kein Grund, das Selbstvertrauen zu verlieren und den Kopf in den Sand zu stecken.“ Das Gmünder Aufbäumen im Tabellenkeller soll trotz dieses kleinen Rückschlages weiter gehen.

 

TSB: Daniel Mühleisen, Tobias Klemm – Tom Abt (6), Wolfgang Bächle (6/1), Nicola Rascher (5), Stefan Scholz (3), Andreas Maier (3), Jonas Waldenmaier (3), Eric Zimmermann (1), Arian Pleißner (1), Jonas Schwenk (1), Philipp Schwenk, Patrick Watzl, Stephan Mühleisen (n.e.), Vincent Pick (n.e.)

TVW: Steffen Dold, Vincent Lutz (2) – Jan-Philipp Valda (5), Maximilian Hartz (5), Yannick Ludwig (4), Dinko Dodig (4), Philip Wastl (4), Lucas Limouzin (2), Illia Hreblev (2), Antoine Gutfreund (2), Robin Haller, Felix Krüger, Marius Oßwald, Jacob Funk, Joffrey Bonnemberger

Siebenmeter: TSB 6/1 – TVW 1/0

Zeitstrafen: TSB 2 Minuten – TVW 6 Minuten

Rote Karte: Antoine Gutfreund (TVW/54./Griff in den Wurfarm

Schiedsrichter: André Geiss (Rhein-Neckar Löwen), Matthias Schwarz (TV Vaihingen/Enz)

Zuschauer: 400

 

(Nico Schoch)