BW-Oberliga, wir kommen! Der stärkste TSB-Nachwuchs seit Kai Häfner

Seit Jahren schon sind sie der Vorzeigenachwuchs beim TSB Gmünd. Längst wandeln sie auf den Spuren ihrer aktiven Vorbilder und umso größer ist die Freude, dass für die Jungs von Trainer Aaron Fröhlich in ihrem letzten gemeinsamen Jugendjahr ein Traum in Erfüllung geht. In der Oberliga Baden-Württemberg, der nach der Bundesliga höchsten Spielklasse, warten namhafte Konkurrenten und auch das Aufeinandertreffen mit einem ehemaligen Bundestrainer.


Eingefleischte Gmünder Handballfans werden sich noch daran erinnern, als sich der TSB-Nachwuchs letztmals mit den stärksten Teams aus dem gesamten Bundesland messen durfte. Mit Trainer Wolfgang Häfner an der Seitenlinie sicherten sich die A-Jugendlichen in der Saison 2006/07 zunächst den Titel in der württembergischen Verbandsklasse und marschierten anschließend sogar ungeschlagen an die Spitze der BW-Oberliga. Zu den Leistungsträgern zählten Jugend-Nationalspieler Kai Häfner sowie Sebastian Fabian und Christian Waibel, in der bevorstehenden Saison die beiden dienstältesten Spieler bei den TSB-Aktiven. „Dieses Jahr war eine super Erfahrung, zumal es damals noch keine Jugend-Bundesliga gab und die Oberliga die höchste Spielklasse war“, erzählt Tormann Fabian.

 

Dennoch schwingt Wehmut mit beim Blick zurück auf das Frühjahr 2007. „Im Schnitt haben wir natürlich eine sehr erfolgreiche Runde gespielt“, so Fabian, „doch in den entscheidenden Momenten haben wir leider versagt und einen noch größeren Wurf verpasst.“ Was der nun 32-Jährige meint: In den beiden Endspielen gegen die SG Kronau/Östringen (die heutigen Rhein-Neckar Löwen) fehlte den TSB-Youngstern ein einziges Tor zum baden-württembergischen Titel, im Halbfinale um die süddeutsche Meisterschaft verspielte man bei Concordia Delitzsch den Sechs Tore-Vorsprung aus dem Hinspiel. Der zweite große Triumph nach der württembergischen B-Jugend-Meisterschaft 2005 blieb somit verwehrt, doch nahezu alle damaligen Talente blieben ihrem Verein erhalten. Christian Tobias, Tobias Schabel und Robert Steiner trugen noch viele weitere Jahre das blau-gelbe Dress, Tobias Kößer aus der zweiten Mannschaft ebenso wie Waibel und Fabian sogar noch bis heute. Cristian Marin ist mittlerweile zum Schiedsrichter-Obmann aufgestiegen und pfeift in der 3.Liga, der Weg von Europameister Kai Häfner ist hinreichend bekannt.

 

Nachdem der TSB jahrelang überhaupt keine A-Jugend mehr stellen konnte, hat sich nun eine neue „goldene Generation“ mit ähnlich großem Talent und hoher Vereinsidentifkation den Weg nach oben gebahnt. Als C-Jugend-Landesligameister 2017 und dreimaliger Tabellenzweiter in der B- und A-Junioren-Württembergliga zählen die Gmünder Jahrgänge 2001, 2002 und 2003 zu den Besten landesweit. Wobei Erfolgscoach Aaron Fröhlich keinen Vergleich zur Spitzenjugend von vor 13 Jahren ziehen will: „Soweit ich das einschätzen kann, war das Paket damals noch einen Ticken besser. Deshalb brechen wir uns keinen Zacken aus der Krone, wenn wir behaupten, seit damals die stärkste Jugendmannschaft des TSB zu sein.“

Dass sein Team in den vergangenen Spielzeiten derart auftrumpfe, zahlt sich nun aus. Aufgrund der Corona-Krise war an eine Ausführung der Qualifikationsturniere nicht zu denken und so legten die drei Landesverbände ihre Vertreter für die neu gegründete Oberliga in einem eigenen Ranking fest. Anders als mancher Konkurrent konnte der TSB dabei zwar keine Jugend-Bundesligaerfahrung, aber zumindest die jüngsten Top-Platzierungen in den höchsten HVW-Ligen in die Waagschale werfen. Im März durften die jungen Gmünder nach zehn Siegen in Folge die Vize-Meisterschaft in der Württembergliga bejubeln, wobei Primus Bietigheim mit 42:31 nahezu vorgeführt wurde.

 

Auch wenn die Entscheidung am „grünen Tisch“ fiel, sieht Fröhlich in der BWOL-Qualifikation die Krönung einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Seit der 29-jährige Spielmacher des TSB im Sommer 2015 das Traineramt übernahm, führte der Weg steil nach oben. Bemerkenswert: 11 der 14 Spieler des jetzigen Kaders stammen noch aus der „Mannschaft der ersten Stunde“, die einst als Kinder bei den „Minis“ des TSB das Handballspielen erlernten. Gezielt verstärkte wurde das Team durch den Wasseralfinger Patrick Watzl (beim TSB seit 2016), den Bartenbacher Hannes Kauderer (seit 2018) sowie den Remshaldener Arian Pleißner (seit 2019). All diese Jungs orientieren sich an den Aktiven, nehmen sich Fröhlich und dessen Teamkollegen zum Vorbild. Im starken Zusammenhalt besteht das einmalige Erfolgsrezept. Weshalb sich der Trainer auch gar nicht aktiv auf die Suche nach Neuzugängen begibt: „Unser Ziel muss es sein, das vorhandene Talent bestmöglich zu fördern. Und nicht zuletzt werden gute Leistungen in der Jugend immer die Möglichkeit eröffnen, sich in der Ersten Mannschaft zu zeigen.“ Gleich fünf Youngster absolvieren derzeit die Saisonvorbereitung bei Neu-Trainer Dragoș Oprea. Spielmacher Tom Abt war in der vergangenen Runde nach kürzester Zeit nicht mehr wegzudenken, so sehr begeisterte der 17-Jährige mit seinem befreiten Auftreten die eigenen Fans.

Zweifellos ist Abt, der im Schnitt neun Treffer pro Jugendspiel erzielt und längst auch dem Lockruf des TV Bittenfeld widerstand, das Aushängeschild der Gmünder Nachwuchsarbeit. Die Parallelen zu seinem großen Förderer Aaron Fröhlich sind nicht zu übersehen, doch eine „One-Man-Show“ gibt es in der A-Jugend keineswegs. Längst haben sich dort vielfältige Spielertypen in den Vordergrund gespielt. An Abts Seite überzeugen regelmäßig der wurfgewaltige Halbrechte Patrick Watzl wie auch der spielintelligente Regisseur Valentin Pick. Mit Kai Kiesel steht ein echter Hüne am Kreis, auf den Außen wirbeln die flinken Vincent Pick, Jonas Schmutzert sowie Aaron Wild. Und während sich mit Sascha Grützmacher und Florian Krazer die beiden einzigen Akteure aus dem Jahrgang 2001 in den Aktivenbereich verabschiedeten, rückte ein talentiertes Trio aus der B-Jugend nach: Simeon Kratochwille, Louis Waldraff und Arian Pleißner wurden von Fröhlich bereits in der vergangenen Saison gezielt integriert. Wenn diese Jungs in Gmünd bleiben, dann könnten die TSB-Verantwortlichen in Zukunft noch viel Spaß an ihnen haben.

Das Fröhlich-Team darf sich durchaus als zweite goldene Generation des TSB fühlen, so viel Selbstbewusstsein darf sein. Immerhin zählt man künftig zu den besten neun Teams in Württemberg. Belohnung und Herausforderung zugleich soll die BW-Oberliga sein. Die Marschroute des Coaches ist unmissverständlich: „Wir gehen sicher nicht in die Liga rein und freuen uns dann nur, dass wir dabei sein dürfen. Wir wollen so viele Spiele gewinnen wie nur möglich.“ Gegen Heiningen wartet ein heißes Stauferland-Derby und mit den Dauer-Konkurrenten aus Bietigheim, Wangen, Kornwestheim und Ostfildern sind die TSB-Youngster längst vertraut. Fröhlich: „Die Württemberger sind grundsätzlich sehr stark, aber auch nicht unschlagbar, wie wir wissen.“ Einen großen Namen aufzubieten hat der TuS Schutterwald, dessen Nachwuchs vom 26-fachen Nationalspieler und Ex-Bundestrainer (2011-2014) Martin Heuberger betreut wird. Die Qualität der Ortenauer sowie der drei weiteren badischen Gegner aus Pforzheim, Leutershausen und Radolfzell vermag Fröhlich allerdings nicht einzuschätzen. Der TSB betritt dort Neuland und muss sich auf weite Fahrten einstellen. In puncto Organisation macht sich der Trainer aber keinerlei Sorgen: „Wir haben ziemlich positiv verrückte Eltern, die uns unglaublich unterstützen und sich für den Verein einbringen. Deshalb ist der Aufwand zwar hoch, aber machbar.“

 

Vielmehr muss er die körperliche Belastung seiner Schützlinge im Auge behalten, die parallel auch im ersten und zweiten Herrenteam ihren Mann stehen sollen.„Daran werden die Jungs wachsen und noch ganz viel lernen in diesem Jahr“, ist Fröhlich überzeugt. Das große Ziel, dass der talentierte Nachwuchs in die Stapfen seiner Vorbilder tritt oder mit den jetzigen Aktiven ein noch stärkeres Team bildet, ist plötzlich in greifbare Nähe gerückt. Dass genügend Potenzial vorhanden ist, auch in der Herren-Oberliga zu bestehen, will der Jugendcoach gar nicht bestreiten, doch der Weg dahin sei noch ein weiter. „Eine goldene Generation definiert sich nicht daraus, was wir in der Jugend leisten“, betont Fröhlich, „in fünf oder sechs Jahren werden wir sehen, ob es uns gelungen ist, dass die meisten Spieler ihre Leistungen auch im Aktivenbereich bringen.“ So sehr der Nachwuchs aber längst eine Euphorie entfacht hat, erscheinen die Zukunftsaussichten beim TSB glänzend.

TSB-Kader: Julian Sacher, Dennis Slonek – Tom Abt, Simeon Kratochwille, Hannes Kauderer, Kai Kiesel, Can Oktay, Frank Ott, Valentin Pick, Vincent Pick, Arian Pleißner, Jonas Schmutzert, Louis Waldraff, Aaron Wild

Die Gegner in der BWOL: MTG Wangen, SG BBM Bietigheim, SV Kornwestheim, TSV Heiningen, Jugendhandball-Akademie Neuhausen-Ostfildern (alle Württemberg), SG Leutershausen, TGS Pforzheim (beide Nordbaden), TuS Schutterwald, HSC Radolfzell (beide Südbaden)
Flashback: Als letztmals eine TSB-Jugendmannschaft durch Baden-Württemberg reiste...
Das erfolgreiche A-Jugend-Team der Saison 2006/07, hinten von links: Christian Waibel, Maximilian Abele, Robert Steiner, Tobias Kößer.
Mitte von links: Trainer Wolfgang Häfner, Kai Häfner, Matthias Czypull, Moritz Nothdurft, Trainer Markus Knoll.
Vorne von links: Tobias Schabel, Christian Marin, Philip Rusch, Sebastian Fabian, Janis Bauer. Es fehlen: Matthias Ströhle, Christian Tobias.
Im Halbfinale um die Baden-Württembergische Meisterschaft fegte der TSB mit Christian Waibel (vorne) und Matthias Czypull einen ersatzgeschwächten TuS Schutterwald sage und schreibe mit 41:15 aus der Straßdorfer Römersporthalle.
Als damaliger Junioren-Nationalspieler ragte Kai Häfner aus dem TSB-Kollektiv heraus. Der baden-württembergische Meistertitel ging aber an den Bundesliga-Nachwuchs von der SG Kronau-Östringen.

(Text, Bilder & Grafik: Nico Schoch - Archivbilder: Gmünder Tagespost)