Löchrige Abwehr, zu viele Fehlwürfe: Noch viel Arbeit für den TSB Gmünd

Dem TSB Gmünd misslingt der Start in die neue Saison. In der Abwehr fand die Mannschaft von Trainer Michael Stettner nie zur gewohnten Stabilität, eine schwache Chancenverwertung besiegelte letztlich die 30:37 (15:20) – Niederlage beim TV Germania Großsachsen.

Nur zweimal in seiner nun achtjährigen Oberliga-Zugehörigkeit ist es dem TSB Gmünd gelungen, sein erstes Saisonspiel zu gewinnen – diese Serie setzt sich nun fort, muss aber nicht zwingend schlecht sein, wie das Beispiel der vergangenen Saison zeigt. Damals wurde der TSB im Auftaktspiel vor heimischer Kulisse vom TSV Heiningen vorgeführt, trotz der 28:37-Klatsche stand am Ende der fünfte Tabellenplatz. Deshalb, aber auch mit Blick auf den laufenden Umbruch, war Trainer Michael Stettner am Samstagabend bemüht, seine Premiere mit dem TSB richtig einzuordnen: "Diese Niederlage ist kein Beinbruch, denn wir wissen, dass die Trauben in Großsaschsen relativ hoch hängen."
Bemüht, aber glücklos – so lässt sich dieses erste Saisonspiel aus Gmünder Sicht treffend beschreiben. Letztlich hat die junge Garde des TSB, in der gleich vier Spieler ihr Oberliga-Debüt feierten, die gesamte Kaltschnäuzigkeit des langjährigen Drittligisten zu spüren bekommen. Allerdings haderten die Gäste auch mit ihren eigenen Schwächen. 25 Fehlwürfe standen in Stettners Statistik zu Buche, so stellte der Trainer ernüchtert fest: "Damit gewinnt du selten ein Spiel. Dass wir acht bis zehn freie Würfe vergeben haben, hat uns besonders weh getan." Erschwerend hinzu kam, dass Daniel Mühleisen ein rabenschwarzen Tag erwischt hatte. Der Tormann, der in der Vorsaison die große Konstante gewesen war, brachte es auf lediglich vier Paraden.
In der Abwehr fand sich der TSB auf verlorenem Posten wieder. Gleich zu Beginn wurde Mühleisen zweimal von Kreisläufer Simon Reisig überwunden. Trotz des 0:3-Fehlstarts aus den ersten drei Minuten bewiesen die Gmünder Charakter und kämpften sich in die Partie zurück. Das war vor allem den beiden Rückraumspielern Nicola Rascher und Tom Abt zu verdanken, die sich immer wieder entschlossen durchsetzen. Mit einem verwandelten Strafwurf zum 3:3 (6.) brachte Rascher die Sachsenhalle erstmals zum Schweigen. Besonders im schnellen Umschaltspiel präsentierte sich der TSB gefährlich, war allerdings defensiv genauso anfällig. Auch nach dem 6:8 (11.) bekam das Stettner-Team die Kurve und begegnete dem Drittligisten auf Augenhöhe. Als Daniel Mühleisen einen Siebenmeter parierte und im direkten Gegenzug Moritz Werner mit seinem ersten Oberliga-Tor den 9:9-Ausgleich (15.) erzielte, schien das Momentum zugunsten der Gäste zu wechseln.
Doch innerhalb von nur 30 Sekunden geriet der TSB völlig aus dem Konzept. Kreisläufer Reisig warf Großsachsen erneut in Führung, durch zwei schnelle Konter mussten die Gmünder dann das 9:12 (16.) und außerdem eine Zeitstrafe gegen Rascher hinnehmen. Es brauchte einige Minuten, bis sich die Jets wieder berappelten und sich auf 14:16 (23.) herantasteten. Linksaußen Eric Zimmermann hätte den Anschluss erzielen können, doch er traf freistehend nur den Pfosten. Damit begann eine fatale Pechsträhne, die "uns letztlich das Genick gebrochen hat", wie TSB-Kreisläufer Stephan Mühleisen feststellte. Andreas Maier scheiterte am immer stärker werdenden TVG-Schlussmann Fabian Lieb, Rascher und Waldenmaier trafen nur das Aluminium. Die Hausherren hingegen versenkten beinahe jeden Wurf im Gmünder Tornetz, so dass der Abstand bis zur Pause auf 15:20 (30.) anwuchs.
Auch in der zweiten Hälfte erwischte der TSB einen denkbar unglücklichen Start, denn Rascher vergab seinen ersten Strafwurf. Die Torhüterleistung gab nun den Ausschlag. Während Daniel Mühleisen kaum eine Hand an den Ball bekam, lief sein Gegenüber Fabian Lieb zur Höchstform auf. Auch im Angriff konnte sich Großsachsen auf zwei Unterschiedsspieler verlassen, den trickreichen Rechtsaußen Simon Spilger (10 Tore) und Kreisläufer Reisig (8). Beim Stand von 18:27 (40.) befand sich der TSB bereits auf der Verliererstraße, gab sich aber dennoch nicht auf. Stephan Mühleisen war ein Lichtblick im Gästeteam und verkürzte mit seinem fünften Treffer auf 20:27 (42.). Doch für eine wirkliche Aufholjagd fehlte dem TSB die letzte Überzeugung – vor allem aber eine gute Abwehrleistung. Mit einer offensiven Deckung und dem siebten Feldspieler im Angriff zog Stettner auch die letzten taktischen Register, doch seine Mannen konnten die furios aufspielenden Großsachsener nie dauerhaft vor Herausforderungen stellen.
"Alles, was wir probiert haben, hat immer nur kurz gefruchtet", haderte der TSB-Coach: "Immer wenn wir uns herantasten konnten, haben wir uns das Leben selbst schwer gemacht." Zehn Minuten vor Schluss stand wieder ein Neun Tore-Rückstand auf der Anzeigetafel, das Spiel war damit entschieden. Durch einen Doppelschlag von Waldenmaier kam der TSB noch einmal auf 29:34 (57.) heran, doch dieses letzte Aufbäumen kam zu spät. "Die Niederlage war leider völlig verdient", resümierte Neuzugang Jan Spindler und war damit gleicher Meinung wie sein Zwillingsbruder Marcel im Dress des TVG.
Stettner indes gibt sich kämpferisch: "Wir dürfen jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern müssen einfach das Positive aus dem Spiel herausziehen." Dazu gehört sicherlich auch die Tatsache, dass in der Schlussphase mit Vincent Pick und Louis Waldraff zwei weitere TSB-Eigengewächse ihre Premiere in der vierthöchsten Spielklasse erlebten – so wie zuvor schon Spindler und Tormann Frederik Füchtner. Beim Drittliga-Absteiger Großsachsen hat diese junge Rasselbande ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. "Daraus gilt es jetzt die richtigen Lehren zu ziehen und an unseren Schwächen zu arbeiten", betont Stettner mit Blick auf das erste Heimspiel gegen den Aufsteiger TV Knielingen am kommenden Samstag (19:30 Uhr / Große Sporthalle): "Da sind wir sicherlich in der Favoritenrolle und wollen unbedingt die ersten Punkte einfahren."
TVG: Fabian Lieb, Leon Hoblaj, Timo Röhling – Simon Spilger (10), Simon Reisig (8), Patrick Buschsieper (6), Jonas Schneider (4), Florian König (3), Tim Burkard (3), Benedikt Meiser (2), Hannes Weindl (1), Jan Straub, Marcel Spindler, Dominic Seganfreddo, Johannes Kadel
TSB: Daniel Mühleisen, Frederik Füchtner – Nicola Rascher (10), Stephan Mühleisen (5), Tom Abt (4), Andreas Maier (3), Eric Zimmermann (2), Moritz Werner (2), Jonas Waldenmaier (2), Jan Spindler (2), Philipp Schwenk, Louis Waldraff, Jonas Schwenk, Vincent Pick
Siebenmeter: TVG 3/2 – TSB 6/4
Zeitstrafen: TVG 6 Minuten – TSB 10 Minuten
Schiedsrichter: Fabian Hochstuhl, Sven Beck (TVS Baden-Baden)
Zuschauer: 222
 
"Wir haben uns zu wenig belohnt" - Stimmen zum Spiel
 
Komplimente und Geschenke gab es nach dem ersten Saisonspiel für den TSB Gmünd. Wobei Kapitän Nicola Rascher als bester Gästespieler statt einem Obstkorb und einer Flasche Wein lieber die zwei Punkte mitgenommen hätte – ebenso wie sein Trainer, der die Mannschaft aber trotz der 30:37-Niederlage in Großsachsen auf dem richtigen Weg sieht.
 
Michael Stettner, TSB-Cheftrainer: "Wir brauchen nicht drumherum zu reden, es war eine verdiente Niederlage. Wir haben alles probiert und offensiv vieles richtig gemacht, nur haben wir uns zu wenig belohnt. Nach einem verpatzten Start haben wir wir nachträglich gut ins Spiel reingefunden und gut mitgehalten. Doch wir haben uns viel zu viele Fehlwürfe geleistet, waren in der Abwehr nicht stabil genug und haben das Torhüterduell deutlich verloren. Großsachsen hat einfach konstanter und cleverer gespielt, deshalb konnten wir den Abstand nie egalisieren. Jedes Mal, wenn wir wieder dran waren, haben wir uns entweder einen Fehlwurf geleistet oder den Ball leichtfertig hergeschenkt."
 
Stefan Pohl, TVG-Trainer: "Beide Mannschaften haben ein richtig flottes Spiel gezeigt. Wir haben einfach eiskalt unsere Chancen ausgewertet, so dass wir uns schon zur Pause einen beruhigenden Fünf-Tore-Vorsprung erspielen konnten. Unsere Torhüter waren ein Riesenfaktor. Gmünd musste in der Abwehr offensiver werden, diese Räume haben wir gut genutzt. Die Oberliga ist nach wie vor eine Wundertüte fur uns und was die Saison noch bringt, lässt sich nach einem Spiel noch nicht sagen. Ich kann nur sagen, dass sich Gmünd spielerisch gut präsentiert hat. Respekt vor dieser Leistung."
Nicola Rascher, TSB-Kapitän: "Wir haben uns ganz gut in das Spiel hereingekämpft. Doch schlussendlich scheitern wir einfach an unseren 25 Fehlwürfen. Wir waren nicht kaltschnäuzig genug, müssen dann noch den einen oder anderen Konter schlucken und somit war das Ergebnis letztlich verdient."
 
Jan Spindler, TSB-Spielmacher: "Wenn man die Chancenauswertung betrachtet, dann war Großsachsen einfach abgezockter. Jeder Wurf war ein Treffer, ob vom Kreis oder aus neun Metern Entfernung vom Rückraum. Ich denke trotzdem, dass wir gute Ansätze gezeigt haben. Wenn unsere Torhüter- und Abwehrleistung hinzukommt, dann sollte es im nächsten Spiel zu Punkten reichen."
Marcel Spindler, TVG-Rückraumspieler: "Vielleicht war die Erfahrung entscheidend, vor allem aber unser guter Start. Wir hatten nur einige Abstimmungsprobleme, als der TSB zu Beginn aufholen konnte. Insgesamt haben wir ein paar Tore zu viel kassiert, doch das können wir verschmerzen. In Summe können wir zufrieden sein mit unserer Leistung und sind unheimlich glücklich, dass es mit dem ersten Sieg im ersten Spiel geklappt hat."
 
Stephan Mühleisen, TSB-Kreisläufer: "Je länger das Spiel ging, umso schlechter haben wir in der Abwehr ausgesehen. Mein Bruder hat im Tor leider überhaupt keinen guten Tag erwischt. Wenn er in der Anfangsphase zwei, drei Bälle mehr hält, dann läuft das Spiel ganz anders. Großsachsen hat in der ersten Halbzeit gefühlt alles getroffen, uns haben die Fehlwürfe vor der Pause das Genick gebrochen. Nach dem hohen Rückstand haben wir es nicht mehr geschafft, den Gegner wirklich zu ärgern."
 
(Text und Bilder: Nico Schoch)