TSB erzeugt unnötig Spannung: Fröhlichs letzter Wurf entscheidet das Derby

Durch ein Tor in letzter Sekunde bezwingt der TSB Gmünd den TV Bittenfeld II mit 28:27 (13:12). Obwohl die Jets damit ihren Punkterekord aus dem Jahr 2017 einstellen, überwiegt beim Trainer der Ärger über die Nachlässigkeiten der eigenen Mannschaft.


Am Ende überwog die pure Erleichterung. Aaron Fröhlich machte mit seinem Buzzerbeater-Tor nicht nur den knappen Sieg gegen den Tabellennachbarn perfekt, sondern sorgte auch dafür, dass der TSB als Tabellenfünfter nun 34 Punkte vorweisen kann – genauso viele wie in der bisherigen Oberliga-Rekordsaison 2016/17. Von seinen Mitspielern wurde der Kapitän danach förmlich erdrückt. Dragoș Oprea allerdings fehlte in der Jubeltraube. Beim Trainer hielt sich die Euphorie in Grenzen, beim Blick auf den Spielverlauf machte sich bei ihm Unzufriedenheit breit. In beiden Halbzeiten hatten seine Jungs eine Vier Tore-Führung vorlegt, es danach allerdings verpasst, die Partie vorzeitig zu entschieden. Über eine Punkteteilung hätten sich die Gmünder nicht beklagen dürfen, denn zum wiederholten Male war man viel zu fahrlässig mit den eigenen Torchancen umgegangen.
Sehr viel Ärger gegenüber der Mannschaft habe sich in ihm aufgestaut, erklärte Oprea zähneknirschend. Der Weckruf der deutlichen Niederlagen gegen Birkenau (28:36) und Köndringen/Teningen (27:34) sei schlichtweg überhört worden. Freie Würfe wurden teils kläglich vergeben, in der Abwehr war die vom Trainer immer wieder geforderte Aggressivität nur phasenweise zu sehen: „Damit komme ich nicht klar und ich verstehe das einfach nicht.“ Denn obwohl die laufende Saison für den TSB längst historisch ist, gehe es noch um sehr viel. „Ich bin mir sicher, dass alle Spieler diese Anerkennung auch wollen“, meint Oprea: „Aber wir müssen die richtige Einstellung schon im Training aufs Parkett bringen und dann aufs Spiel übertragen.“
Dabei wirkten die Jets nach dem um 30 Minuten verspäteten Anwurf – die durch die Fensterfassade der Großen Sporthalle einfallenden Sonnenstrahlen hätten den Torhüter auf der rechten Seite des Spielfeldes zu sehr geblendet – deutlich frischer und zielstrebiger als der Tabellennachbar TV Bittenfeld II. Aus einer zunächst aufmerksamen Abwehrarbeit heraus sorgte Wolfgang Bächle, dessen Einsatz aufgrund von Knieproblemen bis zuletzt fraglich gewesen war, für eine schnelle 3:0-Führung. Dass TVB-Rechtsaußen Michael Seiz die ersten beiden Strafwürfe vergab, machte den traumhaften Start perfekt. Der langjährige Zweitligaspieler scheiterte zunächst am Querbalken und dann an TSB-Rückhalt Daniel Mühleisen, der erst nach sechseinhalb Minuten überwunden wurde. Linksaußen Eric Zimmermann erhöhte sogar auf 5:1 (10.). Doch als Marian Rascher den Ball völlig freistehend nicht an Gästekeeper Daniel Sdunek vorbei bekam, begann bei den Gmünder wieder einmal der Chancenwucher. „Wir gewinnen die Zweikämpfe und sind alleine vor dem Torhüter, schalten dann aber im Kopf zwei Gänge herunter“, kritisiert Oprea: „Mit dieser Lässigkeit funktioniert es einfach nicht, egal in welcher Liga.“ Erst recht nicht gegen einen bundesligaerfahrenen Mann wie den 42 Jahre alten Sdunek.
Durch die eigenen Fehler brachte der TSB die Gäste ins Spiel zurück. Beim Stand von 7:6 (19.) versuchte Oprea sein Team mit der ersten Auszeit wachzurütteln, jedoch vergebens. Nachdem Mühleisen zweimal stark gegen Linksaußen Yannick Wissmann parierte, warf Bächle die Jets erneut mit 11:8 (23.) in Front. Bittenfeld aber ließ sich nicht abschütteln und kam durch einen feinen Lupfer von Seiz wieder auf 12:11 (27.) heran. Im folgenden Angriff traf Marian Rascher nur den Pfosten, so dass sich dem TVB die Chance zum Ausgleich bot. Der TSB zwang die Gäste ins Zeitspiel, so dass Mühleisen mit einem überhasteten Distanzwurf keine große Mühe mehr hatte. Es sollte allerdings eine der wenigen Szenen bleiben, in denen die Gmünder Abwehr zur gewohnten Stabilität fand. Mit der Pausensirene kam der TVB II abermals zum Anschluss, direkt nach Wiederanpfiff traf Maurice Widmaier zum 13:13 (31.) – die Partie war wieder völlig offen.
Die Hausherren mussten sich sogar bei ihrem Schlussmann bedanken, dass sie nicht sogar in Rückstand gerieten. Mit einem starken Reflex entschärfte Mühleisen einen kraftvollen Wurf von Fabian Kornmann. Die Jets bemühten sich, die Kontrolle zurückzugewinnen. Doch im stehenden Angriff fehlten die Ideen und die Kreativität. Als Einzelkämpfer am Kreis musste Stephan Mühleisen kräftig einstecken. Erst als Aaron Fröhlich und Bächle nur wenige Sekunden darauf per Konter auf 18:16 (40.) stellten, kehrte ein wenig Sicherheit zurück. Zweimal nacheinander hatten die Gäste nun Pech mit Aluminiumtreffern, im Gegenzug erhöhten Zimmermann und Marian Rascher auf 20:16 (43.). Nach zuvor zwei Fehlwürfen traf Bächle mit einem sehenswerten Dreher zum 22:19 (48.). Dass der TSB insgesamt 12 Tore über seine schnellen Außen erzielte, zählte zu den wenigen Aspekten, die den Trainer zufriedenstellten.
Denn anstatt die Partie nun frühzeitig zu entscheiden, erzeugten die Gmünder in einer hitzigen Schlussphase neue Spannung. Auf Daniel Mühleisen war zwar weiterhin Verlass, doch sein Gegenüber Sdunek war im Torhüterduell längst auf Augenhöhe. Zumal sich der TSB immer durch einfache Fehler in die Bredouille brachte. Bächle traf lediglich ins Außennetz, ein misslungener Pass von Nicola Rascher landete im Seitenaus und prompt schnupperte Bittenfeld beim 25:24 (56.) wieder an einem späten Punktgewinn. „In vielen Zweikämpfen suchen wir gar keinen Kontakt und der Gegenspieler geht einfach an uns vorbei“, bemängelte Oprea die Abwehrleistung, die 90 Sekunden vor dem Ende mit dem Ausgleich bestraft wurde.
Marian Rascher nutzte ein feines Anspiel von Tom Abt, um den TSB in der Schlussminute mit 27:26 in Führung zu werfen. Daraufhin kassierten die Gmünder aber zum dritten Mal in Folge ein beinahe identisches Gegentor, als Alexander Bischoff den Ball am Kreis annehmen und zum 27:27 abschließen durfte. Sehr zum Missfallen von Oprea: „Einmal kann das passieren, aber beim dritten Mal muss ich mich als Abwehrspieler doch hinterfragen, warum ich nicht lieber die Zweiminutenstrafe absitze.“ Somit braucht es eine Extraportion Glück, um sich den Sieg zu sichern. Im letzten Angriff fand Stephan Mühleisen erneut in Sdunek seinen Meister, der den Ball ins Seitenaus abwehrte. Zimmermann reagierte am schnellsten und bediente Fröhlich. Mit einem schnell ausgeführten Wurf mitten durch zwei Verteidiger und Sduneks Beine hindurch sorgte der Kapitän für den „Lucky Punch“ direkt vor Ertönen der Schlusssirene.
Nach einem insgesamt allerdings wenig zufriedenstellenden Auftritt nimmt der Trainer seine Spieler nun in die Pflicht. „Ich weiß, dass einige wichtige Spieler auf dem Zahnfleisch laufen, deshalb müssen wir auf den letzten Metern nochmal kräftig beißen“, fordert Oprea. Gleichzeitig besteht für ihn die Hoffnung, dass Fröhlichs später Siegtreffer noch einmal die nötigen Kräfte für die verbleibenden beiden Partien freisetzt. Kommenden Samstag (20 Uhr) gastiert der TSB beim bereits abgestiegenen TSV Schmiden, zum Saisonfinale eine Woche später kommt der Tabellendritte SG H2Ku Herrenberg in die Großen Sporthalle. „Wir wollen jeden Moment zusammen genießen und das Beste herausholen“, so lautet der Wunsch des scheidenden Trainers: „Denn immerhin werden wir in dieser Konstellation als Mannschaft künftig nicht mehr zusammen sein.“
TSB: Daniel Mühleisen, Devin Immer (n.e.) – Wolfgang Bächle (8), Nicola Rascher (5), Marian Rascher (5/2), Aaron Fröhlich (4), Eric Zimmermann (4), Stephan Mühleisen (1), Sven Petersen (1), Tom Abt, Christian Waibel, Philipp Schwenk, Valentin Pick (n.e.), Arian Pleißner (n.e.), Louis Waldraff (n.e.), Florian Krazer (n.e.)
TVB II: Daniel Sdunek, Sebastian Rica-Kovac – Alexander Bischoff (6), Dario Uskok (6), Fabian Kornmann (5), Yannick Wissmann (4/3), Johannes Theurer (2), Maurice Widmaier (1), Sebastian Luithardt (1), Sören Winger (1), Michael Seiz (1), Finn Eberle, Felix Hoffmann, Fabian Lucas, Philipp Porges
Siebenmeter: TSB 2/2 – TVB 6/3
Zeitstrafen: TSB 6 Minuten – TVB 8 Minuten
Schiedsrichter: Daniel Fischer (HSG Bruchsal/Untergrombach), Julian Herrmann (Rhein-Neckar Löwen)
Zuschauer: 300
(Text: Nico Schoch - Bilder: Enrico Immer)