Der Torhunger ist zurückgekehrt. Im Nachholspiel gegen den Tabellennachbarn TSV Weinsberg zeigt der TSB Gmünd genau die offensive Effizienz, die er vier Tage zuvor bei der unnötigen Niederlage gegen Schutterwald vermissen ließ und setzt mit einem klaren 39:32 (20:17) ein weiteres Ausrufezeichen.
Die Chance auf den Aufstieg ist sowohl für den TSB als auch für Weinsberg längst nur noch theoretischer Natur, doch der Tabellenvierte und -fünfte begeisterten durch ein hochklassiges Spiel mit offenem Visier. Schon früh zeichnete sich dabei ab, dass es der Abend von Eric Zimmermann werden sollte. Mit zehn Toren war der Linksaußen am Ende der erfolgreichste Gmünder Schütze. Die vergangenen Wochen allerdings waren nicht einfach gewesen für den erst 19-Jährigen, der auch beim vorherigen Heimspiel gegen Schutterwald (24:25) eine ganze Handvoll an Chancen hatte liegen lassen. „Eine solche Phase gehört zu seiner Entwicklung einfach dazu, daraus muss er lernen“, meint Trainer Dragoș Oprea. Der langjährige Bundesliga-Linksaußen hatte sich das Talent daher bewusst zur Seite genommen, um einige Gespräche zu führen: „Ich habe schon gemerkt, dass Eric sehr angespannt war. Ob man will oder nicht, die letzten Spiele hat man immer ein bisschen im Hinterkopf. Deshalb habe ich ihm gesagt, dass er all das vergessen und dieses Spiel genießen soll.“
Das Vertrauen sollte sich auszahlen. Den ersten Gästetreffer egalisierte Zimmermann prompt (2.), dennoch lief es für die Gmünder zunächst überhaupt nicht nach Plan. Weinsberg war heiß auf eine Revanche für die herbe 28:34-Hinspielniederlage vom November, die der TSB dem damals noch ungeschlagenen Spitzenreiter zugefügt hatte. Kaum fanden die Hausherren Zugriff auf den stärksten Angriff der Liga, bei dem Linkshänder Moritz Wahl (11 Tore) herausragte. In der Anfangsphase war es vor allem Spielmacher Sven König, der den Gmündern die meisten Probleme bereitet und gemeinsam mit seinem Bruder Jan den 3:6-Zwischenstand (8.) herstellte. Zimmermann sowie Sven Petersen hielten den TSB zumindest in Schlagdistanz. „Es hat wieder einige Zeit gebraucht, bis unser Mittelblock richtig funktioniert hat und wir waren insgesamt nicht aktiv genug“, haderte Oprea. Erst mit der Hereinnahme von Stephan Mühleisen kam die nötige Stabilität zurück. Mit einer Doppelparade gegen Sven König sowie den Nachwurf von Timon Ströbel war dann auch Keeper Daniel Mühleisen vollständig in der Partie angekommen, im direkten Gegenzug brachte Wolfgang Bächle den TSB auf 10:11 (18.) heran.
Die Leistungssteigerung in der Abwehr brachte die Wende, der TSB fand immer mehr zu seinem gewohnten Spiel zurück. Durch einen Doppelpack sorgte der von Nicola Rascher glänzend in Szene gesetzte Stephan Mühleisen beim 13:12 (22.) erstmals für die Führung. Bis zum 15:15 (25.) konnte Weinsberg mithalten, danach zogen die Gmünder durch ihr konsequentes Konterspiel davon. Immer wieder wurde Zimmermann in Szene gesetzt, der mit der Pausensirene zum umjubelten 20:17 (30.) traf. „Wir haben den Gegner dann im Griff gehabt und nach Ballgewinnen die leichten Tore gemacht – das war der Schlüssel“, so Oprea, der seinem Kreisläufer Mühleisen ein Sonderlob aussprach: „Die Zusammenarbeit im Mittelblock mit Nico und Marian Rascher hat sehr gut funktioniert. Im Angriff hat er wichtige Tore gemacht und auch die Siebenmeter herausgeholt.“ Bestnoten verdienten sich allerdings auch Marian Rascher, der alle sechs Strafwürfe gewohnt zuverlässig verwandelte, sowie Rückhalt Daniel Mühleisen. Dass Oprea dessen starke 19 Paraden als „normale Leistung“ bezeichnet, spricht für sich: „Das ist das Niveau, auf dem er sich bewegen kann. Doch er muss noch stabiler werden und an der Konstanz weiterarbeiten, auch perspektivisch für die nächsten Jahre.“
Der Stammtorwart war maßgeblich dafür verantwortlich, dass der TSB den Heimsieg gegen Weinsberg bereits früh in der zweiten Hälfte in trockene Tücher brachten. Nachdem Zimmermann und Marian Rascher im Konterspiel einen Fünf Tore-Vorsprung erzielten, die Gäste aber rasch auf 22:19 (33.) verkürzten, parierte Mühleisen zum genau richtigen Zeitpunkt einen Strafwurf von Sven König. Seine Vorderleute begannen daraufhin schon zu zaubern, Zimmermann verwandelte einen von Nicola Rascher eingeleiteten Kempa-Trick zum 23:19 (34.). Als Bächle eine Minute später erhöhte, hatte der TSB bereits genauso viele Tore erzielt wie vier Tage zuvor bei der unnötigen Niederlage gegen Schutterwald, gab sich damit aber noch längst nicht zufrieden. Die 200 Zuschauer, darunter auch der aktuell verletzte Nationalspieler Sebastian Heymann von Frisch Auf Göppingen, bekamen weiterhin ein Offensivspektakel zu sehen. Als König einen weiteren Siebenmeter an den Pfosten setzte, schwanden bei den Gästen zunehmend Glaube und Kraft – immerhin mussten sie bereits zwei Tage zuvor ein Nachholspiel gegen Schutterwald (34:26) bestreiten.
Der TSB hatte die größeren Energiereserven und blieb kaltschnäuzig. Mit einer Manndeckung wurde Sven König aus dem Spiel genommen. Als Mühleisen einen Lupferversuch von Ströbel locker abfing und Zimmermann im Tempo-Gegenstoß sein zehntes Tor zum 30:23 (43.) markierte, waren bereits alle Zweifel an einem souveränen Heimerfolg beseitigt. Bis auf 37:28 (55.) schraubten die Gmünder das Ergebnis in die Höhe. „Wir hätten vielleicht auch mit über zehn Toren gewinnen können“, vermisste Oprea in der Schlussphase die letzte Konzentration im Angriff. Der Trainer nutzte die Gelegenheit, um all seinen Akteuren noch ein wenig Spielzeit zu gönnen. Der A-Jugendliche Arian Pleißner konnte sich noch zweimal in die Torschützenliste eintragen, darunter ein zweiter Kempa-Trick zum 38:29 (57.). Zwischen den Pfosten konnte sich Youngster Devin Immer auszeichnen, indem er zwei freie Würfe von Leo Magdic entschärfte.
Obwohl die Gmünder den 40.Treffer knapp verpassten, durften sie eines ihrer besten Heimspiele in dieser Saison bejubeln. „Die Grundtugenden – kämpfen, laufen und den Sieg unbedingt wollen – haben wir verkörpert, wenn auch nicht von Anfang an“, zog Oprea ein zufriedenes Fazit. Den vierten Platz hat der TSB (32:18 Punkte) eindrucksvoll gegenüber Weinsberg (30:20) verteidigt, für die verbleibenden fünf Saisonspiele rechnet man sich dennoch noch einiges aus. „Wir haben Weinsberg und Baden-Baden, die beide lange Zeit der Primus waren, zweimal geschlagen“, rechnet der Trainer vor. Aktuell liegt die SG Köndringen/Teningen (41:7) beinahe uneinholbar an der Spitze und kommt am 08.Mai in die Große Sporthalle.
Vor diesem Gipfeltreffen liegen allerdings noch eine zweiwöchige Spielpause und die weite Auswärtsfahrt zum Tabellenzwölften TSV Birkenau am 30.April (20 Uhr / Langenberg-Sporthalle). Für Oprea ist es ein „Schlüsselspiel in der Endphase“. Nicht noch einmal wollen die Gmünder gegen einen vermeintlich schwächeren Kontrahenten Punkte liegen lassen. „Ich hätte auf jeden Fall gerne sofort weitergespielt“, grinst der Trainer: „Doch die Jungs haben sich durch diesen Sieg einige freie Tage verdient. Wir werden uns trotzdem gezielt vorbereiten, um genau dort zu bleiben wo wir aktuell stehen – auf dem vierten Platz.“
TSB: Daniel Mühleisen, Devin Immer – Eric Zimmermann (10), Marian Rascher (9/6), Stephan Mühleisen (6), Wolfgang Bächle (4), Sven Petersen (3), Nicola Rascher (2), Arian Pleißner (2), Tom Abt (1), Aaron Fröhlich (1), Jonas Waldenmaier (1), Christian Waibel, Patrick Watzl, Valentin Pick
TSV: Adrian Zügel, Kasim Sendic – Moritz Wahl (11), Sven König (5/1), Maximilian Schulze (3), Jan König (3), Timon Ströbel (2), Moritz-Lukas Lanig (2), Luca Kazmeier (2/1), Felix Hofacker (1), Simon Schrempf (1), Robin Pech (1), Leo Leonardo Magdic (1)
Siebenmeter: TSB 6/6 – TSV 4/2
Zeitstrafen: TSB 12 Minuten – TSV 8 Minuten
Schiedsrichter: Sebastian von Briel, Dr. Dirk Baustert (TSV Freiburg-Zähringen)
Zuschauer: 200
(Text: Nico Schoch – Bilder: Enrico Immer)