„Das Maximale herausholen“: Oprea denkt nur von Spiel zu Spiel

Der TSB Gmünd empfängt mit dem TSV Weinsberg nicht nur den besten Angriff der Liga, sondern auch den Ex-Verein seines künftigen Trainers. Das allerdings spielt beim Verfolgerduell am Gründonnerstag (20:30 Uhr / Große Sporthalle) nur eine Nebenrolle. Für die „Jets“ geht es um Platz vier und die eigene Heimbilanz.


Am Dienstagabend haben sie beim TSB Gmünd ganz genau hingeschaut auf die Begegnung zwischen ihrem vergangenen und kommenden Gegner – eines von vielen Nachholspielen, welches Corona den Oberligisten beschert hat. Eindrucksvoll machte der TSV Weinsberg den Gmündern vor, wie man den TuS Schutterwald bezwingen kann. „Ich habe nichts anderes erwartet“, zeigte sich Dragoș Oprea nach dem souveränen 34:26-Erfolg der Weinsberger, die nun ebenso wie der TSB 30:18 Punkte vorweisen können.
Verflogen ist beim TSB-Trainer inzwischen der Ärger über den enormen Chancenwucher, den sich seine Mannschaft am Samstagabend geleistet hatte. „Ohne den Gegner schlecht machen zu wollen, wir hätten locker mit zehn Toren Unterschied gewinnen müssen“, blickt Oprea auf die 24:25-Schlappe gegen Abstiegskandidat Schutterwald zurück. Aus ihren 44 Würfen machten die Gmünder viel zu wenig, ein bisschen Pech mit einigen Latten- und Pfostentreffern kam dazu. „In Summe ist das einfach zu viel“, hält Oprea nach diesem gleichermaßen unerwarteten wie ärgerlichen Punktverlust fest: „Durch unsere Fehler und Undiszipliniertheit haben wir den Gegner, der sicherlich kein schlechter war, ins Spiel kommen lassen. Damit ist dazu genug gesagt.“
Davon, dass es im Nachholspiel gegen Weinsberg nun um Wiedergutmachung gehen würde, davon will der langjährige Bundesligaprofi allerdings nichts wissen. „Wiedergutmachung für was?“, fragt sich Oprea: „Die Jungs haben nicht absichtlich zwanzig Mal verworfen und verloren. Wir haben alles gegeben, aber an diesem Tag hat es einfach nicht funktioniert.“ Wobei auch der Übungsleiter nie verschwiegen hat, dass er mit der eigenen Heimbilanz nicht ganz zufrieden ist: Erst fünf Siege in elf Auftritten vor eigenem Publikum sind zu wenig – das soll sich am Donnerstagabend ändern.
Allerdings kommt ein echter Brocken auf den TSB zu. Bis in den November hinein waren die Weinsberger das Maß aller Dinge, bevor ersatzgeschwächte Gmünder dem damaligen Spitzenreiter mit einem furiosen 34:28-Auswärtserfolg die erste Niederlage zufügten. „Danach hatten sie einen Hänger, denn es kamen auch einige Verletzungen hinzu“, weiß Oprea. Sechs der ersten zehn Spiele nach dem Jahreswechsel verlor der TSV, rutschte bis auf Rang acht ab und trennte sich von seinem Trainer Michael Stettner. Der 38-Jährige, der ab Sommer den TSB übernehmen wird, hatte aufgrund interner Querelen zuvor schon seinen Rücktritt zum Saisonende angekündigt.
Die zwischenzeitliche Unruhe beim Gegner lässt Oprea, den es bekanntlich zum Drittligisten TSB Heilbronn-Horkheim zieht, indes kalt. „Ich habe genug damit zu tun, mich mit unserer Vorbereitung zu beschäftigen. Denn wir wissen, was wir leisten mussten, um Weinsberg im Hinspiel zu dominieren und zu bezwingen.“ Zumal Edin Hadzimuhamedovic, der Interimscoach der Gäste, inzwischen einige neue Impulse gesetzt habe. Genau 800 Treffer aus 24 Partien verdeutlichen sofort, wo die Stärke des sehr ausgeglichenen und erfahrenen Teams liegt: In der pro Spiel gesehen mit Abstand besten Offensive der Liga. 33 Mal im Schnitt pro Partie ist der TSV erfolgreich. Fast die Hälfte davon geht auf das Konto von Rückraumschütze Moritz Wahl (136 Saisontore), Spielmacher Sven König (124) und Kreisläufer Moritz Lanig (106). „Sie sind auf allen Positionen doppelt gut besetzt“, verweist Oprea außerdem auf die flinken Außenspieler des TSV.
Mit ein Grund dafür, dass sich der TSB-Coach vehement gegen die Favoritenrolle wehrt. „Wir müssen auch ein bisschen langsam machen und realistisch bleiben“, mahnt der seit kurzem 40-Jährige zur Demut. Der dritte Platz oder gar der Aufstieg sind für ihn gar kein Thema: „Beim genauen Blick auf die Tabelle sieht man auch, wie weit weg wir davon sind und was alles passieren müsste.“ Nach Minuspunkten haben Baden-Baden (35:11 Punkte) und Herrenberg (33:13) derzeit klar die Nase vorne, Spitzenreiter Köndringen/Teningen (39:7) zieht ohnehin längst einsam seine Kreise. „Wenn uns zu Beginn der Saison jemand gesagt hätte, dass wir Anfang April mit 30 Punkten auf dem vierten Platz stehen, dann hätte ich das sofort unterschrieben“, sieht Oprea überhaupt keinen Grund, um vom eingeschlagenen Weg abzuweichen: „Wir schauen nur von Spiel zu Spiel, das ist nicht einfach nur eine Floskel. Wir werden jedenfalls keine unrealistischen Gedanken in den Raum werfen.“
Das soll aber keinesfalls bedeuten, dass die verbleibenden sechs Spiele von Opreas Amtszeit für den TSB vollkommen unbedeutend geworden sind. „Es geht darum das Maximale herauszuholen“, betont der scheidende Trainer. Das Maximum könne jeder so definieren, wie er wolle – ob nach Punkten, der Platzierung oder der eigenen Leistung. Das Verfolgerduell gegen Weinsberg ist zwar auf dem Papier ein Schlüsselspiel, um den vierten Platz zu verteidigen: „Aber vor allem geht es darum, die nächsten zwei Punkte einzufahren.“ Ob es dabei kräftemäßig von Vorteil ist, dass Weinsberg zum zweiten Mal innerhalb von drei Tagen antreten muss. „Das interessiert mich nicht“, meint Oprea nur und fügt an: „Wir haben es oft genug bewiesen und wissen selbst, zu welchen Leistungen wir fähig sind.“
Personell kann der Trainer jedenfalls aus den Vollen schöpfen – mit Ausnahme des verletzten Torhüters Sebastian Fabian. Bei Kapitän Aaron Fröhlich, der gegen Schutterwald zuletzt gar nicht zum Einsatz kam, ist er „guter Dinge, dass er uns am Donnerstag helfen wird.“ Vor allem will der TSB dann wieder sein eigenes Publikum begeistern und das nicht nur mit einer besseren Trefferquote. Nachdem sämtliche Corona-Beschränkungen weggefallen sind, hoffen die Gmünder auf eine volle Halle. Für Familien mit Kindern wird eigens ein Spielplatz mit Parcour hinter dem Tornetz aufgebaut. Es ist also alles angerichtet für ein großes Handballfest vor dem Osterfest.
 
TSB: Daniel Mühleisen, Devin Immer – Patrick Watzl, Sven Petersen, Tom Abt, Marian Rascher, Nicola Rascher, Aaron Fröhlich, Philipp Schwenk, Valentin Pick, Arian Pleißner, Wolfgang Bächle, Eric Zimmermann, Christian Waibel, Kai Kiesel, Jonas Waldenmaier, Stephan Mühleisen

Bisherige Duelle (aus TSB-Sicht): 7 Siege, 5 Niederlagen



(Text: Nico Schoch - Bilder: Enrico Immer, TSV Weinsberg)