Die Mannschaft besteht den Charakter-Test mit Bravour

Der TSB Gmünd trotzt weiterhin der Personalnot und schenkt seinem Publikum den zweiten Heimsieg. Souverän bezwingt das Oprea-Team den TSV Zizishausen mit 34:25 (17:15) und darf als Tabellenfünfter ungeahnte Höhenluft schnuppern.

Ein viel besagtes Klischee im Amateurhandball lautet: Die Außenspieler sind diejenigen, die viel laufen und winken, am Ende aber doch keinen Ball bekommen. Ganz anders hingegen beim TSB Gmünd. Das Spiel über die Flügel ist derzeit ein großer Erfolgsfaktor für die „Jets“. Linksaußen Eric Zimmermann, im Sommer aus der A-Jugend von Frisch Auf Göppingen neu hinzugestoßen, ist ohnehin längst ein großer Gewinn und aktuell der zweitbeste TSB-Torschütze. Gleichzeitig ist Eigengewächs Patrick Watzl am Samstagabend endgültig angekommen in der für ihn ungewohnten Rolle als Rechtsaußen. Wohlgemerkt: Beide sind erst 19 Jahre jung – aber maßgeblich verantwortlich dafür, dass die Gmünder trotz ihrer anhaltenden Verletzungsmisere seit vier Partien ungeschlagen sind. Mit Wolfgang Bächle, Aaron Fröhlich, Jonas Waldenmaier und Nicola Rascher fehlten Trainer Dragoș Oprea abermals vier etablierte Spieler. Stattdessen ragte das Duo Zimmermann/Watzl mit 14 Toren heraus und ebnete damit den Weg zum souveränen 34:25-Heimerfolg gegen den Tabellendrittletzten. Was Oprea besonders imponierte: „Die gesamte Mannschaft hat aus 45 Angriffen 34 Tore erzielt. Unsere Wurfquote wird immer besser und besser.“
Sechs Spieler unter 20 Jahren standen im Kader des TSB, der durch Sven Petersen und Eric Zimmermann rasch ein 2:0 (2.) vorlegte. Durch das Tor von Kreisläufer Stephan Mühleisen, der nach überstandener Grippe zurückgekehrte, war beim 9:5 (13.) erstmals ein kleines Polster erarbeitet. Tom Abt erhöhte sogar auf 11:6 (16.). Doch die Gäste nutzen eine Schwächephase der Jets, um auf 12:10 (20.) zu verkürzen. Folgerichtig nahm Oprea die Auszeit, ärgerte er sich doch immens über die mangelnde Konzentration: „Nach unserem guten Start haben wir Zizishausen durch unsere eigenen Fehler wieder ins Spiel kommen lassen. Wir waren nicht so stabil in der Abwehr, wie wir es uns wünschen und haben unsere Absprachen nicht eingehalten.“ Beim 13:12 (24.) und 15:14 (27.) lag Zizishausen auf Tuchfühlung. Mit seinem bereits fünften Treffer rettete Zimmermann dem TSB eine 17:15-Führung in die Pause.
Hatten die Gmünder zuvor noch für unnötige Spannung gesorgt, gewannen sie die Spielkontrolle nach dem Seitenwechsel wieder vollständig zurück. Der Start in die zweite Hälfte hätte mit einem 6:1-Lauf kaum besser gelingen können. Nach dem 18:16 (31.) blieb der TSB zehn Minuten am Stück ohne Gegentreffer und zog auf 23:16 (42.) davon. Sicherheit brachte insbesondere der defensive Mittelblock mit Philipp Schwenk und Christian Waibel, die Gegenstöße nutzte allen voran Zimmermann immer wieder zu einfachen Torerfolgen. Pech hingegen hatte Tormann Sebastian Fabian, dessen Distanzwurf aufs verwaiste Gehäuse der Gäste an den Pfosten klatschte. Immer wieder war es Petersen, der im rechten Rückraum die Räume nutzte und auch Nebenmann Watzl in Szene setzte. Durch drei Tore in Folge zum 30:21 (50.) machte der TSB vorzeitig den Deckel drauf, Abt sorgte kurz darauf sogar erstmals für einen Zehn Tore-Vorsprung.
In der Schlussphase stand beinahe die komplette letztjährige A-Jugend des TSB auf dem Feld: Zwischen Valentin Pick, Kai Kiesel und Arian Pleißner war der 23-jährige Petersen mit Abstand der Älteste. „Wir haben das Level weiter oben gehalten und taktisch diszipliniert gespielt“, lobte Oprea. Besonders Pick setzte das als Spielmacher glänzend um und traf selbst zum 33:24 (56.). Dass die Nachwuchstalente frühzeitig Verantwortung übernehmen müssen, ist der schöne Nebeneffekt an der Personalnot. „Trotz ihren jungen Alter sind alle schon enorm wertvoll für uns“, betonte Oprea: „Sie haben in der kurzen Zeit einige Schritte nach vorne gemacht. Diese Entwicklung zu beobachten, ist einfach toll.“ Ruhig und abgeklärt war es dann auch, wie Watzl den 34:25-Endstand herstellte.
Arm in Arm hüpften die Jets im Klatschtakt der 400 Zuschauer durch die Halle und feierten ihren zweiten Heimsieg. „Wir haben die Leidenschaft und die Emotionen auf die Tribüne übertragen, die Zuschauer haben sich davon anstecken lassen“, freute sich der Trainer darüber, dass die Fans dem TSB trotz 2G-Regelung treu bleiben: „Diese Unterstützung tut uns enorm gut. Ich fiebere heute schon dem Tag entgegen, an dem wir endlich mal wieder 1000 Leute in der Halle begrüßen können.“
Zunächst aber genießen die Jets den Moment, zu dem auch der fünfte Tabellenplatz gehört. „Wir befinden uns auf der Erfolgswelle“, hält Oprea fest: „Doch das ist kein Glück. Dahinter steckt viel Arbeit, Taktik und Disziplin.“ Mit dem deutlichen Sieg über Zizishausen habe sein Team nochmals einen Charaktertest bestanden: „Immer wieder diese Ausfälle zu kompensieren, kostet noch mehr Kraft, da einige Spieler fast 60 Minuten lang ohne Pause ackern müssen. Doch die Jungs machen das überragend.“
Ab Montag richtet sich der Blick beim TSB dann in Richtung Schutterwald – in der Hoffnung, dass sich die personelle Lage bis zum Samstagabend verbessert. Der südbadische Traditionsverein befindet sich als Tabellenzwölfter tief im Abstiegskampf und steht entsprechend unter Zugzwang – ganz anders als die Gmünder. „Wir stehen nicht unter Druck, aber unsere Siegermentalität pusht uns“, erklärt Oprea: „Diese breite Brust und dieses Selbstbewusstsein, das wir aktuell ausstrahlen, haben wir uns erarbeitet. Das wollen wir solange wie nur möglich beibehalten und auf der Welle weiterreiten.“
TSB: Daniel Mühleisen, Sebastian Fabian – Sven Petersen (8), Eric Zimmermann (8), Patrick Watzl (6), Stephan Mühleisen (3), Tom Abt (3), Marian Rascher (3/3), Philipp Schwenk (2), Valentin Pick (1), Christian Waibel, Kai Kiesel, Arian Pleißner
TSV: Nicolai Gross – Matthias Götz (4), Moritz Müller (4), Lennard Müller (4/1), Laurin Rapp (3), Patrick Weber (3), Peer Wisst (2), Kai Schäffner (2), Maximilian Schmid-Ungerer (2), Leon Lohmann (1), Niklas Grote, Simon Dudium, Stefan Müller, Dominik Keim, Niklas Müller, Jonas Jacobs
Siebenmeter: TSB 3/3 – TSV 1/1
Zeitstrafen: TSB 2 Minuten – TSV 4 Minuten
Schiedsrichter: Moritz Laufenberg, Matthias Schwarz (TV Vaihingen/Enz)
Zuschauer: 400


Interview: „Die Nachwuchsspieler sind ein ganz wichtiger Faktor“
Den Ausfall von nicht weniger als vier Stammkräften muss der TSB Gmünd derzeit verschmerzen. Dennoch setzte sich der Erfolgslauf der „Jets“ mit dem 34:25-Heimerfolg gegen Zizishausen am Samstagabend unvermittelt fort. Das freut den Sportlichen Leiter Jürgen Rilli, der im Gespräch mit Nico Schoch besonders die Entwicklung der jungen Spieler hervorhebt.
 
Jürgen, hättest du angesichts der anhaltenden Verletzungsmisere mit einem solch deutlichen Sieg gerechnet?
 
Fairerweise muss man sagen, dass auch Zizishausen geschwächt war. Die Personallage war auf beiden Seiten sehr angespannt. Unser klarer Vorteil ist, dass aufgrund der Ausfälle unsere Nachwuchsspieler nun umso mehr zum Zuge kommen. Dadurch haben auch die etablierten Spieler mehr Freiheiten. Ein Sven Petersen zum Beispiel wird in der Abwehr von Patrick Watzl entlastet und kommt im Angriffsspiel richtig in Schuss. Patrick und Eric Zimmermann haben auf den Außenpositionen ebenfalls ein starkes Spiel gezeigt. Zwar war Nico Rascher nicht dabei, stattdessen kommt Tom Abt immer besser in Schwung. Dass die Jungen diese Impulse setzen, ist ein ganz wichtiger Faktor.
 
Mit 11:7 Punkten aus neun Spielen ist der Saisonstart geglückt, oder?
 
Absolut. Wir sind sogar über unserem Soll. Denn wir holen nicht nur die Punkte, sondern spielen auch richtig schönen Handball. Ich will das Thema nicht überstrapazieren, aber wenn ich sehe welche Spieler uns fehlen, das ist schon brutal. Deshalb freut es mich umso mehr, dass uns gerade die jungen Spieler in dieser schwierigen Phase so enorm weiterbringen. Wenn wir endlich mal wieder mit voller Kapelle antreten können, dann besitzen wir noch viel mehr Möglichkeiten.
 
Ein Spieler, der zu Saisonbeginn gar nicht so richtig für das Oberliga-Team eingeplant war, tut dem TSB aktuell richtig gut. Wie froh bist du über die Rückkehr von Philipp Schwenk?
 
Wir haben mit ihm nicht nur eine Alternative für die Abwehr gefunden. Er nimmt eine ganz wichtige Rolle ein, hat in der vergangenen Woche sogar am Kreis ausgeholfen und das hervorragend gemacht. Seine Erfahrung und sein Spielverständnis sind besonders für die Entwicklung der jungen Spieler förderlich.
 
Beschäftigst du dich auch aufgrund der angespannten Personalsituation mit Neuzugängen?
 
Ein Sportlicher Leiter muss immer schauen, was der Markt hergibt. Doch am jetzigen Kader will ich möglichst wenig verändern. Stand jetzt wird sich nichts tun.
 
Kommenden Samstag geht es zum TuS Schutterwald, der im Abstiegskampf mächtig unter Druck steht– ganz anders als der TSB. Eine schöne Ausgangslage?
 
Auf jeden Fall. Vor allem weil ich weiß, dass die Mannschaft und der Trainer nichts herschenken und das Beste abrufen werden. Schutterwald ist allerdings heimstark und trotz der deutlichen Niederlage gegen Köndringen auf einem guten Weg. Dort herrscht eine eigene Atmosphäre, sie haben sehr enthusiastische Fans. Deshalb wird es für uns nicht einfach. Aber der Gegner steht natürlich deutlich mehr unter Druck als wir, das stimmt.

(Text: Nico Schoch - Bilder: Enrico Immer, Jörg Frenze)