Mehr Spannung als unbedingt nötig: Erster Saisonsieg für die Jets

Dem TSB Gmünd gelingt in eigener Halle der ersehnte Befreiungsschlag. Beim 32:30 (18:13) gegen den TV Weilstetten müssen die Jets aber bis in die Schlussminute hinein zittern. Mit zwölf Toren war Nicola Rascher der entscheidende Akteur.

Es war ein nervenaufreibender Sieg. Es war ein teurer Sieg. Vor allen Dingen aber war es ein immens wertvoller Sieg. „Diese zwei Punkte sind sehr gut für die Moral meiner Mannschaft“, resümierte Dragoș Oprea am Sonntagabend. Der TSB-Trainer hatte bereits in den ersten beiden Saisonspielen viele gute Ansätze gesehen, aber eben auch teils unerklärliche Schwächephasen, die ein Erfolgserlebnis gegen Heiningen (28:37) oder in Konstanz (30:34) verhinderten. „Der Lohn, den sich die Jungs nun geholt haben, war schon seit dem ersten Spieltag fällig“, fährt Oprea fort. Allerdings gab es auch einen Wermutstropfen zu beklagen. Zehn Minuten vor dem Ende verlor der TSB seinen Youngster Tom Abt. Der 19-Jährige hatte einen Schlag abbekommen und wurde mit Verdacht auf einen Nasenbeinbruch direkt in die Klinik gebracht. Unverständnis herrschte unter den 450 Zuschauer, dass es für die harte Aktion nicht einmal eine Verwarnung geschweige denn eine Zeitstrafe für den Gegenspieler gab. „Es sieht gar nicht gut aus, seine Nase ist auf halb zwölf“, berichtet Oprea und sprach deshalb von einem „teuren Sieg.“ Zumal auch schon Aaron Fröhlich aufgrund seiner Wadenprobleme derzeit ausfällt. Während der Kapitän zum Zuschauen verdammt war, trumpfte Nicola Rascher mit insgesamt 12 Toren so richtig auf.
 
Angeführt von den beiden Rascher-Brüdern dominierte der TSB die erste Halbzeit. Marian erzielte den ersten Treffer, der drei Jahre jüngere Nicola stellte mit einem Doppelschlag wenig später auf 6:3 (8.). Mit dem Tempospiel sowie dem Druck aus dem Rückraum der „Jets“ war Weilstetten in der Anfangsphase überfordert. Erst nach einer Viertelstunde fanden die Gäste allmählich in die Partie hinein. Doch nach dem 9:8-Anschlusstreffer (17.) legte der TSB wieder zu, erhöhte prompt auf 13:10 (20.). Beim 17:13 (28.) netzte Nicola Rascher bereits zum achten Mal ein. „Doch nicht nur seine Tore zielen“, wirft Oprea ein: „Sondern auch die Kompaktheit und Stabilität, die er uns in der Abwehr gegeben hat. Er hat im Mittelblock eine wichtige Rolle gespielt.“ Dass die Gmünder im ersten Durchgang nur zehn Tore aus dem Spiel heraus – hinzu kamen drei Strafwürfe, die Daniel Naumann souverän verwandelte – kassierten, spricht für die Stabilität der Abwehr. Der letzte Freiwurf des TVW landete in der Mauer und so nahm der TSB ein scheinbar bequemes Fünf Tore-Polster mit in die Kabine.
 
Doch der TSB wäre nicht der TSB ohne seine fast schon zur Gewohnheit gewordene Schwächephase nach der Pause. Es ist ein kleines Rätsel, das auch der Trainer bislang nicht zu entschlüsseln weiß. „Ich verstehe nicht, was mit uns passiert“, klagt Oprea. Denn anstatt den Vorsprung weiter auszubauen, machten sich Nachlässigkeiten breit und so kassierten die Gmünder drei Gegentore in den ersten zwei Minuten nach Wiederanpfiff. „Das soll gar nicht respektlos klingen“, betont Oprea. „Weilstetten ist eine starke Mannschaft und hat ein gutes Spiel abgeliefert. Doch wir lassen sie durch unsere eigenen Fehler wieder ins Spiel kommen.“ Wenn nicht schon beim 18:16 (32.), dann war dies spätestens beim 20:19 (41.) der Fall. Besonders im Rückzugsverhalten offenbarte der TSB bekannte Schwächen, welche Weilstetten die Räume zu schnellen und einfachen Toren öffneten. Der aus der Balinger A-Jugend gekommene Rückraumspieler Noa-Gabriel Alilovic (9 Tore) sowie Rechtsaußen Daniel Weckenmann (6) waren in dieser Phase kaum in den Griff zu bekommen.
 
Kurzzeitig zogen die Gmünder wieder davon, als Wolfgang Bächle von Rechtsaußen zum 24:20 (44.) traf. Doch so richtig gelang es dem TSB nicht, das Geschehen noch einmal zu beruhigen. Mit einem weiteren 0:3-Lauf witterten die Gäste wieder Morgenluft. Abt mit zwei Einzelaktionen stellte nochmals den Zwei Tore-Abstand her. Doch nachdem der Youngster blutend vom Feld musste (50.), drohte der zwischenzeitlich sicher geglaubte Heimerfolg aus den Händen zu gleiten. Sven Petersen und Nicola Rascher hielten zunächst die Führung aufrecht, ehe Weilstetten beim 29:29 (54.) tatsächlich den Gleichstand erzielte – erstmals seit der vierten Spielminute.
 
Doch als die Partie auf Messers Schneide stand, bewahrten die Gmünder einen kühlen Kopf. In der Abwehrzentrale überzeugte Rückkehrer Philipp Schwenk bei seinem ersten Oberliga-Einsatz nach über drei Jahren. Die entscheidenden Akzente im Angriff setzte – wer sonst? - Nicola Rascher. Sein 30:29 (56.) wurde prompt durch Felix Saueressig egalisiert. Doch als sich Rascher zwei Minuten vor Schluss entschlossen durchsetzte, holte er zusätzlich zur erneuten Führung eine Zeitstrafe gegen Alilovic heraus. In Unterzahl mussten die Gäste zu Ende spielen. Nachdem die Torhüter auf beiden Seiten zuvor nur wenig Bälle zu fassen bekommen hatten, war TSB-Keeper Daniel Mühleisen dann zum richtigen Zeitpunkt mit einer wichtigen Parade zur Stelle. Im Gegenzug machte Eric Zimmermann mit seinem sechsten Treffer den Deckel drauf. Mühleisen wiederum hielt den 32:30-Endstand und damit die ersten beiden Pluspunkte der noch jungen Saison fest.
 
Von Erleichterung wollte Oprea anschließend zwar nicht sprechen. Doch es steht außer Frage, dass allen TSBlern eine große Last von den Schultern gefallen ist. „Wir haben uns endlich belohnt, auch wenn wir uns das Leben selbst schwer gemacht haben“, resümierte der Trainer: „In den ersten 30 Minuten war zu sehen, dass es läuft, wenn sich alle an die Absprachen halten und diszipliniert spielen.“ Vor der schweren Auswärtsfahrt zum TVS 1907 Baden-Baden (Samstag, 20 Uhr) geht es für den TSB deshalb weiter darum, die eigenen Durchhänger abzustellen. Deshalb lautet Opreas nicht ganz ernst gemeinter Vorschlag: „Vielleicht machen wir in Zukunft einfach keine Pause mehr und spielen einfach direkt in der zweiten Halbzeit weiter...“
 
TSB: Sebastian Fabian, Daniel Mühleisen – Nicola Rascher (12), Sven Petersen (6), Eric Zimmermann (5), Marian Rascher (4/2), Wolfgang Bächle (2), Tom Abt (2), Jonas Waldenmaier (1), Philipp Schwenk, Stephan Mühleisen, Patrick Watzl, Valentin Pick, Arian Pleißner, Aaron Fröhlich (n.e.), Christian Waibel (n.e.)
TVW: Jens Brückner, Raphael Madlener – Noa-Gabriel Alilovic (9), Daniel Weckenmann (6), Daniel Naumann (6/4), Felix Saueressig (3), Tim Singer (3), Luk Bartsch (3), Daniel Flad, Fabian Mayer, Simon Sauter, Tim Wenzler, Nick Single, Lukas Bechinka, Jonas Lösch, Felix Narr
Siebenmeter: TSB 2/2 – TVW 4/4
Zeitstrafen: TSB 8 Minuten – TVW 8 Minuten
Schiedsrichter: Rene Gross, Andre Gross (ESV Weil am Rhein)
Zuschauer: 450

(Text: Nico Schoch - Bild: Privat)