Nach einem zwar couragierten, aber glücklosen Auswärtsauftritt schlittert der TSB Gmünd geradewegs in den Tabellenkeller der Oberliga hinein. Beim vormals punktlosen TV Bittenfeld II bezog das Klaus-Team eine 28:31 (13:16) – Niederlage. Ärgerlich vor allem deshalb, weil sich die Gmünder in einem Kopf-an-Kopf-Rennen nach der Pause mit einer Vielzahl an eigenen Fehlern um den verdienten Lohn brachten.
Der Ärger nach Spielende war groß bei den Gästen. „Wir haben gegen uns selbst verloren“, meinte Aleksa Djokic. Sein Trainer Stefan Klaus schlug in die gleiche Kerbe: „Wir haben alles probiert, am Ende war Bittenfeld aber einfach cleverer.“ Viel Aufwand, wenig Ertrag – so lässt sich der Auswärtsauftritt des TSB treffend zusammenfassen. Nur sechs Tage nach dem 37-Gegentor-Desaster in eigener Halle gegen Weilstetten sahen die mitgereisten Gmünder Fans unter den 250 Zuschauern zwar eine klare Leistungssteigerung, auch in der Abwehr. Diese genügte aber nicht, um bei der Zweitvertretung des Erstligisten zwei oder zumindest einen Punkt zu entführen. Allein die Tatsache, dass sich der TVB II auch nach der schwerwiegenden Verletzung des Wißgoldingers Simon Baumgarten (Adduktorenriss) noch auf den langjährigen Torgaranten Martin Kienzle und Bundesligatormann Nick Lehmann verlassen kann, zeugt von der individuellen Qualität des Vorjahressechsten.
Erschwerend hinzu kam für die Gmünder abermals ein verschlafener Start. Wie schon in den vorherigen drei Partien kassierte der TSB bereits in den ersten fünf Minuten fünf Gegentore und lag mit 2:5 im Hintertreffen. Mit vielen schnellen Angriffen überrumpelte der TVB die Gäste ein ums andere Mal. Beim Stand von 5:9 (15.) machte Daniel Mühleisen im Gmünder Tor Platz für Sebastian Fabian, der sich mit zwei Paraden sofort glänzend einfügte und damit die Aufholjagd einleitete. Nach drei Toren in Folge durch Leichs, Djokic und Bächle lagen die Blau-Gelben erstmals wieder in Schlagdistanz. Als große Konstante im Offensivspiel trat Djokic in Erscheinung. Immer, wenn der Neuzugang auf Linksaußen in Szene gesetzt wurde, bedeutete dies einen Treffer oder zumindest einen Strafwurf für den TSB. Mit dem 10:11 (22.) erzielte der Serbe bereits seinen siebten von insgesamt zehn Toren. Bis zum 12:13 (27.) hielten die Gmünder den Kontakt aufrecht, waren dann aber mit einfachen Ballverlusten selbst schuld daran, dass sie innerhalb kürzester Zeit wieder auf 12:16 (29.) distanziert wurden. Direkt vor der Pause hatte Aaron Fröhlich immerhin das Glück, dass sein Pfostenwurf von Lehmanns Rücken zum 13:16 ins Netz sprang.
Drei Tore Rückstand nach einer aus Gmünder Sicht durchwachsenen Hälfte waren keinesfalls uneinholbar, doch diese Differenz sollte auch nach dem Seitenwechsel der Maßstab bleiben. Kurzzeitig sah es danach aus, als ob der TSB die Wende erzwingen würde. Doch nachdem Djokic zum 18:18 ausgeglichen hatte, zogen die Hausherren mit drei Toren in Folge prompt wieder davon. Die Klaus-Sieben blieb hartnäckig und kämpfte sich erneut heran, musste aber vor allem damit hadern, dass sie zu wenig Kapital aus den zahlreichen Überzahlsituationen schlug. Nachdem TVB-Akteur Anton Heling aufgrund seiner dritten Zeitstrafe disqualifiziert wurde, gelang Thomas Grau mit einem wuchtigen Distanzwurf der Anschlusstreffer zum 22:23 (48.). Als sich wenig später Fröhlich durchsetzte und mit einem Doppelschlag für den 27:27-Gleichstand (54.) sorgte, schien sich die Geduld endlich auszuzahlen.
Dennoch gelang es dem TSB nicht, das Momentum zu nutzen und eine intensive Partie endgültig auf seine Seite zu ziehen. In einer spannenden Schlussphase ließen die Gmünder die nötige Coolness vermissen – ganz im Gegensatz zu den Bittenfeldern. Aufgrund einer Zeitstrafe gegen Jonas Waldenmaier in Unterzahl und darum mit einem zusätzlichen Feldspieler im Angriff, bot sich die große Gelegenheit, erstmals in Führung zu gehen. Ein technischer Fehler von Thomas Grau wurde aber sofort bestraft, Maurice Widmaier traf zum 28:27 ins verwaiste Gmünder Gehäuse und erhöhte im nächsten Angriff sogar auf 29:27 (56.). Nachdem Stephan Mühleisen im Gegenzug für den Anschluss sorgte und ein Treffer der Hausherren aufgrund eines Schrittfehlers von Nick Haspinger aberkannt wurde, nahm Stefan Klaus seine letzte Auszeit. Der folgende Versuch von Fröhlich, Djokic per Kempa-Trick freizuspielen, misslang allerdings völlig. Stattdessen folgte der nächste Wurf ins leere Tor – das 30:28 73 Sekunden vor dem Ende war gleichbedeutend mit der Entscheidung. Fröhlich setzte den letzten verzweifelten Versuch ins Fangnetz, daraufhin erzielte Widmaier noch den 31:28-Endstand und ließ die Bittenfelder nach einem Kraftakt über ihren ersten Saisonsieg jubeln.
Die Gmünder Aufholjagd blieb unvollendet, obwohl zumindest ein Punkt verdient gewesen wäre. Dem TSB wurde mit dieser bittere Niederlage gnadenlos aufgezeigt, dass mit einer solch hohen Zahl an individuellen Fehlern kaum ein Oberliga-Spiel zu gewinnen sein wird und sich auch der Ausfall von Sven Petersen im rechten Rückraum nicht Eins-zu-Eins kompensieren lässt. Nach drei Niederlagen aus den ersten vier Saisonspielen ist der Aufsteiger damit auf den 14.Platz abgerutscht und befindet sich frühzeitig mittendrin im Abstiegskampf. Beim punktgleichen TSV Weinsberg, der mit einer deutlichen 26:37-Schlappe aus Weilstetten zurückkehrte, wartet am kommenden Sonntag (17 Uhr / Weibertreuhalle) die nächste hohe Auswärtshürde. Von steigendem Druck will Stefan Klaus aber (noch) nichts wissen: „Wir werden uns konzentriert vorbereiten und fahren mit viel Respekt nach Weinsberg. Die Verletzungssituation macht es jetzt nicht einfacher. Aber das alles muss uns jetzt umso mehr zusammenschweißen, damit wir die Punkte holen.“
TVB II: Nick Lehmann, Fabrice Wersch – Martin Kienzle (6), Maurice Widmaier (5), Marvin Gille (5), Nick Haspinger (5), Alexander Bischoff (4), Anton Heling (2), Yannick Wissmann (2), Kai Wissmann (1), Fabian Kornmann (1), Philipp Porges, Nico Bauer
TSB: Daniel Mühleisen, Sebastian Fabian – Aleksa Djokic (10/3), Yannik Leichs (5), Aaron Fröhlich (5/1), Thomas Grau (3), Wolfgang Bächle (3), Stephan Mühleisen (1), Jonas Waldenmaier (1), Tim Albrecht, Christian Waibel
Siebenmeter: TVB 0 – TSB 6/4
Zeitstrafen: TVB 16 Minuten – TSB 6 Minuten
Rote Karte: Anton Heling (TVB/47./Dritte Zeitstrafe)
Schiedsrichter: Markus Hehn, Felix Mayer (VfL Pfullingen)
Zuschauer: 250
„Gut verkauft, aber nicht belohnt“ - Stimmen zum Spiel
Nach den zwei enttäuschenden Heimauftritten musste der TSB Gmünd nun auch in fremder Halle einen bitteren Rückschlag hinnehmen, während die Bittenfelder Bundesliga-Reserve ihr erstes Erfolgserlebnis in dieser Saison feiern durfte.
Stefan Klaus, TSB-Trainer: „Wir waren auf Tuchfühlung und das nicht nur einmal, sondern fünf- oder sechsmal. Ich habe gehofft, dass wir nach der Halbzeit das Ruder herumreißen und die Bittenfelder mehr unter Druck setzen können. Wir haben es allerdings verpasst, früher den Ausgleich zu erzielen oder ein einziges Mal in Führung zu gehen. Die Chance dazu hatten wir mehrere Male. Aufgrund zu vieler technischer Fehler haben wir das nötige Quäntchen aber nicht auf unsere Seite gebracht. Am Ende haben wir alles riskiert und das Tor verwaist gelassen. Bittenfeld hat gut reagiert und einfach cleverer gespielt. So enttäuscht ich natürlich bin, ist der Sieg für den TVB deshalb nicht unverdient. Trotz alledem müssen wir die Köpfe hochnehmen, wir haben viele gute Sachen gezeigt. Wir haben uns insgesamt gut verkauft, aber einfach nicht belohnt.“
Thomas Randi, TVB II – Trainer: „Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen. Ich hatte immer das Gefühl, die Gmünder kommen ran und ein wenig Angst, dass wir die Kontrolle verlieren, wenn sie in Führung gehen. Doch wir haben immer die Ruhe bewahrt, das war der Schlüssel zum Sieg. Am Ende sind wir ein Stück weit die Glücklicheren, doch wenn man den Spielverlauf betrachtet, geht unser Sieg in Ordnung. Ich bin verdammt stolz darauf, was meine Jungs abgeliefert haben. Wir genießen jetzt erst einmal den Moment, dass wir die ersten beiden Punkte geholt haben.“
Aleksa Djokic, bester TSB-Torschütze: „Das ist keine schöne Situation für uns. Wir haben gegen uns selbst verloren. Der Gegner war auch stark, gar keine Frage. Natürlich haben wir alles gegeben, aber zu viele technische Fehler im Angriff gemacht und in Überzahl zu hektisch gespielt.“
Sebastian Fabian, TSB-Tormann: „Die vielen Abpraller sind absolut unglücklich für uns, die vielen Kontergegentore am Ende das Entscheidende. Wir müssen versuchen, diese einfachen Fehler abzustellen. Aber viele Abläufe funktionieren einfach noch nicht so, wie wir es uns wünschen. Nichtsdestotrotz es sind erst vier Spiele gespielt, wir brauchen jetzt nicht alles schlecht zu reden. In Weinsberg erwartet uns ein schweres Spiel, in dem wir unbedingt den nächsten Sieg holen wollen.“
Jonas Waldenmaier, TSB-Kreisläufer: „Den Willen kann man uns nicht absprechen. Jeder hat gesehen, dass wir bis zum Ende gekämpft haben. Doch immer wenn wir dran waren, dann haben uns die letzten drei Prozent gefehlt. Wir treten immer noch zu unkonstant auf und haben immer wieder fünf Minuten, in denen wir nichts auf die Reihe bekommen. Teils im Angriff, wo wir die Bälle wegwerfen, oder in der Abwehr, wo wir nicht bereit sind, den letzten nötigen Schritt zu gehen.“
Aaron Fröhlich, TSB-Spielmacher: „Diese Niederlage möchte ich gar nicht an der Abwehr festmachen. Wir haben in einem ziemlich schnellen Spiel 31 Tore kassiert, das ist nicht allzu problematisch. Aber im Angriff haben uns die Lösungen gefehlt, um aus unserem Einsatzwillen und den gewonnenen Zweikämpfen ein besseres Resultat zu erzielen. Wir produzieren mehr individuelle Fehler als eine eingespielte Truppe, die wir mittlerweile eigentlich sein müssten. Die Ausreden müssen jetzt aufhören. Wir müssen uns die Erfolge wieder verdienen, in dem wir mehr arbeiten als die anderen Mannschaften.“
(Text und Bilder: Nico Schoch)
(Text und Bilder: Nico Schoch)