Große Unruhe trotz sportlicher Sicherheit

 

Handball, Baden-Württemberg-Oberliga: Mit dem TV Plochingen erwartet den TSB Gmünd am Samstag die nächste knifflige Aufgabe in heimischer Halle

Zweites Heimspiel innerhalb einer Woche für den TSB Gmünd: In Anbetracht der tabellarischen Situation ist das Hieber-Team gegen den TV Plochingen erneut Außenseiter, darf sich gegen seinen langjährigen Bekannten aus dem gesicherten Tabellenmittelfeld aber durchaus berechtigte Chancen auf ein Erfolgserlebnis ausrechnen. 

Die bevorstehende Begegnung ist ein Duell von zwei langjährigen Bekannten,

deren Weg in den vergangenen Jahren relativ ähnlich verlief. Ein Jahr nach dem TSB gelang Plochingen 2015 nach einem dramatischen Finale in Viernheim ebenfalls über die Relegation der Aufstieg in die Oberliga. Die beiden zurückliegenden Spielzeiten konnten jeweils mit einem laut Verein "ausgezeichneten" achten Rang abgeschlossen werden. Als Basis für den Klassenverbleib diente stets die enorme Heimstärke, so stand in der Vorsaison eine 23:7-Punktebilanz in der heimischen Schafhausäckerhalle zu Buche. Der TVP definiert sich selbst stets über seine sehr aggressive Abwehrarbeit, welche auch dem TSB in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme bereitete. Entsprechend wechselhaft und spannenend verliefen die bisher vier Oberliga-Begegnungen zwischen den beiden Teams. In ihrer Oberliga-Premierensaison gewannen die Plochinger im Remstal deutlich mit 35:27, im Rückspiel rettete Aaron Fröhlich mit einem verwandelten Siebenmeter noch in der Schlusssekunde ein 19:19-Remis für den TSB. Im Jahr darauf jedoch behielten die Mannen von Michael Hieber mit 32:29 und 35:26 beide Male souverän die Oberhand. Im ersten Aufeinandertreffen der laufenden Spielzeit mussten sich die Gmünder allerdings mit 24:28 geschlagen geben. "Wir hätten ein bisschen mehr verdient gehabt, hatten aber Pech und haben die entscheidenden Bälle nicht gemacht", so resümierte Michael Hieber nach jener Auswärtspleite.

An der Seitenlinie steht bei den Blau-Weißen mit Daniel Brack der wohl namhafteste Coach der Liga. Denn der Filius von Göppingens Bundesliga-Trainer Dr.Rolf Brack hat auch selbst eine mehr als ordentliche Bundesliga-Laufbahn vorzuweisen. Ausgebildet in der Jugendmannschaft des TSV Scharnhausen, hatte er 2002 mit dem VfL Pfullingen sein Bundesliga-Debüt gegeben und war in den folgenden Jahren noch für Großwallstadt, Berlin, Balingen sowie Hannover-Burgdorf in der "stärksten Liga der Welt" am Ball. Auch als Spielertrainer feierte Brack schnell Erfolge, 2012 gelang mit dem schweizerischen KTV Altdorf der Aufstieg in die erste Liga und drei Jahre darauf der Oberliga-Aufstieg mit Plochingen. Beim TVP war der Rückraumspieler stets einer der besten Torschützen, beendete aber im Sommer 2017 mit 36 Jahren seine erfolgreiche Spielerlaufbahn und konzentriert sich seitdem auf seine Aufgabe als Trainer. 

Auch dank Brack konnten sich die Neckartäler in der Viertklassigkeit etablieren und gehen nunmehr in ihr drittes Oberliga-Jahr. Zusätzlich profitiert der TVP, welcher selbst stolze 18 Jugendmannschaften im Spielbetrieb meldet, von der gemeinsamen Kooperation mit Frisch Auf Göppingen und konnte so den A-Jugendlichen Felix Zeiler (aktuell 143 Saisontore in der Junioren-Bundesliga) mit einem Doppelspielrecht ausstatten. Für das Trainergespann Daniel Brack und Joachim Rieck stehen die eigene Weiterentwicklung und der möglichst frühzeitige Klassenerhalt an erster Stelle – dieses Ziel erscheint bereits nach 24 Spieltagen erreicht. Die Mannschaft um Kapitän Philipp Gollmer bewies nach schleppenden Saisonstart eine stark aufsteigende From und konnte sich durch einen Lauf von 9:1-Punkten im Oktober, darunter auch der Hinspielerfolg gegen den TSB, im gesicherten Mittelfeld festsetzen. Der TVP besitzt rein statistisch betrachtet die drittbeste Abwehrreihe der Liga und angesichts von 26:22 Punkten dürfte der Klassenverbleib für den Tabellensiebten nur noch Formsache sein. 

Mit dieser hervorragenden Ausgangssituation könnte der TVP eigentlich befreit und mit guter Stimmung in den Schlussspurt der Saison gehen, doch zuletzt überschlugen sich die Negativereignisse. Beim Auswärtssieg in Söflingen (33:29) vor zwei Wochen zog sich Marcel Rieger, mit 165 Treffern der drittbeste Torjäger ligaweit, eine Oberschenkelverletzung zu, die ihn seitdem außer Gefecht setzt. Völlig überraschend erfolgte wenige Tage später die sofortige Trennung vom langjährigen Leistungsträger Johannes Hablizel: Er hatte bereits seine mündliche Zusage für die kommende Saison gegeben, dann jedoch ein attraktives Angebot eines anderen Vereines erhalten und wollte im persönlichen Gespräch mit den TVP-Verantwortlichen seine Möglichkeiten ausloten. Die Plochinger reagierten mit Unverständnis und stellten den Spieler vor die Wahl: Zu den vereinbarten Konditionen bleiben oder sofort gehen. Hablizel fühlte sich unter Druck gesetzt – die Vereinsführung sah keine andere Möglichkeit und reagierte mit der Suspendierung. „Es ist sehr schade, dass das gesprochene Wort keinen Wert hat. Wir wollen Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und einen vertrauensvollen Umgang vorleben, deshalb hatten wir keine andere Wahl“, so erklärte sich der stellvertretende Abteilungsleiter Dieter Hermann. Zuvor hatte bereits Marcel Rieger dem Verein mitgeteilt, dass er trotz mündlicher Zusage zum Drittligisten TSB Helbronn-Horkheim wechseln wird. 

Trotz zahlreicher Ausfälle bewies die Mannschaft nach dieser turbulenten Woche zuletzt eine hohe Moral, musste sich am vergangenen Samstag dem starken Aufsteiger TV Weilstetten aber dennoch mit 28:29 geschlagen geben. Tabellarisch ließ sich die Niederlagen allerdings durchaus verkraften, denn aufgrund seiner soliden Saison wird der TVP wohl nicht mehr in Abstiegsnöte geraten. Der TSB Gmünd wird die Punkte umso dringender benötigen – und muss dazu in heimischer Halle eine schwierige, aber keinesfalls unlösbare Aufgabe bewältigen. 

Nächstes Auswärtsspiel: TSV Deizisau – TSB Gmünd am Sonntag, 08.April um 17 Uhr (Hermann-Ertinger-Sporthalle Deizisau)

(Nico Schoch)