Mit dem frisch gewonnenen Selbstvertrauen im Rücken bestritt der TSB Gmünd in der Spielpause über das Faschingswochenende hochaktibisch seine Vorbereitung auf die kommenden schweren Aufgaben. Im bevorstehenden Heimspiel gegen die fünftplatzierte SG H2Ku Herrenberg (Samstag, 19:30 Uhr/Große Sporthalle) sowie eine Woche darauf
beim Spitzenreiter TVS 1907 Baden-Baden möchte das Hieber-Team für Überraschungen sorgen und "Big Points" im Abstiegskampf landen. Damit dies gelingt, müssen die Gmünder aber auch an ihrer schwachen Erfolgsquote beim Siebenmeterwurf feilen.
Siebenmeterwürfe beim Handball – reine Nervensache? Für den Torwart wie auch den Schützen ist das Eins-gegen-Eins-Duell ein nervenaufreibender Moment, denn Strafwürfe können den Ausgang einer jeden Begegnung entscheidend beeinflussen. Dass der Siebenmeter beim Handball eine viel größere Bedeutung als der Elfmeter beim Fußball oder der Penalty beim Eishockey einnimmt, konnte sogar eine Studie des Psychologischen Instituts der Deutschen Sporthochschule in Köln nachweisen. Auch TSB-Trainer Michael Hieber spricht von einem "wichtigen Faktor", schlägt in Bezug auf seine Mannschaft derzeit jedoch Alarm: "An diesem Punkt müssen wir arbeiten und uns dringend verbessern."
Sein Tormann Sebastian Fabian präsentierte sich zwar zuletzt in Hochform und konnte im bisherigen Saisonverlauf bereits 16 gegnerische Strafwürfe entschärfen, doch an sicheren eigenen Schützen mangelt es beim TSB derzeit. Im vergangenen Heimspiel gegen den TV Weilstetten (33:27) vergaben die Gmünder vier von sechs Siebenmetern, zwei davon wurden immerhin noch im Nachwurf verwandelt. Tatsächlich lässt sich dieses anhaltende Problem auch in der blanken Statistik ablesen: Nur 48 von 71 Versuchen konnten die TSBler bislang zu Torerfolgen nutzen, die Trefferquote von 67% ist ligaweit die schwächste. Zum Vergleich: Der kommende Gegner aus Herrenberg liegt bei 79%, am effektivsten trat bislang die TSG Söflingen mit einer Trefferquote von 87% in Erscheinung. Ligaweiter Höchstwert sind auch die bereits sieben verschiedenen TSB-Schützen, von denen insbesondere Dominik Sos (37 Treffer/49 Versuche), Aaron Fröhlich (4/10) sowie Wolfgang Bächle (2/5) zahlenmäßig nur durchwachsenen Erfolg aufweisen.
Es handelt sich dabei zwar "nur" um Zahlenspiele. Diese zeigen aber auch eindrucksvoll, dass der erfolgreichsten Offensive der Vorsaison zuletzt die Effizienz abhanden gekommen ist. Auch Hieber verweist darauf, dass "wir in den vergangenen drei Jahren zweimal die beste Trefferquote hatten – und das mit den gleichen Spielern." Versagen dem TSB in der schwierigen sportlichen Situation die Nerven vom Siebenmeterstrich? Fröhlich, der in der vergangenen Spielzeit mit lediglich sieben Fehlwürfen zu den treffsichersten Schützen der Oberliga gehörte, beurteilt dies relativ gelassen: "Natürlich kann man diese Schwäche maßgeblich auch auf mich beziehen. Ich übernehme schon lange Zeit die Siebenmeter und mache mir dabei eigentlich gar keinen Kopf." Eine Schwächephase könne immer vorkommen und so fügt der 27-Jährige mit einem Schmunzeln hinzu, auch in den erfolgreichen Zeiten einige Male verworfen zu haben: "Vergangene Saison habe ich über zwanzig Mal in Folge getroffen, auch das wird wieder einmal vorkommen." Ernsthafte Sorgen macht sich der TSB-Spielmacher angesichts der derzeitigen Flaute keine, denn Strafwürfe könne man nicht gezielt trainieren. Stattdessen komme es in erster Linie auf das eigene Selbstvertrauen an, so Fröhlich: "Manchmal hat man das gewisse Selbstverständnis, manchmal eben einige Probleme. Unsere negative Quote war auch unserem Negativlauf geschuldet, weshalb ich guter Dinge bin, dass wir das wieder in den Griff bekommen werden."
Derweil will der Chefcoach den Hebel gezielt ansetzen und möglicherweise auch bei den Schützen variieren, wie er nach dem Weilstetten-Spiel durchblicken ließ: "Wir werden nun im Training unter Belastung Siebenmeter werfen und künftig vielleicht auch jemanden schicken, der den gegnerischen Torhüter überraschen kann. Ich habe da schon etwas im Kopf." Möglicherweise meinte Hieber damit seinen Routinier Sebastian Göth. Denn der 33-jährige Rechtsaußen blieb bei seinen wenigen Versuchen in der vergangenen (4/4) sowie der laufenden Spielzeit (3/3) jeweils fehlerfrei.
Fröhlich jedenfalls verspricht, "dass wir in Zukunft wieder mit größerem Selbstbewusstsein antreten werden." Darauf könnte es am kommenden Samstagabend ganz besonders ankommen, wenn den TSBlern einer der größten Siebenmeter-"Töter" der Oberliga gegenüberstehen wird. Bei der SG H2Ku Herrenberg hütet der 39-Jährige Tobias Barthold das Gehäuse, welcher seine lange Karriere im Sommer nur allzu gerne mit dem erhofften Drittliga-Aufstieg beschließen möchte. 30 parierte Siebemeterwürfe sind Ligabestwert. Im Hinspiel, in dem die Gmünder trotz großer Gegenwehr mit 26:31 unterlegen waren, hatte Dominik Sos entgegen aller Statistik gleich zehn Strafwürfe gegen den SG-Rückhalt verwandelt. "Vor dem letzten Siebenmeter hatte er zu mir gesagt, dass er schon noch einen halten müsse. Danach hat er sich extrem aufgeregt", verriet der vierzehnfache Torschütze anschließend mit einem Lächeln. Zumindest Sos dürfte am Sonntag also mit breiter Brust in das Nervenduell aus sieben Metern gehen – bleibt der Rückraumhüne in diesem Nervenspiel ebenso cool wie im ersten Aufeinandertreffen, wäre der TSB einer möglichen Überraschung gegen den Aufstiegsaspiranten bereits einen großen Schritt näher. "Es ist kein Geheimnis, dass Herrenberg zu den größeren Kaliber in dieser Liga gehört", meint Sos und fügt an, "dass wir uns in unserer Situation dennoch nicht verrückt machen lassen oder den Kopf in den Sand stecken dürfen." Hieber schlägt in die gleiche Kerbe: "Grundsätzlich haben wir gegen jeden Gegner eine Chance, auch wenn wir natürlich krasser Außenseiter sind und unter enormen Druck stehen. Zwei Punkte sind in diesem Spiel nicht zu erwarten, aber wir werden alles in die Waagschale werfen – auch beim Siebenmeterwurf."