Handball, Baden-Württemberg-Oberliga: Vor heimischer Kulisse unterliegt der TSB Gmünd der SG Pforzheim/Eutingen deutlich mit 24:32 (13:15) (Nico Schoch)
Es war eine Leistung, die als Mutmacher dienen kann, aber dennoch unbelohnt blieb: Mit großem kämpferischen Einsatz konnte der TSB Gmünd dem Aufstiegsaspiranten SG Pforzheim/Eutingen zwar lange Zeit Paroli bieten, unterlag letztendlich aber einen Tick zu deutlich mit 24:32 (13:15) und verbleibt somit am Tabellenende.
Einen "rauen Gegenwind auf der Ostalb" hatte die Pforzheimer Presse im Vorfeld der Partie erwartet. Und tatsächlich zeigten die TSBler die passende Reaktion nach der herben 28:38-Klatsche in Neckarsulm und überzeugte vor allem in einem Punkt, welchen der Trainer sechs Tage zuvor noch hart kritisiert hatte: "Der Einsatz hat gepasst, es war wieder Feuer drin", zog Michael Hieber trotz der Heimniederlage ein erfreuliches Fazit. Denn in vielerlei Hinsicht konnten die Gmünder vor allem in Durchgang eins eine überzeugende Leistung abrufen und den letztjährigen Drittligisten vor einige Probleme stellen. Beide Seiten waren ohne großes Abtasten in die Partie gestartet. In den rasanten Anfangsminuten konnten die Pforzheimer zwar stets einen Treffer vorlegen, welchen die Hausherren aber umgehend egalisierten. Nach dem zwischenzeitlichen 1:3-Rückstand sorgten Jonas Leinss sowie Lukas Waldenmaier postwendend für den schnellen Gleichstand. Die ersten drei Treffer durch den stärksten Gästeakteur Julian Broschwitz, welcher bereits in der ersten Hälfte siebenmal ins Schwarze traf, konterte TSB-Rückraumschütze Dominik Sos jeweils mit dem erneuten Ausgleich. Immer wieder konnten auch die beiden Torspieler glänzen, Sebastian Fabian auf Gmünder Seite stand seinem Gegenüber Mile Matijevic zunächst in nichts nach. Nach einer Viertelstunde gelang der SG dennoch ein erstmaliger Zwei Tore-Vorsprung, doch in Überzahl konnten die Gastgeber wiederum zum 8:8 gleichziehen. In der 20.Spielminute warf Dominik Sos seine Mannen zum 9:8 sogar erstmals in Front. Der Drittletzte agierte absolut auf Augenhöhe mit dem Tabellenzweiten und so verlief auch der Spielverlauf entsprechend ausgeglichen, ehe sich das konsequente Gästeteam unmittelbar vor der Pause dank der höheren Effizienz im Torabschluss ein Polster erarbeiten konnte. TSB-Youngster Sven Petersen markierte beim 12:12 letztmals den Ausgleich, ehe sich die Gmünder fatale Fehler leisteten und Pforzheim zugleich aussichtsreiche Kontergelegenheiten boten. "Wir hatten phasenweise gute Kombinationen in der Offensive, haben aber zu unkontrolliert abgeschlossen", ärgerte sich Hieber. Max und Paul Lupus erzielten in aller Kaltschnäuzigkeit ihre schnellen Torerfolge, ehe der an diesem Tag zumeist blasse Aaron Fröhlich noch einmal auf 13:15 verkürzen konnte.
Der knappe Pausenstand versprach weitere Spannung für die knapp 500 Zuschauer in der Großen Sporthalle, doch die Hoffnungen der Gmünder Fans auf eine Wende sollten sich nicht erfüllen. Denn die Hieber-Sieben legte einen Fehlstart in die zweite Hälfte hin, so dass sich der Trainer angesichts von einem 3:0-Lauf der Gäste bereits zwei Minuten nach Wiederanpfiff zu einer Auszeit gezwungen sah. Der agile Jan Häfner verkürzte daraufhin mit seinem Doppelpack, doch Pforzheim blieb in der Folgezeit stets Herr der Lage und lag beim 16:22 bereits in der 38.Minute erstmals deutlich vorne. Gegen sichtlich bemühte, aber zunehmend mutlose Hausherren agierte die SG ebenso konzentriert wie abgezockt, obwohl Torjäger Dominic Seganfreddo (Reizung der Patellasehne) weitestgehend geschont wurde. Seine Lücke füllte der elffache Torschütze Sandro Münch glänzend aus, immer wieder düpierte er die Gmünder Defensive mit einfachen Treffern aus dem Rückraum. Neidlos musste auch Michael Hieber diese hohe individuelle Qualität des Gegners anerkennen, aber zugleich auch feststellen, dass seinem Team in vielen Situationen auch das Pech an den Händen klebte: "Wir vergeben vorne einen freien Wurf, auf der Gegenseite fallen die meisten Abpraller unseren Gegenspielern direkt in die Hände – das sind die Szenen, die am Ende mitentscheidend sind." Vor allem die Abwehr ließ sich einmal mehr als große Schwachstelle ausmachen, auch da Stammkraft Christian Waibel krankheitsbedingt erneut zum Zuschauen verdammt war. Die Folge: Im vierten Spiel nacheinander musste der zumeist machtlose Sebastian Fabian mehr als 30 Mal hinter sich greifen. Ohne den nbeötigen Rückhalt in der Defensivarbeit schaffte es der TSB daraufhin nicht mehr, den Aufstiegsaspiranten und seinen nahenden Auswärtserfolg ernsthaft ins Wanken zu bringen. Auch aufgrund zahlreicher technischer und individueller Aussetzer bekam Pforzheim keine Schwierigkeiten mehr und erzielte beim 20:27 nach 45 Minuten bereits eine kleine Vorentscheidung. "Doch trotz der vielen Rückschläge haben die Jungs ihre Köpfe immer wieder hochgenommen", lobte Hieber die Einstellung seiner Mannschaft, welche bis zum Ende mit viel Einsatz dagegenhalten konnte. Für eine Aufholjagd ließ man allerdings einerseits die spielerische Klasse, andererseits auch das Selbstvertrauen vermissen. "Der Glaube, dass wir diesen Rückstand gegen ein solches Spitzenteam noch aufholen können, hat uns letztendlich gefehlt", befand auch Sven Petersen. So waren den Gästen auch die letzten beiden Treffer zum überdeutlichen 24:32-Endresultat vorbehalten.
Michael Hieber betonte nach Spielende einmal mehr, dass "es für mich als Verantwortlicher die schwierigste Phase der vergangenen zwanzig Jahre ist." Doch der TSB-Chefanweiser zollte seinen Akteuren zugleich Respekt für zahlreiche gute Ansätze: "Ich weiß, mit wie viel Einsatz die jungen Spieler im Training arbeiten und was sie können. Wir haben gesehen, dass wir mithalten können und an einem guten Tag sicherlich jede Mannschaft schlagen können." Letztendlich sei Pforzheim mit seiner hohen individuellen Klasse eine Nummer zu groß gewesen. "Ich glaube weiter an das, was wir tun – denn es ist nicht alles schlecht, auch wenn wir natürlich genügend Luft nach oben haben", resümierte Hieber.
Ein positiver Aspekt an diesem aus Gmünder Sicht erneut enttäuschendem Abend: Auch die punktgleichen Konkurrenten aus Lauterstein (26:27 gegen Weilstetten) und Deizisau (27:31 gegen Remshalden) blieben in ihren Heimspielen ohne Punktgewinn, so dass das genannte Trio weiterhin mit 11:23 Zählern am Tabellenende rangiert. Auch auf den achten Rang, welchen derzeit der SV Remshalden belegt, sind es nur vier Punkte Rückstand – der Abstiegskampf bleibt offen, auch wenn der TSB nun seit mittlerweile vier Spielen sieglos ist. Gerade deshalb sind sich alle Beteiligten darüber im Klaren, dass angesichts des 14.Tabellenplatzes der Druck von Woche zu Woche zunehmen wird. "Wir müssen unsere Leistungen endlich einmal konstant abrufen, um wieder mehr Sicherheit zu bekommen", fordert Hieber im Hinblick auf das richtungsweisende Kellerduell bei der TSG Söflingen am kommenden Sonntag. "Rein tabellarisch wäre ein Sieg natürlich immens wichtig", betont Hieber, fügt aber mahnend hinzu: "Pflicht ist für uns zunächst, dass wir wieder einen funktionierenden Abwehrverband stellen und besser dagegenhalten. Wir müssen uns der schwierigen Situation stellen und einen Schritt nach dem anderen machen."
TSB: Fabian - Sos (8/3), Bächle (4), Fröhlich (4), J.Häfner (3), L.Waldenmaier (2), Petersen (1), Leinss (1), J.Waldenmaier (1), Schwenk, F.Häfner
SG: Matijevic, Petruzzi – Münch (11), Broschwitz (9/3), M.Lupus (5), Hufnagel (3), Hohnerlein (2), Gerstner (1), P.Lupus (1), Mönch, Schlögl, Seganfreddo, Kusch, Catak
Siebenmeter: 3/3 – 3/3
Zeitstrafen: 10 – 6 Minuten
Schiedsrichter: Sven Beck, Sven Braun (TV Sandweier)
Zuschauer: 500
"Trotz allem war es ein Schritt nach vorne" - Stimmen zum Spiel
(sch) Lange Zeit konnten die Hausherren gut dagegenhalten, doch am Ende stand ein ebenso hochverdienter wie auch deutlicher Sieg zugunsten der favorisierten Gäste. Während Pforzheim sich über eine erfolgreich gelöste Auswärtsaufgabe freuen konnte, heben die Gmünder im Hinblick auf die kommenden Aufgaben die positiven Aspekte hervor.
Michael Hieber (TSB-Cheftrainer): "Nach einer richtig intensiven Trainingswoche war die Einstellung gut und die Mannschaft hat sich top eingeschworen. Die Mannschaft hat die richtige Reaktion gezeigt, gekämpft und im Angriff viele gute Sachen gezeigt - und dass wohlgemerkt gegen einen Gegner, der die vermutlich beste Abwehr der Liga hat. Wir haben offensiv sehr flüssig und mit zahlreichen Seitenverlagerungen gespielt und haben somit immer wieder ganz gute Lösungen gefunden. Unterm Strich haben wir uns dann aber zu viele einfache Fehler geleistet und hatten eine zu schlechte Abschlussquote, um noch einmal heranzukommen. Wir haben in jedem Fall die richtige Einstellung zum Spiel gefunden und stark gekämpft, aber Pforzheim war letztendlich einfach besser. Unser größtes Manko ist, dass wir aktuell einfach keine Abwehrleistung haben. Wir bekommen keinen Zugriff und unterstützen auch unsere Torhüter nicht. Das Zusammenspiel passt derzeit nicht und wir sind nicht in der Lage auch ohne Christian Waibel einen oberligatauglichen Mittelblock zu stellen. Das gilt es jetzt in der kommenden Woche aufzuarbeiten. Wir müssen trotz allem zuversichtlich bleiben und an die Dinge glauben, die uns stark machen. Denn wir können noch so gut trainieren, das Selbstvertrauen können wir uns nur über erfolgreiche Spiele zurückholen. Deshalb müssen wir nun sauber weiter arbeiten und dürfen nicht in Panik verfallen."
Alexander Lipps (SG-Coach): "Insgesamt war es ein sehr gelungenes Match für uns, vor allem weil wir aus eigener Erfahrung wussten, dass es immer eklig ist, in Gmünd anzutreten. Doch wir haben unsere Aufgabe gut gelöst und nehmen zwei verdiente Punkte mit. Denn wir haben über 60 Minuten eine sehr geringe Fehlerquote und hohe Effizienz gezeigt, das war entscheidend gegen eine kämpferische Gmünder Mannschaft. Mit Julian Broschwitz in der ersten und Sandro Münch in der zweiten Halbzeit wussten wir zudem zwei überragende Akteure in unseren Reihen. Lediglich in den beiden Anfangsphasen hatten wir eine kleine Schwächephase in der Deckung, die wir anschließend jedoch korrigieren konnten. Künftig müssen wir auswärts ebenso konstant auftreten, um an der Tabellenspitze dranzubleiben. Ich hoffe, dass wir jetzt eine Serie starten können, da auch die Konkurrenz ganz oben sehr stark besetzt ist."
Wolfgang Bächle (TSB-Rechtsaußen): "In der ersten Halbzeit waren Feuer und Emotionen drin, jeder Einzelne hat die Mannschaft angetrieben und mitgejubelt. Trotz 15 Gegentoren war die Abwehr insgesamt nicht schlecht und auch im Angriff haben wir gute Ansätze gezeigt. Doch nach der Pause waren wir nicht mehr richtig präsent. Der Gegner kam in einen Lauf und wir haben uns vielleicht zu früh aufgegeben. Das Problem ist, dass wir noch nicht so richtig an uns und unsere Stärken glauben. Insgesamt war es trotz allem ein großer Schritt nach vorne."
Jonas Leinss (Gmünder Rückraumspieler): "Wir haben anfangs gut gedeckt, die Einstellung hat gepassst und so waren wir bis zur Pause eigentlich gut im Rennen. Das lässt sich echt sehen, dann aber starten wir mit einem Negativlauf in die zweite Hälfte. Wir haben zu einfache Gegentore aus dem Rückraum bekommen und sind dann nicht mehr wirklich herangekommen, was angesichts unserer kämpferischen Leistung sehr schade ist. Aber wenn du in der Tabelle hinten drin stehst, läuft es natürlich alles andere als nach Wunsch und gerade gegen die Spitzenteams ist es dann umso schwerer. Wenn wir die Einstellung aus der ersten auch noch auf die zweite Hälfte verlängern können, dann ist in Söflingen durchaus etwas drin. Denn diese Punkte wären immens wichtig, das steht außer Frage."
Sven Petersen (TSB-Linkshänder): "Jeder war hochmotiviert und so haben wir eine richtig gute erste Halbzeit gespielt. Nach der Pause sind wir wieder einmal eingebrochen, weil die komplette Abwehr nicht mehr stabil gestanden ist. Der Fehler lag darin, dass wir dann zu locker waren und uns zu schnell haben hängen lassen. Der Glaube, dass wir einen Rückstand gegen ein solches Spitzenteam noch aufholen können, hat uns letztendlich gefehlt. Wir müssen nun die positiven Aspekte aus dem Spiel herausziehen, uns damit pushen und nächste Woche mit vollem Selbstvertrauen nach Söflingen fahren."