Fehlstart hoch zehn

Handball, Baden-Württemberg Oberliga: Im Kellerduell bei der Neckarsulmer SU unterliegt der TSB deutlich mit 37:27 (20:13)
(Nico Schoch)
Verpatzter Rückrundenauftakt für den TSB Gmünd: Die Mannschaft von Trainer Michael Hieber unterlag am Sonntagabend unerwartet deutlich beim vormaligen Schlusslicht Neckarsulmer Sport-Union und findet sich nun selbst am Tabellenende wieder. Nach einer desaströsen Vorstellung mussten die Gmünder eine auch in dieser Höhe leistungsgerechte 37:27 (20:13)-Niederlage hinnehmen. 
 
Die Marschrichtung aus Gmünder Sicht war eigentlich klar: Ein Fehlstart wie in der Hinrunde sollte um jeden Preis vermieden werden, zumal es galt, einen direkten Konkurrenten im dicht zusammengerückten Tabellenkeller auf Distanz zu halten. Zunächst wirkte es so, als ob der TSB, welcher mit Ausnahme des krankheitsbedingt fehlenden Christian Waibel in Bestbesetzung antreten konnte, gut aus den Startlöchern kommen würde. Wolfgang Bächle mit einem vollendeten Konter sowie Jan Häfner von Linksaußen markierten die ersten beiden Treffer, nach vier Minuten traf Dominik Sos zum 2:3 – doch es sollte tatsächlich die letzte Führung zugunsten der Gäste sein. Denn die Gmünder Abwehrreihe war gefühlt nicht vorhanden, ohne jedwede nötige Aggressivität fand man keinerlei Zugriff. Der starke Liganeuling hingegen übernahm mit zunehmender Spieldauer das Kommando in die Hand und erarbeitete sich nach knapp einer Viertelstunde bereits ein Polster. Angesichts der bereits 12 Gegentreffer räumte der chancen- und glücklose Tormann Sebastian Fabian seinen Platz zwischen den Pfosten für Philipp Neukamm und Trainer Michael Hieber zog mit seiner ersten Auszeit die Notbremse. Doch seine Anweisungen in der Auszeit fruchteten nur bedingt: Die TSBler konnten zwar auf 12:9 verkürzen, doch bereits drei Zeigerumdrehungen darauf waren die Hausherren wieder auf 15:10 davongezogen. 
 
Weiterhin bekam die TSB-Defensive die treffsicheren Neckarsulmer Rückraumschützen kaum zu fassen, allen voran Robin Mahl (8 Tore) traf quasi nach Belieben. Neukamm sollte im ersten Durchgang ebenso wie Fabian keinen Ball zu fassen bekommen. "Das Zusammenspiel zwischen Abwehr und Torhüter war desolat, da waren wir ganz klar nicht oberligatauglich. Wir haben keine Zweikämpfe gewonnen, weil wir gar keine Zweikämpfe gespielt haben", kritisierte Hieber. In der Vorwärtsbewegung versiebten die Gmünder zahlreiche Wurfmöglichkeiten und agierten selbst in Überzahl viel zu harmlos. Aaron Fröhlich sowie Dominik Sos versuchten Verantwortung zu übernehmen, scheiterten jedoch wie auch Mitspieler immer wieder am glänzend aufgelegten NSU-Rückhalt Maximilian Kerner. Auch der sonst zuverlässige Rechtsaußen Wolfgang Bächle hatte keinen guten Tag erwischt, seinen zwei Treffern standen fünf teils klägliche Fehlversuche gegenüber. Die Neckarsulmer hingegen kamen immer wieder zu einfacheren Erfolgserlebnissen, ehe Fröhlich und Sebastian Göth den Rückstand noch einmal auf 19:13 verringern konnten. Einen Sekundenbruchteil nach Ertönen der Pausensirene gelang Hofacker daraufhin das 20:13 – der Treffer hätte eigentlich nicht mehr zählen dürfen, doch die Fehlentscheidung der Unparteiischen machte die unterirdische erste Hälfte aus Gmünder Sicht perfekt.
 
Nach Wiederanpfiff hofften die knapp 20 mitgereisten TSB-Anhänger vergeblich auf die Wende. Zwar konnte sich der wieder in die Partie gekommene Sebastian Fabian prompt mit zwei Paraden sowie einen entschärften Siebenmeterwurf auszeichnen und Jonas Leinss auf der Gegenseite den ersten Treffer nach der Pause markieren. Doch das Gmünder Aufbäumen war zu kurzlebig und damit nur ein unbedeutendes Strohfeuer angesichts der anhaltenden Neckarsulmer Dominanz. Beim Stand von 24:17 griff Michael Hieber erneut frühzeitig zur Auszeit. Doch die Gastgeber, welche zweifelsohne einen Sahnetag erwischt und laut Trainer Peter Baumann ihre "beste Leistung im bisherigen Saisonverlauf" gezeigt hatten, waren nicht mehr auszubremsen. Auch Hieber gab zu Protokoll, "dieser spielerisch herausragenden Leistung Respekt zu zollen." Der TSB probierte zwar zahlreiche Abwehrformationen aus, dennoch konnte der ins Rollen gekommene Aufsteiger seinen Vorsprung weiter in die Höhe schrauben. Mit dem 28:18 sorgte wiederum Robin Mahl nach 43 Minuten für die erste Zehn Tore-Führung, sondern zugleich auch für die vorzeitige Entscheidung. Der Wille der ohnehin unentschlossen auftretenden Gmünder war damit gebrochen, während Neckarsulm seine Heimgala vor den 220 Zuschauen mit weiteren feinen Spielzügen abrundete. Den überdeutlichen, aber vollauf verdienten Vorsprung verwaltete die NSU ohne jede Probleme, da die Gmünder auch in der verbleibenden Spielzeit erschreckend schwach blieben. Beim 35:22 sechs Minuten vor dem Ende fiel der Spielstand am deutlichsten aus. Der TSB konnte zwar noch ein wenig Ergebniskosmetk betreiben und blieb unter der Marke von 40 Gegentreffern, doch fast schon symbolisch landete auch der letzte Fröhlich-Wurf in den Armen des starken NSU-Tormanns Kerner. Mit einem auch in dieser Höhe verdienten Endstand von 37:27 verließen frustrierte Gmünder die Pichterichhalle. 
 
"Wir müssen nichts schönreden, das war einfach nur desolat", bilanzierte Michael Hieber. Den Chefcoach ärgerte vor allem die Art und Weise dieser herben Klatsche: "Wir haben alles vermisst, was man sonst von unserer Mannschaft kennt. Wir haben in keinster Weise dagegengehalten." Entsprechend bedient war auch sein Spielmacher: "Wir haben viel zu wenig investiert und haben eine schlechte Einstellung an den Tag gelegt", so Fröhlich. "In dieser Hinsicht war es das schlechteste, was ich beim TSB je erlebt habe. Es war ein Spiel, in dem es für uns um sehr viel ging und deshalb ist es für mich ein Rätsel, dass wir es vom Anfang bis zum Ende nicht geschafft haben, diese nötige Einstellung zu zeigen." Tormann Sebastian Fabian sprach derweil von einem "schmerzhaften Schlag in die Magengrube." Dies spiegelt sich auch in der Tabelle wieder, dort rangiert der TSB als Tabellenvierzehnter gleichauf mit den beiden Schlusslichtern TSV Deizisau und SG Lauterstein (jeweils 11:21 Punkte) – und steht damit mitten drin im Abstiegssumpf.
 
Nach der in Neckarsulm erlittenen Bruchlandung steigt der Druck für die Gmünder, welche am kommenden Samstag (19:30 Uhr) als Außenseiter den Drittliga-Absteiger SG Pforzheim/Eutingen empfangen. Um gegen den Meisterschaftsaspiranten zu überraschen wird allerdings eine immense Leistungssteigerung nötig sein, wie auch Michael Hieber abschließend betont: "Jeder Einzelne muss an sich selbst und an seiner Einstellung arbeiten, denn wir haben eine Verantwortung und müssen uns daher selbst hinterfragen."