Von Nico Schoch
Abstiegskampf pur ist am Sonntagabend (18 Uhr) in der Gmünder Großsporthalle angesagt. Denn die beiden Lokalrivalen stehen sich als derzeit punktgleiche Konkurrenten im Tabellenkeller gegenüber, so dass das traditionsreiche Derby bereits im Vorfeld so viel Spannung weckt wie wohl noch nie. Eine volle Zuschauerkulisse scheint daher garantiert.
Die Bedeutung des Lokalderbys Gmünd gegen Lauterstein bedarf wohl keiner großen Erklärung mehr. In dieser Saison steht das prestigeträchtige Duell angesichts der angespannten Sitaution im Oberliga-Abstiegskampf unter besonderen Vorzeichen. "Wir werden uns jetzt voll auf das Derby fokussieren, ein Spiel in das wir alles reinlegen werden und das wir unbedingt gewinnen wollen. Wir können nicht ein drittes Mal zuhause gegen einen Mitkonkurrenten im Abstiegskampf verlieren. Das wollen wir unbedingt vermeiden", betonte Michael Hieber bereits unmittelbar nach der jüngsten 23:32-Niederlage in Willstätt. Der TSB-Coach war es auch, welcher bereits vor einigen Jahren die Bezeichnung vom "einzig wahren Derby" prägte. In den vergangenen Jahren besuchten stets an die 1000 Zuschauer das Derby, auch in diesem Jahr fiebern die Handballfans der Region einer hochklassigen Viertligapartie auf Augenhöhe entgegen. "Der Druck liegt bei uns, den nehmen wir aber auch an", meint Michael Hieber und verweist darauf, dass der Gegner unter seinem neuen Trainer Wolfgang Funk befreit aufspielen kann. "Ich pflege gut Kontakte mit ihm, er ist ein ganz toller Mensch und ich habe nur gute Erinnerungen an ihn", so freut sich der Gmünder Trainer auf die Begegnung mit seinem ehemaligen Mitspieler. "Von dem her freue ich mich auch daher persönlich auf das Derby, aber sportlich werden sich beide Teams nichts schenken", so Hieber.
Gerade einmal 18 Kilometer trennen die wohl namhaftesten Handballteams im näheren Umkreis der Ostalb – doch die räumliche Nähe ist wohl nur ein Teilaspekt, welcher den Reiz dieses stets hochinteressanten Derbys ausmacht. Zu Württembergliga-Zeiten war es stets so, dass die Gmünder um ihre damaligen Größen wie Johannes Frey sowie Michael und Andreas Hieber zwar zuhause stets gegen den Lokalrivalen punkten konnten, umgekehrt allerdings stets mit deutlichen Pleiten aus der Nenninger Kreuzsporthalle zurückkehrten. Diesen Fluch konnte die neue, junge Generation des TSB allerdings brechen, so dass sich die jüngere Derbyhistorie aus Gmünder Sicht äußerst positiv liest. Denn in den vergangenen drei Oberliga-Spielzeiten behielten die TSBler in fünf von sechs Aufeinandertreffen die Oberhand, zuletzt sogar viermal in Folge. In der heimischen Großsporthalle feierte man mit 33:24 sowie 38:32 zuletzt klare Siege und auch in der Heimspielstätte des Lokalrivalen gelangen mit 32:27 sowie 34:30 umjubelte wie auch verdiente Erfolge.
In einer anderen historischen Hinsicht hat der Lokalrivale aus dem Lautertal allerdings die Nase vorne: Denn die Spielgemeinschaft, welche 1995 aus dem Zusammenschluss der Handballabteilungen des TV Nenningen und TV Weißenstein entstand, geht bereits in ihr achtes Oberliga-Jahr. Bereits in der Premierensaison 2009/10 gelang der SGL ein herausragender vierter Rang, ehe ein Jahr darauf der Abstieg folgte. Nach dem direkten Wiederaufstieg konnten sich die Lautersteiner endgültig in der Viertklassigkeit etablieren und verpassten als 2014 als Tabellendritter nur hauchdünn den Aufstieg in die 3.Liga. In den vergangenen Spielzeiten konnte der Klassenerhalt in der Oberliga allerdings jeweils nur knapp gesichert werden. 2016 rettete sich die SG als Zwölfter erst in einem packenden Relegationsduell mit Amicitia Viernheim, vorige Saison reichte ein neunter Rang für den direkten Ligaverbleib.
Nachdem Stefan Klaus nach fünf erfolgreichen Jahren sein Traineramt abgegeben hatte und zudem wichtige Stammspieler den Verein verlassen haben, konnte die Zielsetzung für die laufende Runde erneut lediglich der Klassenerhalt sein. Mit den Siegen gegen Söflingen (21:19), in Steißlingen (29:26) sowie gegen Remshalden (31:22) innerhalb der ersten sechs Spieltage gelang der SGL ein durchaus ordentlicher Saisonstart, doch ab Mitte Oktober geriet das junge Team in die Krise. Sieben Niederlagen in Folge, darunter deftige Klatschen in Pforzheim (20:34) und in Viernheim (24:36), bedeuteten den Absturz ans Tabellenende. Der negative Höhepunkt folgte schließlich am 18.November, als die Gelb-Blauen vor heimischer Kulisse mit dem 31:46 gegen Deizisau seine bislang höchste Oberliga-Pleite kassierte. Direkt nach der Partie erklärten die beiden Trainer Lars-Henrik Walter und Jakob Weingandt ihren Rücktritt, was auch für die Mannschaft sehr unerwartet kam. "Es war ein überraschender Rücktritt und wir als Vorstandschaft bedauern ihn sehr“, erklärte SGL-Vorsitzender Johannes Könninger „es gab im Vorfeld keine Unruhe, keine Kritik von unserer Seite oder der Mannschaft." Vielmehr habe das Duo signalisiert, keine Ansatzpunkte mehr zu sehen, um eine Leistungssteigerung zu erzielen. "Die meisten Anwesenden in der Kabine waren überrascht, aber man muss diesen Schritt respektieren“, befand Spieler Steffen Nägele und fügte hinzu "Die Trainer übernahmen Verantwortung, jetzt ist die Mannschaft gefordert."
Die erhoffte Reaktion erfolgte nur acht Tage später, als die SG gegen den Aufstiegsaspiranten aus Herrenberg einen 12:18-Rückstand in einen 29:27-Heimsieg drehte. Rund 350 Fans feierten mit Standing Ovations die erfolgreiche Rückkehr von Urgestein Wolfgang Funk auf die Trainerbank und die Lokalpresse titelte passend: "Es funkt wieder in Lauterstein". Wolfgang Funk, langjähriger Spieler des TV Nenningen und später der Erfolgscoach, der die SG von der Bezirksliga bis in die BWOL führte, hörte im Sommer 2011 auf und genoss seitdem eigentlich seine Rolle als Zuschauer. Gemeinsam mit seinem Sohn Timo Funk, bislang Spielertrainer der zweiten Mannschaft, hat der 57-Jährige auf Bitte von Johannes Könninger erneut das verantwortungsvolle Amt an der Seitenlinie übernommen. Jetzt wollen Vater und Sohn Funk dazu beitragen, dass die SG weiterhin in der vierthöchsten Handballliga mitmischt. Mit dem Sieg über Herrenberg sendete man prompt ein Zeichen an die Konkurrent: Lauterstein lebt noch.
Bei der SGL läuft es im Abstiegskampf allerdings in vielerlei Hinsicht ähnlich wie beim TSB: Man bleibt seinem bodenständigen Konzept auch in schwierigen Zeiten treu. "Wir können keine fertigen Spieler holen, müssen mit unseren bescheidenen Mitteln haushalten und werden weiter unseren Weg gehen. Die Runde ist noch lang und unser Bestreben ist es, die Liga zu halten", betont der Vorsitzende Könninger. Dass die beiden Lokalrivalen nun unmittelbar vor ihrem mit Spannung erwarteten Duell gleichauf mit 10:18 Punkten die Tabellenplätze 11 und 13 belegen, verleiht dem Derby nun zusätzlichen Reiz. Keine Seite kann es sich leisten, wertvolle Punkte im Abstiegskampf zu verschenken. Auch aufgrund der exponierten Terminansetzung dürfte das Lokalderby in dieser Saison wohl so brisant sein wie noch nie: Am 10.Dezember beschließen die beiden Teams ihre von Höhen und Tiefen geprägte Hinrunde, das Rückspiel in Nenningen steigt ausgerechnet am letzten und womöglich alles entscheidenden Spieltag.
Derbyhistorie der vergangenen Jahre:
2005/06 (Württembergliga): TSB – SGL 32:30, SGL – TSB 25:22
2006/07 (Württembergliga): TSB – SGL 32:29, SGL – TSB 36:28
2008/09 (Württembergliga): SGL – TSB 39:28, TSB – SGL 30:30
2011/12 (Württembergliga): TSB – SGL 27:27, SGL – TSB 41:31
2014/15 (Oberliga): TSB – SGL 27:26, SGL – TSB 36:24
2015/16 (Oberliga): SGL – TSB 27:32, TSB – SGL 33:24
2016/17 (Oberliga): TSB – SGL 38:32, SGL – TSB 30:34
Interne Torschützenliste TSB Gmünd
Dominik Sos (RL, 24 Jahre) 85/28 Tore
Jonas Waldenmaier (KR, 21 Jahre) 45 Tore
Wolfgang Bächle (RA, 23 Jahre) 43/2 Tore
Philipp Schwenk (RM, 25 Jahre) 42/1 Tore
Aaron Fröhlich (RM , 27 Jahre) 29/2 Tore
Jonas Leinß (RR, 21 Jahre) 29 Tore
Jan Häfner (RL, 24 Jahre) 25 Tore
Sven Petersen (RR, 19 Jahre) 25 Tore
Felix Häfner (LA, 25 Jahre) 9/1 Tore
Lukas Waldenmaier (KR, 22 Jahre) 9 Tore
Nico Krauß (LA, 24 Jahre) 8 Tore
Christian Waibel (KR, 29 Jahre) 7 Tore
Sebastian Göth (RA, 33 Jahre) 5/3 Tore
Sebastian Fabian (TW, 29 Jahre) 3 Tore
Interne Torschützenliste SG Lauterstein
Max Dangelmaier (LA, 24 Jahre) 62/14 Tore
Jochen Nägele (RA, 24 Jahre) 56/12 Tore
Lucas Lenz (RL, 20 Jahre) 50/2 Tore
Leon Weiß (RL, 20 Jahre) 37 Tore
Jonas Vilforth (LA, 26 Jahre) 31 Tore
Stephan Mühleisen (KM, 20 Jahre) 28 Tore
Markus Stuber (RM, 31 Jahre) 28 Tore
Steffen Nägele (LA, 27 Jahre) 27/4 Tore
Mario Kölle (RA, 20 Jahre) 23 Tore
Tim Lackinger (RM, 19 Jahre) 12 Tore
Christian Stuber (RM, 27 Jahre) 11 Tore
Tobias Schmid (RM, 24 Jahre) 7 Tore
Patrick Kümmel (RA, 23 Jahre) 5 Tore
Fabian Lackinger (KM, 20 Jahre) 4 Tore