„Eine Geduldsfrage“: Der TSB verliert nicht den Glauben an sich selbst

Handball, Oberliga: Beim TSV Weinsberg nimmt der TSB Gmünd am Sonntag (17 Uhr / Weibertreuhalle) den vierten Anlauf auf die ersten Saisonpunkte. Im Kollektiv wollen sich die „Jets“ aus dem Tief herausarbeiten und die Tabelle dabei ausblenden.

 

Es ist so ziemlich alles schief gegangen, was sich die Gmünder vor ein paar Wochen vorgenommen hatten. Anstatt die heimische Große Sporthalle zur Festung zu machen, gingen die ersten beiden Heimspiele gegen Bittenfeld II (31:36) und Heiningen (28:32) verloren. Eine Auswärtsniederlage beim Aufsteiger TuS Schutterwald (27:28) machte den Fehlstart perfekt. „Wir haben noch gar nicht richtig Fuß gefasst und das ist für uns alle neu“, stellt Volker Haiser fest. Selbst der Co-Trainer hat eine solche Misere während seiner langen Laufbahn noch nicht erlebt. „Das tut uns natürlich richtig weh“, sagt der 57-Jährige: „Doch wir hätten gegen alle drei Gegner bestehen können, das macht uns Mut.“

 

Denn obwohl der TSB punktlos am Tabellenende der Vorrundengruppe A steht, ist nicht alles nur Schwarz und Weiß. „Phasenweise zeigen wir wirklich ansprechende Leistungen, aber halt nicht konstant“, bilanziert Haiser. Das Derby gegen Heiningen diente da als Paradebeispiel: „Wir spielen eigentlich gut, bringen uns aber selbst um unseren Lohn.“ Selbst durch die frühe Rote Karte gegen Kapitän Nicola Rascher ließen sich die Gmünder nicht aus dem Tritt bringen, verpassten es dann aber, eine höhere Führung mit in die Pause zu nehmen als nur ein 14:12. Das hätte den wackelnden Jets die nötige Sicherheit gebracht, davon ist Haiser überzeugt: „Am Ende hatten die Heininger das Momentum auf ihrer Seite und wir konnten nicht mehr zurückschlagen, obwohl wir taktisch alles probiert haben.“

 

Wieder einmal waren es viele technische Fehler und schwache Würfe, die den TSB auf die Verliererstraße brachten. Es sind Mängel, die in allen drei Saisonspielen wiederholten und gnadenlos bestraft wurden. Das junge Alter soll da nicht mehr als Ausrede dienen. „Es ist sicherlich ein Faktor“, meint Haiser: „Doch wir arbeiten seit über einem Jahr mit dieser Mannschaft, das Gesicht hat sich kaum verändert und mit drei Linkshändern haben wir nun auch andere Möglichkeiten. Trotzdem schaffen wir es nicht, eine gewisse Stabilität einzubringen.“

 

Am Trainingsfleiß haben die bitteren Rückschläge derweil nicht gekratzt. „Keiner giftet sich an, die Jungs trainieren wirklich gut und eisern“, berichtet Haiser: „Nun wollen wir gemeinsam diesen schwierigen Weg gehen, um das auch auf die Platte zu bringen.“ Diesen Zusammenhalt proklamiert auch der Abteilungsleiter. „Die Fakten sind natürlich niederschmetternd“, sagt Michael Hieber, ohne allerdings das Trainerteam Michael Stettner und Volker Haiser auch nur ansatzweise in Frage zu stellen. „Wir müssen uns jetzt aufrichten und nach vorne schauen“, betont Hieber: „Die Stärke der Liga ist noch nicht so richtig zu greifen. Unser kämpferisches Auftreten stimmt mich sehr positiv.“

 

Die Jagd nach dem dringend benötigten Erfolgserlebnis zieht sich trotzdem weiter hin. „Wir sind ja nicht die einzige Sportmannschaft auf der Welt, die mit ähnlichen Problemen kämpft“, so Haiser über die aktuelle Durststrecke. Eine „Patentlösung“ gäbe es da nicht. Wenn, dann wäre „derjenige, der ein Buch darüber schreibt, vermutlich superreich“, fügt der Gmünder Coach schelmisch hinzu. Stattdessen müssen sich Stettner und Haiser selbst den Kopf zerbrechen. Der „Co“ ruft seine Erfahrungswerte ab, spricht viel mit Trainerkollegen und kommt zu dem Schluss: „Es ist einfach nur eine Geduldsfrage. Wir dürfen nicht zu viel Druck aufbauen oder gar unser Konzept in Frage stellen. Sehr wohl machen wir uns aber Gedanken, an welchen Stellschrauben wir drehen können. Dafür geht sehr viel Zeit drauf.“

 

Die Suche nach der wahren Stärke ist auch der Grund, weshalb der kommende Gegner ein wenig in den Hintergrund gerückt ist. „Natürlich bereiten wir uns auf Weinsberg vor“, sagt Haiser zwar: „Doch derzeit geht es für uns in erster Linie darum, wie wir uns besser und stabiler präsentieren können. Dann brauchen wir uns nirgends zu verstecken.“ Auch nicht unter der Ruine Weibertreu, wo der TSB vor knapp einem halben Jahr eine bittere 24:36-Klatsche bezog. Ebenso bitter verlief das Hinspiel, das in letzter Minute mit 30:31 verloren ging. „Doch das ist Vergangenheit“, will Haiser gar nichts von einem möglichen Angstgegner wissen. Klar sei aber auch: „Der Gegner ist in der mental besseren Position.“ Die Weinsberger, bei denen die treffsichere Rückraumachse um Robin Mahl (17 Saisontore), Jan König (13) und Maximilian Schulze (12) herausragt, rangieren mit 3:1 Punkten derzeit auf dem vierten Rang. Zum Auftakt rangen sie dem aktuellen Spitzenreiter Heiningen ein 33:33-Remis ab, am vergangenen Samstag führte Linkshänder Mahl sein Team mit zwölf Treffern zum 42:39-Auswärtssieg in Herrenberg.

 

Ein solches Selbstbewusstsein muss sich der TSB erst noch erarbeiten. „Wir glauben an den nächsten Schritt und den müssen wir jetzt einfach gehen“, sehnt Haiser den Befreiungsschlag herbei. Denn es sind gleich zwei Schlüsselspiele, die in Weinsberg und eine Woche darauf gegen die ebenfalls noch punktlosen Herrenberger bevorstehen. Gleichzeitig ist es auch der perfekte Zeitpunkt, um die Tabelle komplett auszublenden. Jeder einzelne Punkt wäre immens wichtig im spannenden neuen Oberliga-Modus. Besonders dann, wenn es gegen Teams geht, die im Februar ebenfalls in eine Abstiegsrunde mit hineinrutschen könnten. Von der anfangs angepeilten Top Vier-Platzierung, um die Abstiegsrunde zu vermeiden, spricht in Gmünd niemand mehr. „Das wäre ja auch vermessen“, sagt Haiser: „Dieses Ziel ist im Moment weit weg. Das nächste und erste Erfolgserlebnis ist das einzig Wichtige, um einen ersten kleinen Schritt nach vorne zu machen.“

 

Mit dem Ballast von 0:6 Punkten müssen die TSBler nun umgehen. „Doch es ist genauso, als ob du in einem Spiel mit sechs Toren zurück liegst“, zieht der Co-Trainer einen Vergleich: „Da kann man nicht losrennen und das in drei Minuten aufholen. Es geht nur von Tor zu Tor, von Schritt zu Schritt. Dazu müssen wir unsere Hausaufgaben machen und alles andere ausblenden.“ Ein Sieg in Weinsberg wäre die Chance, den Fehlstart zumindest ein klein wenig wieder auszubügeln. Dazu gilt es, endlich über 60 Minuten und nicht nur phasenweise eine Top-Leistung abzurufen. Dass das Trainerteam personell weiterhin aus den Vollen schöpfen kann, darin sieht Haiser nicht den einzigen Mutmacher: „Ich glaube fest an den Charakter unserer Mannschaft. Noch dazu mit der akribischen Arbeit in dieser Woche bin ich überzeugt davon, dass wir das Ruder herumreißen und unseren Weg gehen.“ Sich in Weinsberg endlich zu belohnen – das haben die Gmünder in der eigenen Hand.

 

TSB: Daniel Mühleisen, Tobias Klemm – Nicola Rascher, Tom Abt, Andreas Maier, Arian Pleißner, Louis Waldraff, Jonas Schwenk, Stefan Scholz, Patrick Watzl, Wolfgang Bächle, Vincent Pick, Eric Zimmermann, Jonas Waldenmaier

 

(Nico Schoch)