Stettner stellt sich vor sein Team: Gelingt dem TSB der Befreiungsschlag?

Handball, Oberliga: Ein brisanter Klassiker zum Finale der Gmünder Ballmania. Der TSB Gmünd empfängt am Samstag (20 Uhr / Großsporthalle) das stärkste Team des Jahres, den TSV Heiningen. Für Trainer Michael Stettner kommt das Derby zum "genau richtigen Zeitpunkt", um nach zwei Auftaktniederlagen die Trendwende einzuleiten.

 

Null Punkte aus den ersten beiden Saisonspielen – dieses Missgeschickt war den "Jets" letztmals vor sechs Jahren passiert. Aktuell kommt dieser Fehlstart besonders ungelegen, da sich schon in der Hinrunde entscheiden wird, ob die Reise in eine Auf- oder Abstiegsrunde führen wird. "In diesem Modus fehlt uns definitiv die Zeit, um die gleichen Fehler wieder und wieder zu machen", ist sich Michael Stettner dem Ernst der Lage bewusst. Panik kommt trotzdem nicht auf. "Ich will es gar nicht schönreden", sagt der Trainer: "Doch die Saison ist erst zwei Spieltage alt und da bringt es nichts, nur negativ draufzuhauen. Ich sehe doch, dass die Jungs im Training Vollgas geben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir das auch im Spiel umsetzen und den Turnaround schaffen."

 

Der erhoffte Turnaround war schon am vergangenen Sonntag zum Greifen nahe. Doch innerhalb der letzten zwölf Minuten verschenkte der TSB einen 25:22-Vorsprung, unterlag beim TuS Schutterwald dann mit 27:28. Der bittere Nackenschlag gegen den Aufsteiger hat auch dem Trainer sehr wohl zu denken gegeben. Bei einer halbstündigen Teamsitzung am Tag danach seien einige Punkte "deutlicher besprochen worden, als es seither der Fall war." Zufrieden stimmt es Stettner, dass jeder Einzelne selbstkritisch mit der Situation umgeht: "Die Jungs verstecken sich nicht hinter irgendwelchen Ausreden. Ich hinterfrage mich selbst permanent, habe an diesem Abend aber am wenigsten gesprochen. Damit ist das abgehakt und unser Fokus geht nach vorne."

 

Doch am Samstag reist ausgerechnet der TSV Heiningen an. Die "Staren" sind alles andere als ein Aufbaugegner für die schwächelnden Gmünder, sondern holten saisonübergreifend in diesem Jahr die meisten Punkte aller Oberliga-Teams. Mit 16 Siegen aus 19 Rückrundenspielen erreichte der Lokalrivale als Tabellenfünfter seine bislang beste Platzierung. Da versteht es sich von selbst, dass Trainer Mike Wolz nun einen der begehrten vier Plätze für die Aufstiegsrunde ins Visier nimmt. Zumal mit Marc Krammer vom TSV Weinsberg einer der Top-Torhüter der Liga neu verpflichtet wurde. Beim Auftaktspiel in Weinsberg mussten sich die Heininger in letzter Sekunde zwar mit einem 33:33-Remis begnügen, ließen dann in eigener Halle aber einen 36:22-Kantersieg über die noch punktlosen Herrenberger folgen und bauten ihre eindrucksvolle Bilanz in 2023 auf 36:6 Punkte aus.

 

Lediglich 21:23 Zähler stehen in diesem Zeitraum für den TSB zu Buche. Im vergangenen November glänzten die Gmünder noch bei ihrem 33:28-Derbysieg in eigener Halle, beim 29:35 im Rückspiel hingegen standen sie den furios aufspielenden Heiningern machtlos gegenüber. Schon damals deutete die Formkurve der Jets nach unten. Kreisläufer Stephan Mühleisen, der nach schwerer Schulterverletzung aktuell für sein Comeback schuftet, wird nicht bloß offensiv schmerzlich vermisst. Die Abwehr sucht weiterhin nach einstiger Sicherheit, obwohl Rückhalt Daniel Mühleisen in Schutterwald mit 22 Paraden überragte. Weniger die Verwertung, sondern die Auswahl der eigenen Torchancen bleibt das größte Manko. "Wir werden zu schnell ungeduldig und nehmen uns dann Halbchancen, wodurch dann relativ viele Fehlwürfe zustande kommen", ärgert sich Stettner.

 

Es sind genau diese Dauer-Baustellen, die den Trainer ein Stück weit ratlos machen. Die Kritik an den vielen "Ups and Downs" während der 60 Minuten sei absolut berechtigt, so Stettner: "Wir müssen unsere guten Phasen deutlich verlängern und unsere schlechten Phasen minimieren." Dass diese Stabilität immer noch fehlt, ist sicherlich auch auf das junge Durchschnittsalter der Mannschaft zurückzuführen. Da hilft es nur, in Ruhe weiterzuarbeiten und jeden Druck zur Seite zu schieben, findet Stettner. "In erster Linie bin ich verantwortlich für das sportliche Abschneiden und stelle mich vor meine Truppe", versucht er seine Spieler zu schützen. Wohlwissend, dass die nun liefern müssen. Und was gäbe es dafür eine bessere Gelegenheit als den stets brisanten Stauferland-Klassiker zum Finale der 8. Gmünder Ballmania ?

 

Den zusätzlichen Rückenwind einer großen Zuschauerkulisse jedenfalls kann der TSB gerade besonders gut brauchen. "Das ganze Event ist eine richtig coole Geschichte und noch ein Grund mehr, um in die Halle zu kommen. Wir bauen darauf, dass uns so viele Gmünder Fans wie nur möglich unterstützen", fiebert Stettner seiner persönlichen Ballmania-Premiere entgegen. Der Trainer bedauert es zwar, dass die DJK-Volleyballerinnen nicht in der Großsporthalle antreten können. Doch schon ab 14 Uhr werden die TSB-Handballer geschlossen ins Stadion gehen, um mit der Normannia mitzufiebern. "Das ist für uns eine Pflichtveranstaltung", unterstreicht der Trainer den Zusammenhalt unter den drei Vereinen: "Wir wollen dann versuchen, unseren Teil zu einer tollen Stimmung beizutraggen – am Besten natürlich mit dem ersten Sieg der Saison."

 

Die Favoritenrolle liegt zwar eindeutig bei den Gästen, doch der TSB hält an seiner Devise fest: Jedes Heimspiel soll auch ein Heimsieg werden. "Heiningen ist sicherlich nicht unschlagbar", ist Stettner überzeugt: "Ein Derby hat immer seine eigenen Gesetzte und das kommt für uns zum genau richtigen Zeitpunkt. Für uns ist es die Chance, mit der Unterstützung unserer Zuschauer wieder einen Schritt nach vorne zu machen."

 

Für dieses schwierige Unterfangen könnte nicht nur die Tatsache, dass der TSB mit voller Kapelle antreten kann, ein gutes Omen sein. Nach den besagten zwei Auftaktniederlagen im Herbst 2017 platzte der Knoten damals im zweiten Heimspiel mit einem 33:24 gegen die TSG Söflingen. Eine Wiederholung wäre wohl ganz im Sinne der Ballmania-Fans.

 

TSB: Daniel Mühleisen, Tobias Klemm – Nicola Rascher, Tom Abt, Andreas Maier, Arian Pleißner, Louis Waldraff, Jonas Schwenk, Stefan Scholz, Patrick Watzl, Wolfgang Bächle, Vincent Pick, Eric Zimmermann, Jonas Waldenmaier

 

(Nico Schoch)