Handball, Oberliga: Seit über einem Jahr ist der TuS Schutterwald in eigener Halle ungeschlagen. Der TSB Gmünd will das am Sonntag (17 Uhr) ändern und beim südbadischen Meister seine ersten Saisonpunkte einfahren.
Den Start in diese schwierige Saison hatten sich die „Jets“ anders vorgestellt. „Wir waren noch nicht am Optimum“, stellte Trainer Michael Stettner nach der 31:36-Heimschlappe gegen den TV Bittenfeld II fest. Das ist noch vorsichtig formuliert angesichts einer desaströsen ersten Halbzeit. Trotz einer frühen Zwei Tore-Führung verlor der TSB völlig den Faden und geriet mit bis zu acht Treffern ins Hintertreffen. Die hohe Fehlerquote war aus Stettners Sicht ein Resultat der durchwachsenen Vorbereitung, in der immer wieder einige Urlauber fehlten: „Man hat gesehen, dass wir spielerisch kaum etwas einstudieren konnten und einfach noch nicht so weit waren.“ Das zeigte sich bei der Abschlussschwäche einschließlich drei vergebenen Siebenmetern, ganz besonders aber in der Defensive, wo die Zuordnung oft nicht passte.
Besserung trat zwar nach der Pause ein, doch die Aufholjagd kostete enorm viel Kraft. „Wir hatten die Chance auf den Ausgleich und dann wäre das Spiel vielleicht vollends gekippt“, ist Stettner überzeugt. Ohne aber zu verschweigen, dass die Niederlage unterm Strich verdient war. Für die Gmünder war das besonders bitter. Denn das erklärte Ziel lautete eigentlich, daheim weniger Punkte liegenzulassen als noch in der Vorsaison – im ersten Versuch ist das vorerst misslungen. Umso wichtiger wäre es nun, die verlorenen Punkte in fremder Halle zu holen und das Konto somit auszugleichen. Die Marschroute des Trainers vor der weiten Fahrt nach Schutterwald ist jedenfalls unmissverständlich: „Auch wenn der Gegner Oberwasser hat, sind wir auf dem Papier vermutlich der Favorit und wollen definitiv gewinnen.“
Den Ortenauern allerdings gelang nach einem Jahr Abstinenz ein glänzendes Comeback in der Oberliga. Schon zur Halbzeit führten sie in Herrenberg mit 20:14 und auch wenn es im zweiten Durchgang beim 33:30 kurz einmal knapp wurde, stand am Ende ein souveräner 38:32-Auswärtserfolg. „Dort zu gewinnen ist nicht einfach, auch wenn Herrenberg einen personellen Umbruch hinter sich hat“, zeigt sich Stettner beeindruckt. Ebenfalls ziemlich eindrucksvoll war Schutterwald im vergangenen Jahr durch die Südbadenliga marschiert. Nur zwei Niederlagen und ein Unentschieden standen auf dem Negativkonto des TuS, der zudem jedes einzelne Heimspiel gewann. Auf die Meistersaison folgte allerdings ein kleiner Aderlass. Philipp Harter, ehemaliger Jugendnationalspieler und mit 172 Treffern der beste Werfer, hat aus beruflichen Gründen eine Handballpause eingelegt. Anstelle von Leon Sieck, der zum Oberliga-Absteiger TuS Steißlingen zurückkehrte, steht mit Matej Mandic (BSV Phönix Sinzheim) nun ein 24 Jahre junger, ehemaliger kroatischer Erstliga-Torwart zwischen den Pfosten. Auch die weiteren Neuzugänge Stefan Kofler (Kreis, TV Oberkirch) und Adrian Volk (Rückraum, HGW Hofweier) kamen von bisherigen Ligarivalen.
Geblieben sind erfahrene Kräfte wie der Linkshänder Michael Herzog und Spielmacher Julian Seigel, die beim Auftakterfolg in Herrenberg mit neun bzw. sechs Toren herausragten. Der erste Schritt zum Klassenerhalt ist schon einmal gemacht. ,,Die Jungs sollen sich freuen. Wir wollen aus diesem Erfolgserlebnis auch positive Energie ziehen", bilanzierte TuS-Coach Markus Lais und relativierte gleich: „Es war das erste Saisonspiel. Noch weiß man nicht, in welche Richtung es gehen wird." Mit einem Altersdurchschnitt von 24 Jahren ist der Neuling zwar jung, aber auch extrem breit aufgestellt. So konnte Lais am vergangenen Wochenende seinen Schlüsselspielern immer wieder Pausen geben. Vor einem Jahr fehlten den Schutterwäldern nach einer starken Serie in der Rückrunde lediglich drei Zähler für den Oberliga-Verbleib, den letzten Vergleich in Gmünd konnten sie hauchdünn mit 25:24 für sich entscheiden. Bessere Erinnerungen hat der TSB an das damalige Hinspiel, als er mit einem hart erkämpften 28:26 beide Punkte aus der Mörburghalle entführen konnte.
Dort ist der TuS Schutterwald mittlerweile seit 16 Monaten ohne Punktverlust. „Das spricht für sich“, sagt TSB-Coach Stettner über dieses heiße Pflaster: „Sie sind sehr heimstark und haben kräftig Selbstvertrauen. Deshalb müssen wir uns umso mehr strecken, um etwas mitzunehmen. Ob Favorit oder nicht – das wird alles andere als ein Selbstläufer.“ Zumal die „Roten Teufel“, so der Spitzname des einstigen Bundesligisten aus der Nähe von Offenburg, körperlich robust auftreten und über gehörig Power aus dem Rückraum verfügen. Da gilt es für den TSB mit aller Macht dagegenzuhalten, um einen Fehlstart abzuwenden.
Wobei die Gmünder diese Situation schon aus dem vergangenen Jahr kennen. Bei Stettners TSB-Premiere gab es in Großsachsen ebenfalls eine deutliche 30:37-Abreibung, beim zweiten Saisonspiel gegen Neuling Knielingen (32:25) präsentierten sich die Jets dann wieder von ihrer besten Seite und starteten eine Serie von vier Siegen. Eine ähnliche Reaktion würde ganz dem Wunsch des Trainers entsprechen. Zumal man bei einer weiteren Niederlage im Rennen um die vier Plätze zur Aufstiegsrunde, die gleichzeitig den sicheren Klassenverbleib bedeuten, erstmal ins Hintertreffen geraten würde. „Wichtig ist jetzt nur, dass wir den nicht optimalen Start jetzt abschütteln und in den nächsten Wochen zu unserer vollen Spielstärke kommen“, sagt Stettner.
Luft nach oben gibt es jedenfalls auf beiden Seiten des Feldes. Am Blocktraining wurde während der Trainingswoche gefeilt, auch im Verbund wollen die Gmünder nach zuletzt 36 Gegentoren stabiler stehen. Selbst die 31 erzielten Treffer waren laut Stettner noch ausbaufähig: „Wir nehmen uns immer noch einige überhastete Würfe, da müssen wir geduldiger spielen und auf Halbchancen verzichten – erst recht, wenn der gegnerische Torhüter so gut drauf ist wie bei Bittenfeld.“ Die Mannschaft selbst möchte nun eine Trotzreaktion zeigen, zumal auch positive Ansätze zu erkennen waren. „In den ersten 15 Minuten der zweiten Halbzeit haben wir unser Ding gespielt“, gab sich Rückraumspieler Andreas Maier kämpferisch: „Wenn wir das schaffen, können wir viele Teams schlagen – egal ob das ein Aufsteiger ist oder ein Absteiger aus der 3.Liga.“
Sein Trainer schlägt in die gleiche Kerbe: „Wir müssen in Schutterwald unsere Leistung abrufen und über 60 Minuten das zeigen, was wir gegen Bittenfeld nach der Pause geboten haben. Dann können auch wir mit Selbstvertrauen auftreten.“ Personell kann der TSB die 200 Kilometer weite Fahrt mit der vollen Kapelle antreten – von Stephan Mühleisen (Reha nach Schulter-OP) und Kai Schäffner (Auslandssemester) einmal abgesehen. Nun muss geliefert werden.
TSB: Daniel Mühleisen, Tobias Klemm – Nicola Rascher, Tom Abt, Andreas Maier, Arian Pleißner, Louis Waldraff, Jonas Schwenk, Stefan Scholz, Patrick Watzl, Wolfgang Bächle, Vincent Pick, Eric Zimmermann, Jonas Waldenmaier
Text: Nico Schoch