Die Bundesliga-Profis von Frisch Auf Göppingen lassen beim 47:24 (26:13) – Sieg im Freundschaftsspiel gegen den TSB Gmünd auf dem Spielfeld die Muskeln spielen, präsentieren sich ihren Fans dabei gleichzeitig authentisch und nahbar. Auch für die "Jets" und ihre Neuzugänge war es eine gelungene erste Einstimmung auf die neue Runde.
Auf das Torefestival folgte ein regelrechtes Handballer-Familientreffen. Im Foyer der Großen Sporthalle scherzte der Göppinger Co-Trainer Stefan Klaus mit Aleksa Djokic (heute TV Plochingen) und Dominik Sos, zwei einstigen Schützlingen aus seiner Zeit beim TSB. Auf dem Spielfeld unterhielten sich zwei frühere Weggefährten aus der württembergischen Jugendauswahl. "Er ist immer noch brutal bodenständig, das zeichnet ihn einfach aus", sagte TSB-Kreisläufer Stephan Mühleisen anerkennend über den heutigen Nationalspieler Sebastian Heymann. Beide hatten den Freitagabend in der Zuschauerrolle verbracht. Mühleisen schuftet nach seiner schweren Schulterverletzung am Comeback, Kumpel Heymann hingegen pausierte aufgrund eines kleinen Eingriffs am Knie – und hatte so schon während des Spiels ausreichend Zeit, um die Autogramm- und Fotowünsche der Fans zu erfüllen.
Genau diese Szenen waren es, die den Gmünder Handballfeiertag perfekt abrundeten. Jürgen Rilli, Sportlicher Leiter des TSB, freute sich nicht allein über den starken Zuspruch von 700 Zuschauern. "Frisch Auf hat sich super volksnah präsentiert und sich dabei besonders unseren Jugendspielern gewidmet", lobte Rilli den großen Nachbarn: "Sowohl für Frisch Auf als auch für den TSB war das eine Win-Win-Situation. Genau solche Events brauchen wir auch künftig bei uns in der Region."
Neun Jahre waren vergangen, seitdem der sechsfache Europapokalsieger letztmals in Gmünd zu Gast war. Aus dem damaligen Kader sind lediglich Marcel Schiller und Tim Kneule verblieben, die meisten jetzigen TSBler beobachten ihre Idole da noch als Jugendspieler von der Tribüne aus. So auch Giovanni Gentile, für den nun immerhin sechs Paraden in der Statistik standen. Trotz der Flut an Gegentoren waren es die gerade die Gmünder Torhüter, die sich immer wieder auszeichnen konnten. "Es war ein cooles Erlebnis für Fans, Sponsoren und uns als Mannschaft", betonte Gentile, der immer noch ein gutes Verhältnis zu Ex-Coach Klaus pflegt. "Das Ergebnis war zwar einen Tick zu hoch und wir waren manchmal zu passiv. Doch man hat auch gesehen, was da für eine Qualität auf uns zustürmte."
Die Göppinger ließen von der ersten Sekunde an keine Zweifel aufkommen – obwohl sie vom TSB gleich im ersten Angrifff überrascht wurden. Nicola Rascher wagte einen Kempa-Trick auf Eric Zimmermann, doch der holländische Nationalkeeper Bert Ravensbergen stand wie noch so oft im Weg. "Die Profis haben ihr Tempospiel hervorragend umgesetzt und uns klar die Grenzen aufgezeigt", unterstrich Rilli. Doch auch die eigenen Mannen konnten immer Akzente setzen. Jonas Waldenmaier etwa tat sich mit sechs eigenen Treffern hervor, obwohl er am Kreis echte Schwerstarbeit gegen den kroatischen 1,96 Meter-Koloss Kresimir Kozina zu verrichten hatte. "Da fühlt man sich genauso klein, wie es von außen aus sah. Wenn der ernst macht, dann trägt er dich wie ein kleines Kind aus dem Kreis heraus", lachte Waldenmaier, der wohlgemerkt selbst 102 Kilo auf die Waage bringt.
Einen Sieg hatte im Gmünder Lager freilich niemand erwartet, vielmehr orientierte man sich an den kleinen Teilerfolgen. "Mit 24 erzielten Toren können wir richtig zufrieden sein", findet Waldenmaier. Das andere Ziel, unter 40 Gegentoren zu bleiben, war dann doch vielleicht zu optimistisch gesetzt. "Doch sobald wir in das schnelle Spiel gekommen sind, hatten wir auch gegen Frisch Auf die Chance Tore zu erzielen", fügte Rilli an. Den Sportlichen Leiter freute besonders die Tatsache, dass die Jets mit Patrick Watzl und Stefan Scholz endlich wieder zwei Linkshänder aufbieten konnten.
"Da macht es doppelt so viel Spaß zu treffen", grinste Scholz. Der Neuzugang netzte gleich viermal ein. Wobei es für ihn keine ganz neue Erfahrung war, dem Göppinger Bundesligisten entgegen zu treten. Mit der HSG Winzingen-Wißgoldingen-Donzdorf unterlag er vor einem Jahr ebenfalls in aller Deutlichkeit mit 12:44.. "Du denkst, du bist schon ganz gut, lernst dann aber eine ganz andere Härte und Geschwindigkeit kennen", nennt der 22-Jährige seine Erfahrungswerte. Nebensache war das Endresultat dennoch, so auch für den zweiten "Neuen" im Gmünder Rückraum. "Ich habe mich riesig darauf gefreut, die Atmosphäre in der Halle aufzusaugen und zu sehen, was der Handball in Gmünd bedeutet", war Kai Schäffner vollauf zufrieden: "Von der ersten Sekunde an habe ich mich gut eingefunden und das auch aufs Spielfeld übertragen. Wir grooven uns immer mehr ein."
Ebenso wie Schäffner hatte auch Eric Zimmermann einst die Frisch Auf-Nachwuchsakademie durchlaufen. "Es ist echt heftig, wie groß sich die Unterschiede zwischen drei Ligen dann wirklich anfühlen", meinte der flinke Linksaußen: "Auf diesem Niveau sind die Gegenspieler einfach so schnell unterwegs, dass du im Rückzugsverhalten gar keine Chance hast. Doch die Anstrengung hat sich gelohnt für dieses coole Erlebnis. Nach der Sommerpause endlich wieder die Einlaufmusik zu hören, mit Kids an der Hand in eine volle Halle einzulaufen und die Fans wieder zu sein – das war einfach nur geil."
So war es am Ende genau das Handballfest, das sich beide Seiten als Einstimmung auf die neue Saison gewünscht hatten. Wohl aber wusste Frisch Auf – Cheftrainer Markus Baur, dass die Trauben zum Bundesliga-Start Ende August weit höher hängen. "Wir müssen noch ein paar Fehler minimieren, doch für die erst zweite Woche der Vorbereitung hat schon sehr viel funktioniert", resümierte der Weltmeister von 2007. Angesteckt von der "positiven Stimmung" beim TSB gab er gleich das erste eigene Ziel voraus: "Wir wollen unsere EWS-Arena wieder zur Hölle Süd machen und mehr Heimspiele gewinnen als in der Vorsaison. Mit einem guten Start und ohne die Doppelbelastung ist vieles möglich." Wohlwissend, dass sich die eigenen Anhänger eine baldige Rückkehr der Grün-Weißen in den Europapokal wünschen.
Ein wenig mehr Vorbereitungszeit bleibt dem TSB Gmünd, bis es am 16.September gegen den TV Bittenfeld II erstmals um Oberliga-Punkte geht. " Alles in allem war das ein tolles Spiel für uns und die Zuschauer, unsere Neuzugänge sind wirklich schon toll integriert", gab Trainer Michael Stettner einen kurzen Zwischenstand. Deutlich war ihm die Erleichterung anzusehen, dass sich sein Schlüsselspieler Andreas Maier wenige Tage zuvor beim Testspiel in Bottwartal keine schwerwiegende Verletzung zugezogen hatte. Mit einer Kniereizung muss Maier zwar die nächsten zwei Wochen aussetzen, doch der Saisonauftakt ist damit nicht in Gefahr. Bis dahin wird das fröhliche Frisch Auf – Feeling durch viel Arbeit abgelöst. Denn in der Hinrunde gilt es für den TSB, unter die ersten Vier zu kommen, um der Abstiegsrunde zu entgehen. "Das wird nicht einfach, denn genau das wollen im Prinzip alle Mannschaften erreichen", blickt Stettner voraus: "Wir geben alles dafür."
So wie es gegen Frisch Auf Göppingen bereits zu erkennen war.