Seine Leistungen, vor allem aber seine bemerkenswerte Trefferquote im Jugendbereich haben aufhorchen lassen. Tom Abt gilt als die größte Nachwuchshoffnung des TSB Gmünd. Sein Werdegang, der ohne Förderer Aaron Fröhlich kaum vorstellbar gewesen wäre, soll am Sonntag seinen vorläufigen Höhepunkt erleben: Mit einem Oberligadebüt im Heimspiel gegen die HSG Konstanz II.
Wer Tom Abt auf dem Spielfeld erlebt, der sieht einen Teenanger, der vor Selbstvertrauen nur so strotzt und gerne Verantwortung übernimmt. Abseits des Spielfelds zählt der angehende Abiturient eher zur ruhigen, bescheidenen Natur. Vor allem aber ist der wurfgewaltige Rechtshänder ein waschechter TSBler. Bereits als Siebenjähriger zog es ihn Tag für Tag in die Halle. Bemerkenswert lesen sich die Erfolge der vergangenen Jahre: Als Lenker und Denker im Rückraum führte Abt seine Altersgenossen zum C-Jugend Landesligatitel sowie zur zweimaligen Vize-Meisterschaft in der B-Jugend-Württembergliga. In der vergangenen Saison sicherte er sich mit 187/35 Toren die inoffizielle, württembergische Torjägerkrone. Den herausragenden Schnitt von zehn Treffern pro Partie hält er derzeit auch bei den A-Junioren: 29 Tore stehen nach drei Saisonspielen zu Buche. „Der TSB ist mein Verein, für den ich immer alles geben werde“, schwärmt der Youngster.
Dass dies nicht nur leere Worte sind, hat Abt bereits zweimal bewiesen. Wobei ihm sicherlich niemand böse gewesen wäre, wenn er dem Lockruf der Spitzenvereine aus der Region gefolgt wäre. In der C-Jugend meldete sich Frisch Auf Göppingen erstmals, doch Abt lehnte dankend ab: „Natürlich habe ich über dieses Angebot nachgedacht. Aber wir hatten in Gmünd schon damals ein sehr gutes Team und die Meisterschaft war für mich der Beweis, dass es der richtige Schritt war, zu bleiben.“ Diesen Sommer klopfte mit dem TV Bittenfeld der nächste Erstligaverein an. „Ein oder zwei Jahre in der Jugend-Bundesliga wären für meine Entwicklung sicherlich nicht schlecht gewesen“, meint Abt, der auch zwei Trainingseinheiten beim TVB absolvierte. Auf der Rückfahrt sei er sich jedoch mit Mutter Anita einig gewesen: „Das ist nicht meine Mannschaft, dort passe ich nicht hin.“
Ein weitaus besseres Gefühl bekam der 16-Jährige von Stefan Klaus und Jürgen Rilli vermittelt. Der Chefcoach und der Sportliche Leiter des TSB sind längst auf die Leistungen des Talents aufmerksam geworden. „Beide haben mir einen langfristigen Weg dargestellt, den sie mit mir gehen wollen. Diese Gespräche haben mir Sicherheit gegeben, dass nicht die großen Namen, sondern der TSB die richtige Adresse für mich bleibt“, so Abt. Klaus jedenfalls schwärmt in den höchsten Tönen von seinem jüngsten Spieler, will ihn allerdings behutsam heranführen: „Tom ist technisch unheimlich versiert, spielerisch und individuell schon wahnsinnig weit entwickelt. Es wird schwer für ihn, in der BWOL Fuß zu fassen, aber ihm gehört die Zukunft.“ Wunderdinge erwartet vom Wunderknaben (noch) niemand. „Er bekommt die Zeit, die er braucht“, so Rilli.
Genau diesen Rückhalt weiß Abt zu schätzen. Mit Geduld und harter Arbeit will er die zwei verbleibenden Jahre in der A-Jugend gezielt nutzen und dazulernen. Enorm weitergebracht hat es den Youngster, dass er bereits seit über einem Jahr regelmäßig mit der Ersten Mannschaft trainiert. „Das ist eine super Truppe, in die schnell aufgenommen wurde, obwohl ich als 16-Jähriger noch nichts vorzuzeigen habe“, berichtet Abt, der aber auch gnadenlos seine Defizite aufgezeigt bekam. In puncto Dynamik und Tempo musste er aufholen. Besonders gravierend waren die körperlichen Unterschiede für den mit einer Körpergröße von 1,83 Metern und einem Gewicht von 74 Kilogramm eher schmächtigen Jugendspieler: „Wenn ich nicht 120 Prozent gebe, habe ich keine Chance. Ich musste mich erst einmal beweisen, das war pure Willenssache.“ Es ist ein Weltenunterschied im Vergleich mit der A-Jugend, wo dem Kapitän mit seinen schnellen Bewegungen auch gedrosselter Einsatz reicht, um sich durchzusetzen. Genau in dieser Hinsicht nutzt ihm das „Stahlbad“ bei den Aktiven schon jetzt: „Die Trainingshärte bringt mich extrem weiter. Die Zweikämpfe fallen mir jetzt viel leichter.“
Dass er sich im Klaus-Team sofort wohlfühlte, verdankt Abt auch seinem Jugendtrainer. „Beim ersten Mal bin ich ziemlich aufgeregt und mit zittrigen Beinen in die Kabine gekommen“, blickt Abt zurück auf die „Vorfreude, endlich bei den Großen mizuspielen und sie ein bisschen zu ärgern.“ Aaron Fröhlich als Teamkollege zur Seiten zu haben, erleichterte ihm die Eingewöhnung. Sechs Jahre ist es bereits her, dass der Oberliga-Spielmacher den kleinen Tom Abt unter seine Fittiche nahm. Als „nullkommenull sensationell“, stuft Fröhlich die Entwicklung seines Vorzeigeschülers ein: „Es war früh zu erkennen, dass ein gewisses Talent vorhanden ist.“ Hinzu kommt ein enormer Trainingsfleiß. „Mit der Jugend und im Fitnessstudio absolviert Tom insgesamt doppelt so viele Einheiten wie alle Spieler aus der Ersten Mannschaft“, rechnet der 29-Jährige vor.
In Fröhlich hat Abt seinen großen Mentor gefunden, die spielerischen Gemeinsamkeiten sind unverkennbar. „Wir sind uns in vielen Punkten sehr ähnlich und spielen auf der gleichen Position, da kann man natürlich das eine oder andere übernehmen“, betont Fröhlich, der die Entwicklung aller seiner A-Jugendspieler gespannt verfolgt: „Es ist nicht nur Tom, von dem wir sehr viel erwarten dürfen, wenn auch nicht in den nächsten beiden Saisons.“ Für die kommenden fünf Jahre wünscht sich der neue Jugendleiter, dass eine größere Riege an Eigengewächsen dem TSB ein neues, noch jüngeres Gesicht gibt. Die einst von Tormann Sebastian Fabian trainierten Yannik Leichs (19), Sven Petersen (20) und Giovanni Gentile (20) haben den Sprung bereits geschafft. „Wir wollen pro Jahrgang zwei Spieler in die Erste Mannschaft hochziehen“, nennt Fröhlich die Zielsetzung für diesen schleichenden Umbruch. Tom Abt hat die ersten Schritte bereits hinter sich. „Jede Spielminute, die er in der Oberliga bekommt, ist ein Riesen-Kompliment für seine Arbeit und er kann nur daraus lernen“, findet Fröhlich, warnt zugleich aber davor, zu schnell hohe Erwartungen zu wecken: „Erst mit Anfang 20 wird man körperlich so richtig zum Mann. Aber als Trainer habe ich den Anspruch, mein Können bestmöglich weiterzugeben. Deshalb hoffe ich, dass ein Jugendspieler, der ein solches Talent mitbringt, besser sein wird als ich es bin.“
Über diesen Ritterschlag, seinen Lehrer künftig zu überflügeln, muss Abt schmunzeln. Noch erscheint diese Vision in weiter Ferne, betrachtet man Fröhlichs konstant starken Auftritte als Führungskraft und Torjäger in der vierthöchsten Spielklasse. „So eine Aussage baut Druck auf, aber sie macht mich unglaublich stolz“, so der 16-Jährige, der den gemeinsamen Weg als „unbeschreiblich“ bezeichnet: „Dass ich Aaron gefunden habe, ist ein ganz großes Glück. Wir verstehen uns extrem gut, besitzen ähnlich ambitionierte Ziele und Charaktereigenschaften.“ Auf die Frage, ob sein Werdegang ohne diese Unterstützung möglich gewesen wäre, antwortet Abt mit einem ganz klaren Nein. Neben seinem früheren Trainer Markus Knoll habe Fröhlich „einen 95-prozentigen Anteil daran, was bis jetzt aus mir geworden ist.“
Gemeinsam in der Herren-Oberliga auf dem Feld stehen. Das wäre die Krönung dieser engen Trainer-Spieler-Beziehung. „Die Vorfreude ist riesig und lässt sich überhaupt nicht in Worte fassen“, sagt Abt mit glühenden Augen. Wohlwissend, dass sich dieser lang gehegte Traum am Sonntag endlich erfüllen könnte. Denn punktgenau mit dem Heimspiel gegen die HSG Konstanz II (18 Uhr / Große Sporthalle) feiert er seinen 17.Geburtstag und ist damit erstmals spielberechtigt. Dass der Youngster im Kader stehen wird, gilt angesichts der verletzungsbedingten Ausfälle von Max Dangelmaier und Sven Petersen als sicher. Stefan Klaus allerdings lässt sich naturgemäß nicht in die Karten schauen, was mögliche Einsatzzeiten betrifft. Es wird wohl maßgeblich vom Spielverlauf abhängig sein, ob der Trainer seinem hochveranlagten Rechtshänder das denkbar schönste Geburtstagsgeschenk bereitet. „Ich würde mich riesig freuen, es wäre ein super Ereignis“, fiebert Abt seinem Debüt entgegen – unabhängig davon, ob er im Rückraum oder auf Linksaußen eingesetzt wird. Doch der Teamgedanke steht für ihn auch an seinem persönlichen Ehrentag an erster Stelle: „Ich darf nicht auf meine Wünsche blicken, sondern nur auf das Ergebnis. Ein Sieg muss her. Falls ich nicht spielen sollte, dann werde ich die Mannschaft von der Bank aus bestmöglich unterstützen, damit wir dieses Spiel erfolgreich gestalten.“
(Text: Nico Schoch – Porträtbild: Jörg Frenze, Spielbilder: Nico Schoch)