"Ich versuche, mir keinen Druck zu machen" - Max Häfner im Interview

Weitaus schneller als es ihm die Experten zutrauten, hat sich Max Häfner beim Bundesligisten TVB 1898 Stuttgart etabliert. In der vergangenen Saison gelang dem 23-Jährige der Durchbruch zum Stammspieler und soll als gesetzter Spielmacher dafür sorgen, dass die „Wild Boys“ erneut den Klassenverbleib schaffen. Vor dem Freundschaftsspiel bei seinem Heimatverein TSB Gmünd am Dienstagabend (19:30 Uhr / Große Sporthalle) hat sich Häfner Zeit genommen, um mit Nico Schoch über seine persönliche Entwicklung und die Zukunftsaussichten beim TVB zu sprechen.

Hallo Max, wie geht es dir? Wie hast du die ersten Wochen der Saisonvorbereitung überstanden?
Das Trainingslager war anstrengend, wir hatten eine sehr intensive Woche im Zillertal. Das Hauptaugenmerk war bislang auf die Athletik gerichtet und diese harte Arbeit an den Grundlagen wird sich im Saisonverlauf sicherlich bezahlt machen.

Was ist härter: Eine Saisonvorbereitung unter Jürgen Schweikardt beim TVB oder unter Michael Hieber in Gmünd?
(lacht) Ein schwieriger Vergleich. Unsere Einheiten im Zillertal hat größtenteils unser Athletiktrainer Carsten Schäfer geleitet und ich kann festhalten, dass es mit Carsten deutlich anstrengender war als damals beim TSB. Wobei es keinesfalls so war, dass das Training bei Micha Hieber locker gewesen wäre.

Der TVB Stuttgart bestreitet in dieser Woche insgesamt fünf Testspiele innerhalb von sieben Tagen. Wie steckt ihr diese hohe Belastung weg?
Ich bin schon noch etwas platt vom Wochenende, wir hatten nur wenig Zeit zum Ausruhen. Die drei Spiele beim Sparkassen-Cup in Altensteig waren wirklich ganz schön intensiv. Dadurch, dass uns zurzeit einige Verletzte fehlen, haben wir wenig Alternativen und so erhält jeder Einzelne viel Spielzeit. Den Montag haben wir frei bekommen, um noch einmal die Akkus aufzuladen.

Der Auftritt in Gmünd ist für viele deiner Teamkollegen einfach nur ein weiteres Testspiel. Für dich persönlich wird es aber ein ganz spezieller Abend werden, oder?
Das Spiel an sich hat eigentlich keinen besonderen Charakter für die Vereine. Für den TSB ist es sicherlich ein tolles Event in der Vorbereitung, einen Erstligisten zu Gast zu haben. Auch für mich ist es absolut etwas Besonderes, gegen gute Freunde zu spielen. Es gibt immer noch sehr viele Berührungspunkte mit dem TSB. Ich freue mich sehr darauf, die Jungs wieder zu sehen. Zwar nicht im selben Trikot, aber ich denke, dass es danach trotzdem einen Schluck Bier geben wird (schmunzelt).
Dein Bruder Jan und Cousin Felix haben die Handballschuhe in diesem Sommer vorerst an den Nagel gehängt. Bist du arg traurig, dass dieses Familienduell ausfällt?
Das wäre natürlich ein Highlight gewesen. Bislang habe ich immer nur gegen Kai gespielt. Nun auch gegen die anderen beiden Häfners zu spielen, wäre sicher ganz cool gewesen. Aber man muss es so nehmen, wie es kommt.

Was ist es für ein Gefühl, von seinem Heimatverein im Vorfeld groß auf Plakaten und in der Presse angekündigt zu werden?
Natürlich spüre ich eine enorme Anerkennung und Wertschätzung. Das man so etwas gerne liest oder sieht, steht außer Frage. Deswegen werde ich jetzt aber nicht abheben oder mir etwas darauf einbilden, ganz und gar nicht.

Dein drittes Bundesligajahr steht bevor und man kann durchaus sagen, dass du mittlerweile ein gestandener Profi bist und das obwohl dich einige langwieriger Verletzungen zwischenzeitlich zurückgeworfen haben...
Ich weiß nicht, ob ich das direkt so unterschreiben würde. Ich glaube vielmehr, dass ich mich auf einem ganz guten Weg befinde, ein gestandener Bundesligaspieler zu werden. Das braucht natürlich noch ein wenig Zeit und es ist noch viel Luft nach oben. Doch ich habe gesehen, dass ich auf diesem hohen Niveau mitspielen kann und freue mich daher auf die Zukunft.

Rückblickend: Was waren die größten Schwierigkeiten auf dem Sprung von der Ober- in die Bundesliga?
An sich gab es keine große Schwierigkeiten, sondern eher viele Umstellungen, was das Trainingspensum umgeht. Anstatt drei- oder viermal pro Woche musste ich plötzlich zweimal täglich trainieren. Auch in der Spielvorbereitung und Gegneranalyse wird viel detailversessener gearbeitet. Das war am Anfang ungewohnt, aber nichts womit ich Probleme gehabt hätte.

In welcher Hinsicht hast du in dieser Zeit am meisten dazugelernt?
Ich denke, dass ich mein Schlagwurf an der einen oder anderen Stellschraube verbessert habe, und einfach noch ein besseres Timing für meine Würfe oder das Eins-gegen-Eins gefunden habe. Menschlich ist es natürlich noch eine ganz andere Sache. Als ich nach Stuttgart gewechselt bin, war ich sozusagen einer von Vielen. Zuvor war ich in Gmünd derjenige, der den Ton angegeben hat. In dieser Rolle schlüpfe ich nach und nach nun auch beim TVB hinein und das gefällt mir ganz gut.

Von Trainer Jürgen Schweikardt bist du nun fest als Spielmacher statt wie bislang als Linksaußen eingeplant. Wie dankbar bist du dafür, eine solch große Verantwortung übernehmen zu dürfen?
Ich bin mega glücklich darüber, dass der Trainer mir ein solches Vertrauen schenkt und ich auf solch einer wichtigen Position spielen soll. Da ich früher beim TSB und in der Jugend immer im Rückraum gespielt habe, fällt mir diese Umstellung auch gar nicht allzu schwer. Nicht zuletzt waren auch die vergangenen beiden Jahre optimal, weil ich von erfahrenen Spielern wie Michael Schweikardt und Michael Kraus unheimlich viel lernen konnte. Die beiden alten Haudegen haben mir viele Tipps gegeben. Jetzt versuche ich einfach, mir keinen Druck zu machen und mich nicht mit anderen zu vergleichen.
Von TV-Experte und Handballikone Stefan Kretzschmar wurdest du im Frühjahr bereits als „kommender Nationalspieler“ angepriesen. Wie nimmt man ein solches Lob wahr?
Gar keine Frage, wenn eine solche Handballgrößte das sagt, erfüllt einen das mit Stolz. Trotzdem bin ich kein Fan davon, von Schritt 1 auf Schritt 4 zu springen. Ich will das mich weiterhin in der Bundesliga etablieren und irgendwann über weitere Ziele nachdenken.

Mit dem Isländer Elvar Asgeirsson hast du einen neuen Partner auf der Rückraummitte-Position bekommen. Wo liegen seine Stärken, wie gut versteht ihr euch?
Elvar ist ein sehr offener und umgänglicher Typ, eine angenehme Person. Auf dem Spielfeld hat er hohe Entscheidungsqualität und spielt eine aggressive Abwehr. Wenn er sich jetzt noch mit der Sprache anfreundet und an das Niveau der Liga herantastet, wird er eine hervorragende Verstärkung für uns sein.

Sieben Abgängen stehen in diesem Sommer sechs Neuzugänge gegenüber. Wie läuft der Umbruch beim TVB und worauf dürfen sich die Zuschauer in der neuen Runde freuen?
In den ersten Testspielen haben wir festgestellt, dass die Feinabstimmung einfach noch nicht vorhanden ist, und haben entsprechend deutlich gegen die Bundesligisten Balingen (26:33, Anm. d. Red.) und Wetzlar (21:37) verloren. Es braucht einfach Zeit, bis alle Neuen unsere Absprachen verinnerlicht haben. Dazu dient die Vorbereitung auch kleine Nackenschläge sind deshalb vielleicht gar nicht so schlecht. Wir wissen, woran wir arbeiten müssen. Doch insgesamt haben wir eine schlagkräftige Truppe beisammen und ich bin sehr gespannt darauf, zu was wir fähig sind, wenn wir denn eingespielt sind.

Mit welcher Platzierung wärst du am Saisonende zufrieden?
Ich finde es nicht gut, eine Platzierung als Ziel auszugeben. Auch die Tabelle der letzten Saison war am Ende nicht allzu aussagekräftig. Mit etwas weniger Verletzungspech oder mehr Glück in den entscheidenden Szenen wären wir vielleicht Neunter statt Fünfzehnter geworden. Wichtig ist, dass wir uns auch dieses Jahr schnellstmöglich von den Abstiegsplätzen distanzieren. Wenn der Klassenerhalt geschafft ist und wir Sicherheit haben, können wir gerne über weitere Ziele reden.

In drei Wochen wird es im DHB-Pokal erstmals richtig ernst für den TVB. Was steht bis dahin noch auf dem Programm?
Der taktische Feinschliff steht jetzt ganz klar im Vordergrund. Wir müssen die Neuen in unsere Spielzüge und das Abwehrsysteme integrieren. Die Spieler, die viel miteinander agieren, brauchen ein Feintuning.

Vor fünf Jahren bist du noch als A-Jugendlicher mit dem TSB in die Oberliga aufgestiegen, nun startest in dein drittes Bundesliga-Jahr. Wagen wir den Blick nach vorne: Wo siehst du dich selbst in fünf Jahren?
An sich mache ich mir relativ wenig Gedanken über die Zukunft. Das kann man nicht planen, deshalb lasse ich alles ganz entspannt auf mich zukommen. Ich versuche im Hier und Jetzt mein Bestes zu geben und mich optimal weiterzuentwickeln. Dann werden wir sehen, wohin mein Weg noch führen wird.
Auch dein Bruder Kai ist einstmals beim TVB durchgestartet. Hast auch du Fernziele wie den Europapokal oder die Nationalmannschaft im Hinterkopf?
Jeder ambitionierte Handballer hat stets den Traum vor Augen, irgendwann einmal für einen ganz großen Verein aufzulaufen oder den Adler auf der Brust zu tragen. Ich würde lügen, wenn auch ich mich nicht gerne dort sehen würde. Aber es ist unmöglich zu sagen, ob oder bis wann das funktionieren soll.

Parallel arbeitest du auch noch weiterhin an deinem zweiten Standbein. Was macht das Lehramt-Studium?
Ich werde vermutlich das eine oder andere Semester länger brauchen als meine Kommilitonen, aber solange es mit dem Handball nebenher so gut läuft, bin ich absolut zufrieden. Die PH Gmünd kommt mir in vielen Dingen entgegen und ich werde beispielsweise von Prüfungen freigestellt, wenn Trainingseinheiten oder Spiele anstehen.

Und solange bleibt sicherlich noch genügend Zeit, die Heimspiele des TSB zu besuchen, oder?
Genau so ist es. In der vergangenen Saison war ich relativ oft vor Ort, da ich zu den allermeisten Ex-Mitspielern weiterhin einen sehr engen Kontakt pflege. Ich fühle mich nach wie vor sehr wohl dort und die Jungs freuen sich, wenn ich vorbeikomme. Genauso ist es natürlich auch umgekehrt.

Was ist den Gmündern in der neuen Oberliga-Saison zuzutrauen?
Die Liga kenne ich zwar noch ganz gut, die Neuzugänge des TSB aber leider umso weniger. Es liegt nicht in meinem Wissen, zu bewerten, wie stark sie sich verstärkt haben. Da aber der größte Teil bereits oberligaerfahren ist, traue ich der Mannschaft zu, dass sie die Klasse auf jeden Fall halten. Und in der Gmünder Halle zu gewinnen, wird für kein Gästeteam einfach sein.

Der TSB hat derzeit wieder einen Spieler in seinen Reihen, dessen Werdegang einige Parallelen zu dir aufweist. Kann auch der erst 19-Jährige Yannik Leichs einmal zu einem Kandidaten für den TVB reifen?
Ich habe leider nie mit Yannik zusammengespielt. Aber ich bin sehr beeindruck von dem, was er kann. Er besitzt ein unheimlich hohes Spielverständnis und ist auch selbst torgefährlich. Daher bin ich gespannt, was er aus seinem Talent macht. Mit seinem Potenzial kann er weit kommen, vorausgesetzt er bleibt verletzungsfrei.

Abschließende Frage: Welches Ergebnis wünscht du dir für den Dienstagabend?
Ich hoffe natürlich, dass wir gewinnen – also der TVB (lacht). Wir wollen den Fans ein spannendes und interessantes Spiel mit vielen ansehnlichen Aktionen bieten.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg und Gesundheit für die neue Saison, lieber Max!