Spiel eins nach der Trainerentscheidung. Der TSB Gmünd gastiert am Samstag (20 Uhr / Sportpark Mindlestal) beim TuS Steißlingen, gegen den man im Hinspiel in letzter Sekunde eine bittere Heimniederlage schlucken musste.
Für Dragoș Oprea beginnt nun die persönliche Abschiedstour. Für zwölf Spiele wird der einstige Bundesligaprofi noch den TSB Gmünd coachen, bevor er ab Sommer das Traineramt beim Drittligisten TSB Heilbronn-Horkheim übernimmt. Seit der Bekanntgabe am Dienstag stand sein Handy kaum noch einen Moment still. Unzählige Gratulationen erreichten den 39-Jährigen, unter anderem von früheren Mitspielern aus Jugendzeiten in Horkheim, „die sich schon darauf freuen, dass wir uns bald wieder öfter sehen.“ Daran verschwendet Oprea derzeit aber noch keinen einzigen Gedanken. „Ich sage das nicht, weil es eine Standardfloskel ist“, betont er: „Bis zum Saisonende im Mai ist der TSB Gmünd meine Priorität Nummer eins. Das Einzige, was für mich zählt, ist es meine Jungs bestens zu motivieren und auf den Punkt zu bringen, damit wir am Wochenende liefern.“ Für Gedanken an die Rückkehr zu seinem Heimatverein habe er schlichtweg „keine Zeit“, will er sich doch mit voller Energie der Trainingsgestaltung und Spielnachbereitung widmen.
Besonders viel Zeit hat es dabei in Anspruch genommen, das Drama vom vergangenen Wochenende aufzuarbeiten. Gegen den Abstiegskandidaten TSV Birkenau lag der TSB beinahe hoffnungslos mit acht Toren zurück, konnte in der Schlussphase dann aber doch noch ein 28:28-Remis erringen. Die Moral und der Kampfgeist seiner Truppe imponierten Oprea zwar, doch besonders im Umschaltspiel erkannte er einige Mängel. „Der Druck und dieses schnelle Spiel, das uns auszeichnet, hat über weite Strecken nachgelassen“, hat er eine eklatante Schwachstelle ausgemacht. Zu statisch, zu behäbig präsentierte sich der Gmünder Angriff. Das änderte sich erst in der zweiten Halbzeit, als der 19 Jahre junge Tom Abt die Spielmacherposition übernahm und immer wieder Lücken in die gegnerische Abwehr riss.
Das besondere Augenmerk im Training richtete sich deshalb auf den Spielaufbau. In der ersten Phase vermisste Oprea die nötige Geschwindigkeit, um dann in der „Zündphase“ mit Schwung aufs Tor zu kommen. Gleichzeitig fehlten dem TSB die einfachen Gegenstoßtore, die schnellen Flügelspieler Eric Zimmermann und Wolfgang Bächle konnten ihre Stärken nur selten ausspielen. „Dafür brauchen wir eine gute Abwehr und eine gute Torhüterleistung, dann müssen wir auf das Tempo drücken“, fordert Oprea daher. Die Intelligenz und Phantasie im Spielaufbau stecke in jedem seiner Spieler: „Es ist meine Hauptaufgabe als Trainer, das wieder zu wecken.“ Immerhin habe dieses System den TSB dorthin gebracht, wo er aktuell steht: Auf einem herausragenden fünften Tabellenplatz mit Kontakt nach ganz oben.
Nun wartet in der Bodenseeregion erneut ein Gegner, der sich mit aller Macht gegen den Abstieg stemmt und an den der TSB bislang überhaupt keine guten Erinnerungen hat. Dreimal trafen die Gmünder bereits auf den TuS Steißlingen, dreimal gab es eine Niederlage. Besonders bitter verlief das Hinspiel im Oktober, als der TSB in eigener Halle durch ein Siebenmeter-Gegentor nach Ablauf der regulären Spielzeit mit 28:29 unterlag. „Sehr ärgerlich“, findet Oprea das immer noch, auch wenn der Stachel inzwischen nicht mehr allzu tief sitzen würde: „Vor dem Rückspiel erinnert man sich schon noch einmal daran zurück. Doch so ein Fehler, den wir damals teuer bezahlen mussten, wird uns nicht mehr passieren. Da bin ich mir sicher.“
Besonders stolz ist man in Steißlingen auf die große Zahl an Eigengewächsen im Kader. Die meisten Spieler sind entweder in der Gemeinde mit ihren 5.000 Einwohnern aufgewachsen, oder haben bereits die Jugend des TuS durchlaufen. Die Damenmannschaft ist im vorigen Sommer sogar in die 3.Liga aufgestiegen. Die Herren selbst haben mit ihrem direkten Wiederaufstieg in der Saison 2019/20 ein echtes Ausrufezeichen gesetzt, als sie mit nur einem abgegebenen Punkt durch die Südbadenliga marschiert waren.
In dieser Runde haben die Hegauer ihre zwischenzeitliche Talsohle offenbar durchschritten und vier ihrer letzten fünf Spiele gewonnen. Durch einen 29:26-Auswärtserfolg beim Tabellennachbarn Birkenau festigten die Steißlinger vor zwei Wochen ihren Nichtabstiegsplatz, doch der Vorsprung ist mit nur einem Zähler denkbar knapp. „Wir haben seit dem 11.Dezember kein Spiel mehr verloren, das ist schon ein Unterschied“, merkt Oprea lachend an. Was aber nicht bedeutet, dass scheidende Coach den kommenden Gegner auf die leichte Schulter nimmt. Steißlingen sei ähnlich unberechenbar wie auch Birkenau: „Gegen ihre kompakte 6-0-Abwehr mit großen Spielern und starken Torhütern haben wir Lösungen. Doch dazu müssen wir zu unserem Spielfluss zurückfinden.“ Auffällig sei, dass Steißlingen zuhause regelmäßig weit über 30 Tore erzielt. „Die drücken kräftig aufs Tempo“, warnt Oprea.
Da beide Teams einen schnellen Handball forcieren, können sich die Zuschauer auf einen rassigen, schnellen Schlagabtausch und „60 Minuten Tempohandball“ freuen. Für den TSB gilt es im 1400 Plätze fassenden Sportpark Mindlestal nicht nur vor einem begeisterungsfähigen, enthusiastischem Publikum zu bestehen, sondern auch der eigenen Favoritenrolle besser gerecht zu werden als noch in der vergangenen Woche. Wobei Oprea dieses Thema gar nicht allzu hoch hängen möchte. Bei sechs Plätzen und zehn Punkten Unterschied sind die Rollen auf dem Papier zwar klar verteilt. „Aber wir haben gesehen, dass das in dieser Liga nichts bedeuten muss“, spielt der 39-Jährige auf die beiden Siege seiner Mannschaft gegen Spitzenreiter Baden-Baden an: „Ich glaube nicht, dass die Favoritenrolle bei jemandem im Kopf steckt. Auch wenn wir keinen Druck von außen haben, wir wollen immer gewinnen und machen uns nur selbst Druck. Vom Aufstieg reden wir sowieso nicht.“
Zumal die Trainingsgestaltung weiterhin schwierig bleibt. Nicola und Marian Rascher fehlten zu Wochenbeginn urlaubsbedingt, Sebastian Fabian und Aaron Fröhlich sind für den Samstag noch keine Option und mit Philipp Schwenk droht ein weiterer Leistungsträger verletzungsbedingt weiter auszufallen. Sven Petersen ist nach zwei Wochen Pause zwar behutsam wieder ins Training eingestiegen, doch „verheizen“ will Oprea seinen angeschlagenen Linkshänder keinesfalls: „Ich werde niemanden zwingen, die Gesundheit geht vor.“ Youngster Valentin Pick kam nach längerer Verletzungspause im Oberliga-Team zuletzt nicht zum Zug und soll stattdessen im Perspektivteam die dringend benötigte Spielpraxis sammeln. Doch die TSBler haben bereits einige Male unter Beweis gestellt, auch mit dünner Personaldecke zu Top-Leistungen fähig zu sein. Daran gilt es am Samstag anzuknüpfen. „Wir sind voll fokussiert auf Steißlingen“, stellt Oprea nochmals fest: „Alles andere ist noch viel zu weit weg.“
TSB: D.Mühleisen, Immer – Petersen, Watzl, Abt, M.Rascher, N.Rascher, Pleißner, P.Schwenk (?), Va.Pick, Bächle, Zimmermann, S.Mühleisen, Kiesel, Waibel
Bisherige Duelle (aus TSB-Sicht): 3 Niederlagen
Der Gegner: TuS Steißlingen
(Text: Nico Schoch - Bilder: Enrico Immer, TuS Steißlingen)