Der TSB Gmünd setzt das nächste dicke Ausrufezeichen. Dank einer herausragenden zweiten Halbzeit bezwingt das Oprea-Team den Tabellenführer TVS 1907 Baden-Baden zum zweiten Mal in dieser Saison und rückt durch den 30:25 (12:13) – Heimsieg auf Rang fünf vor.
Partystimmung herrschte am Sonntagabend in der Großen Sporthalle nach einem packenden Topspiel, das Erinnerungen an große Handballfeste vor Beginn der Corona-Pandemie wachwerden ließ. 486 begeisterte Zuschauer hatte es bereits einige Minuten vor Schluss längst nicht mehr auf ihren Sitzen gehalten. Vor dem Spiel hatten sie sich die Frage gestellt: Kann der TSB Aufstiegskampf ? Eine deutlichere Antwort hätten die Jets kaum geben können. Sie fügten dem TVS 1907 Baden-Baden die erste Niederlage seit Oktober zu und stellten eindrucksvoll unter Beweis, dass der 26:25-Coup aus dem Hinspiel keine Eintagsfliege war. Wer den Spitzenreiter zweimal schlägt, ist automatisch ein ganz heißer Anwärter auf die ganz vorderen Plätze. Als Tabellenfünfter liegen die Gmünder weiterhin nur zwei Punkte hinter einem Aufstiegsrang zurück.
„Einfach nur geil, so fasste Trainer Dragoș Oprea die unbändige Freude in einem ersten Statement zusammen: „Wir haben überhaupt keine Leistungsschwankungen gezeigt, sowohl in der Abwehr als auch im Angriff. Was meine Jungs über 60 Minuten in der Abwehr geboten haben und wie sie diesen Kampfgeist verkörpert haben, war einfach sensationell.“ Aufgrund der anhaltenden Personalnot hatte er erstmals Vincent Pick und Robert Heer aus dem Perspektivteam in seinen Kader berufen. Anstelle des kurzfristig ausgefallenen Sven Petersen übernahm Tom Abt die Rolle im rechten Rückraum. Zusätzlich zu motivieren brauchte der Trainer ohnehin niemanden mehr: „Ich habe in der Kabine gesehen, dass das Feuer brennt und alle heiß sind. Unabhängig vom Ergebnis wollten wir mit diesem Spiel einen Schritt nach vorne machen. Am Ende waren es drei Schritte, die wir nach vorne gemacht haben.“
Eric Zimmermann und Nicola Rascher warfen den TSB sofort mit 2:1 (3.) in Front, doch Baden-Baden hatte die schnelle Antwort parat. Bereits nach sieben Minuten gab es eine Zeitstrafe gegen die Gmünder Bank und der Ballbesitz blieb trotz der vorangegangenen Parade von Daniel Mühleisen beim TVS, der dann auf 3:4 (7.) stellte. In dieser Phase wurde das Spitzenspiel auch zum Duell der beiden Torhüter. Sowohl Mühleisen als auch sein Gegenüber Dominik Horn erwiesen sich als sicherer Rückhalt für ihre Mannschaft. Davor lieferten sich die beiden Abwehrreihen einen harten Kampf, im Gmünder Mittelblock hatten Christian Waibel und Nicola Rascher Schwerstarbeit zu verrichten. „Wir standen defensiv hervorragend“, freute sich Oprea über diese gelungene Zusammenarbeit. Dennoch lag der TSB beim 6:8 (20.) erstmals mit zwei Toren zurück, doch Patrick Watzl und Marian Rascher besorgten den Ausgleich.
Die kleinen Fehler bestrafte der Klassenprimus umgehend. Der TSB zwang Baden-Baden oftmals ins Zeitspiel und zu überhasteten Würfen, doch einer davon schlug zum 8:9 (24.) ein. Nachdem Watzl freistehend an Horn scheiterte und Zimmermann einen Konterversuch nicht fangen konnte, erhöhten die Gäste auf 8:11 (26.). „Es war ein Wechselbad der Gefühle mit Höhen und Tiefen, doch wir haben harte Arbeit geleistet“, so Oprea. Marian Rascher behielt als Siebenmeterschütze die Ruhe und hielt seine Mannen im Rennen. Wenige Sekunden vor dem Pausenpfiff spielte er Stephan Mühleisen am Kreis frei, so dass der TSB beim Stand von 12:13 (30.) in Schlagdistanz blieb.
Der erste Treffer nach Wiederanpfiff wiederum gehörte den Gästen, doch Daniel Mühleisen entschärfte anschließend gleich zwei Konter und verhinderte damit einen erneuten Drei Tore-Rückstand. Zimmermann und der nach seiner Corona-Infektion wiedergenesene Wolfgang Bächle brachten die Jets beim 15:14 (35.) und 16:15 (38.) nach langer Zeit wieder in den Vorteil. Beide Male glich Baden-Baden zwar postwendend aus, doch mühte sich zunehmend am Gmünder Abwehrbollwerk ab. Nachdem Bächle auf 18:16 (40.) erhöhte, griff Gästetrainer Sandro Catak zur Auszeit. Dem Spitzenreiter fehlten nun die Lösungen gegen spielfreudige TSBler. „Wir haben extrem geduldig gespielt“, befand Oprea: „Immer druckvoll, immer gefährlich und dann haben wir den Ball stets für den besser platzierten Mitspieler weitergespielt.“ Die Flügelzange mit Bächle und Zimmermann war nicht zu bremsen und auch das nötige Quäntchen Glück erarbeiteten sich die Hausherren. Mit einer beherzten Aktion rettete Stephan Mühleisen einen Abpraller, Watzl nutzte die Vorlage zum 21:18 (45.). Dazu Oprea: „Diese Szenen sind für die gesamte Mannschaft eine Riesen-Rückmeldung und zeigen mir, dass sich die Jungs unbedingt mit zwei Punkte belohnen wollte.“
Zunächst aber blieb es eine ganz enge Angelegenheit. Durch einen Tempo-Gegenstoß verkürzte der TVS auf 21:20 (46.). Doch die Gmünder konnten sich abermals auf Daniel Mühleisen verpasste, der mit einer sensationellen Parade gegen den Halbrechten Han Völker den Ausgleich verhinderte. Im Gegenzug verwandelte Marian Rascher auch seinen siebten Strafwurf ganz sicher mit 22:20 (49.) – der willensstarke Rückraumregisseur, der sich auch in der Abwehr voll reinhängte, wird im Sommer eine schmerzhafte Lücke hinterlassen.
In der Schlussphase bewies die junge Gmünder Mannschaft starke Nerven. Beim 23:22 (53.) stellten die Gäste nochmals den Anschluss her. Mit aller Energie netzte der erst 19-jährige Watzl zum 24:22 ein, Mühleisen hielt gegen TVS-Rechtsaußen Maximilian Strüwing den nächsten wichtigen Ball. Wie schon im Hinspiel avancierte Nicola Rascher zum entscheidenden Mann. Zweimal nacheinander fasst sich der Rechtshänder aus der Distanz ein Herz, beide Male schlug der Ball unhaltbar ein. Als Rascher eine Minute darauf Zimmermann auf die Reise schickte und dieser den Konter zum 27:23 (56.) verwandelte, war die Vorentscheidung gefallen. Baden-Baden setzte alles auf eine Karte, nahm beide Rascher-Brüder in Manndeckung und brachte im Angriff den siebten Feldspieler. Nachdem aber ein Wurf von Maximilian Mitzel von der Latte abprallte, machte Abt mit dem 28:24 (58.) alles klar. Schon zweieinhalb Minuten vor dem Ende gab es Standing Ovations für den TSB. Mühleisen hielt noch einen Siebenmeter von Christian Fritz, Bächle krönt die TSB-Galavorstellung mit einem genialen Dreher zum 30:25-Endstand.
„Wer den Spitzenreiter schlägt, soll und muss sich einen Abend gebührend feiern lassen“, resümiert Oprea: „Doch schon ab Montag gelten unsere Gedanken der nächsten Aufgabe.“ Kommenden Samstag (19:30 Uhr / Große Sporthalle) reist der Tabellenzwölfte TSV Birkenau zum Nachholspiel an. Dann gilt es für den TSB, die gegen Baden-Baden gezeigte Leistung zu veredeln, um weiterhin an den Aufstiegsplätzen schnuppern zu dürfen.
TSB: Daniel Mühleisen, Devin Immer (n.e.) – Marian Rascher (9/7), Eric Zimmermann (5), Wolfgang Bächle (4), Nicola Rascher (4), Patrick Watzl (4), Stephan Mühleisen (2), Tom Abt (2), Philipp Schwenk, Christian Waibel, Arian Pleißner, Vincent Pick (n.e.), Jonas Schwenk (n.e.), Robert Heer (n.e.)
TVS: Dominik Horn, Matthias Meßmer – Han Völker (5), Maximilian Mitzel (5), Markus Koch (3), Jeremias Seebacher (2), Simon Bornhäußer (2), Maximilian Strüwing (2), Jascha Lehnkering (2), Christian Fritz (2/2), Jonas Schuster (1), Maximilian Vollmer (1), Franz Henke, Matthias Seiter, Julian Schlager
Siebenmeter: TSB 7/7 – TVS 3/2
Zeitstrafen: TSB 6 Minuten – TVS 8 Minuten
Schiedsrichter: Simon Jakober, Michael Hommel (TSV Süßen)
Zuschauer: 486
(Text: Nico Schoch - Bilder: Enrico Immer)