Die Rückkehr in die Halle bleibt für die allermeisten Sportler eine ferne Sehnsucht. Yannik Leichs, der bis vor einem Jahr noch im Trikot seines Jugendvereins TSB Gmünd auflief, hingegen darf nach monatelangem Hoffen und Bangen endlich wieder (fast) ganz normal Handball spielen. Dem Rückraumspieler winkt mit dem TV Plochingen die Chance, sich über die Pokalrunde der 3.Liga für den DHB-Pokal zu qualifizieren. Ohne Schnelltests und Hygienekonzept geht dabei allerdings gar nichts.


Ziemlich lange konnten die Drittligisten nicht mehr über sportliche Ziele nachdenken. Die reguläre Saison wurde im November unterbrochen und im Februar schließlich für beendet erklärt, Absteiger gibt es keine. Parallel zur Aufstiegsrunde in die 2.Bundesliga läuft nun die Pokalrunde, zu der sich die Vereine auf freiwilliger Basis melden konnten. Die Chance, sich für den DHB-Pokal zu qualifizieren, bietet einen zusätzlichen Reiz in diesen schweren Zeiten, besonders in finanzieller Hinsicht. Eben auch für den TV Plochingen, der in den Oberliga-Jahren 2013 bis 2018 noch regelmäßig in der Gmünder Großsporthalle zu Gast gewesen war. Als „sehr gelungen“ bezeichnet Leichs den neu entwickelten Modus: „Auf Dauer wäre es eng geworden, die normale Runde ordnungsgemäß zu Ende zu bringen und deshalb war es richtig, abzubrechen. Es ist mega wichtig, dass ein Spielangebot geschaffen wurde, damit die Sportler im Wettkampfmodus bleiben und die Vereine das hohe Niveau der Liga halten können.“

Die freiwillige Runde der 3.Liga gerät derweil zu einem Schnelltest-Marathon ungeahnten Ausmaßes. Alle Spieler und Beteiligte werden dreimal pro Woche auf das Corona-Virus getestet. Am Spieltag selbst werden alle Spieler zwingend innerhalb von zwei Stunden vor dem Spiel getestet, die Testergebnisse müssen zur technischen Besprechung vorliegen. Nur so ist die verantwortungsvolle Ausübung der kontaktintensiven Mannschaftssportart überhaupt möglich. Erst recht, da die Fallzahlen in den vergangenen Wochen Rekordwerte erreicht hatten. Als die Plochinger nach der mehrmonatigen Pause vor der Pokalrunde wieder ins gemeinsame Training einstiegen, da beschlich Leichs anfangs ein leicht mulmiges Gefühl. Immerhin waren gerade erst neue Verschärfungen seitens der Politik in Kraft getreten. „Man darf sich nur noch mit einer weiteren Person aus einem anderen Haushalt treffen und läuft dann mit 15 anderen Jungs in der Halle herum“, beschreibt Leichs die durchaus paradoxe Situation. Die Bedenken hätten sich jedoch ziemlich rasch zerstreut: „Ich fühle mich innerhalb der Mannschaft sehr sicher. Wir kommen mit der Maske in die Halle und dürfen erst nach dem negativen Testergebnis anfangen zu trainieren.“ Zumal jeder Drittligist diese Vorkehrungen verpflichtend leisten muss. Leichs hat deshalb „überhaupt keine Angst, dass über unsere Sportart ein neuer Infektionsherd entsteht.“

Dass das Testkonzept und die dazugehörigen Maßnahmen greifen, haben die Plochinger längst selbst erfahren. Direkt nach den ersten beiden Partien gegen HBW Balingen-Weilstetten II (30:29) sowie die SG Leutershausen (29:29) musste der TVP Ende April wieder aussetzen. Bei der Regel-Schnelltestung am Montag nach dem zweiten Spiel wurde ein Akteur positiv auf das Corona-Virus getestet. Der Betroffene, der keinerlei Symptome aufwies, wurde sofort isoliert und begab sich in eine zweiwöchige Quarantäne, nachdem ein präziser PCR-Test das positive Ergebnis bestätigte „Alle weiteren Spieler wurden negativ getestet, keiner wurde angesteckt“, zeigt sich Leichs erleichtert. Dennoch wurden alle weiteren Einheiten sowie die bevorstehende Begegnung gegen den TSV Blaustein vorsorglich abgesagt. Erst nachdem alle Plochinger Teammitglieder innerhalb der angenommenen Inkubationszeit von 6 Tagen keine Infektionen aufwiesen, wurde der Trainingsbetrieb wieder aufgenommen.
„Diese einwöchige Pause hat uns wieder etwas zurückgeworfen, immerhin sind wir gut gestartet“, zieht Leichs ein erstes kleines Zwischenfazit zur Pokalrunde. Fünf Tore erzielte der Ex-TSBler in vier Einsätzen bislang. Nach dem geglückten Auftakt habe man „Blut geleckt“, eines der zwei begehrten Tickets für den DHB-Pokal zu ergattern. Die beiden Niederlagen gegen Erlangen II (24:37) sowie am Samstagabend bei der TGS Pforzheim (22:28) sorgten dann umgehend für Ernüchterung. Trist wirkt es auch, dass es dank Corona zur Selbstverständlichkeit geworden ist, vor leeren Rängen zu spielen. Zuschauer können immerhin im Livestream auf dem Online-Portal www.sportdeutschland.tv mitfiebern. Die 4,50€, die ein Einzelticket kostet, kommen direkt den Vereinen zugute. Für die Plochinger (3:5 Punkte) dürfte es bei noch drei ausstehenden Partien schwer werden, die TGS Pforzheim (8:2) oder die SG Pforzheim/Eutingen (10:0) an der Tabellenspitze noch abzufangen.
“Generell sind wir einfach froh, dass wir uns endlich wieder im Wettkampfmodus befinden“, will Leichs allerdings auch keinerlei Druck erzeugen. Der DHB-Pokal ist erstmal nicht das Wichtigste. Aber natürlich gilt im Sport immer die Devise: „Wir haben das Selbstbewusstsein, in jedem Spiel etwas holen zu können. Wenn wir auf dem Spielfeld stehen, wollen wir als Mannschaft immer auf das bestmögliche Ergebnis zielen und gewinnen.“ Nicht zuletzt freut sich Leichs schon jetzt auf eine neue Saison, „die dann hoffentlich ganz anders verläuft.“ Und vor allen Dingen deutlich geregelter. Ohne Coronatests, dafür aber wieder mit vielen Fans in stimmungsvollen Hallen.
(Text: Nico Schoch – Bilder: TV Plochingen, TSB-Archiv)

