Ein Derby voller Brisanz

Angeschlagene Boxer sind unberechenbar gefährlich. Überträgt man diese alte Weisheit auf andere Sportarten, so steht am Samstagabend um 19.30 Uhr in der Kreuzberghalle in Nenningen ein höchst brisantes Handballspiel zwischen den Lokalrivalen SG Lauterstein und dem TSB Schwäbisch Gmünd an. Beide Teams hatten zuletzt nämlich Negativerlebnisse.


Der TSB verlor am vergangenen Samstag zum ersten Mal in dieser Saison beim SKV Unterensingen (34:38) ein Spiel, die Mannen jenseits des Kalten Feldes setzten gar ihre letzten drei Partien in den Sand (27:35 in Laupheim, 36:41 zu Hause gegen die MTG Wangen, 33:35 beim SKV Unterensingen) und vergeigten so ihre zunächst erfolgversprechende Ausgangsbasis (11:3 Punkte) im Kampf um den Wiederaufstieg in die Oberliga Baden-Württemberg, den auch der TSB (20:4 Punkte) anstrebt.

Angeschlagene Boxer versuchen auch oft, mit wilden Rundumschlägen das Blatt nochmals zu wenden – und laufen dann in krachende Konter. Genau das will Stefan Klaus am Samstag vermeiden: „Wir haben die Gründe unserer ersten Saisonniederlage genau analysiert und wissen, was wir in Unterensingen falsch gemacht haben.“ Der TSB-Trainer, der in der jüngsten Niederlage „noch keinen Beinbruch“ sieht, bringt seine Vorgabe fürs Spiel bei der SG Lauterstein so auf den Punkt: „Wir müssen in der Abwehr besonders in den 1:1-Situationen aggressiver ans Werk gehen und wir dürfen uns im Angriff durch Leichtsinn und Übereifer nicht zu viele vermeidbare technische Fehler leisten.“

Die taktische Vorbereitung aufs Derby konnte Stefan Klaus allerdings nicht nach Plan durchziehen. Zu Beginn der Trainingswoche fiel ein kompletter Rückraummittelblock aus – Spielmacher Aaron Fröhlich hatte Schmerzen an der Achillessehne, Sven Petersen war grippekrank und Jan Häfner, der gerade einen Bruch des Daumens an der rechten Wurfhand auskuriert hat, verstauchte sich nun die linke Hand. Klaus rechnet dennoch damit, dass alle drei am Samstag auflaufen können.

Besonderer Zündstoff steckt im Derby auch in der Person Stefan Klaus. Der in Donzdorf wohnende Handballlehrer („Die fünf Kilometer nach Nenningen werde ich am Samstag joggen“) war nämlich fünf Jahre lang Trainer bei der SG Lauterstein, ehe sein Vertrag Ende der Saison 2016/17 auslief. Dass die SG, entstanden aus dem Zusammenschluss der Handballabteilungen des TV Weißenstein und des TV Nenningen, danach (wie der TSB) aus der Oberliga abstieg, ist ihm freilich keine Genugtuung. Dazu ist er viel zu sehr ehrlicher Sportler, der sich seinem Heimatverein verbunden fühlt.

Deshalb weiß Klaus auch die jüngste Niederlagenserie der Lautersteiner richtig einzuordnen: „Die hatten große Personalprobleme.“ So musste das SG-Trainergespann Timo Funk und dessen Vater Wolfgang Funk in Laupheim auf die etatmäßigen Spielmacher Christian Stuber und Tobias Schmid verzichten und auch Stammtorhüter Matthias Nagel fehlte. Gegen den TSB wird Stuber aus beruflichen Gründen erneut nicht dabei sein, „aber die SG hat auf der rechten Seite Klasseleute, die ein Spiel allein entscheiden können und die gegen Gmünd immer mit besonderem Ehrgeiz ans Werk gehen“, weiß Stefan Klaus. Er meint damit in erster Linie neben Schmid Mario Kölle und Rechtsaußen Jochen Nägele, der nach seinem Aushilfsgastspiel beim Bundesligisten Frisch Auf Göppingen absprachegemäß und stark verbessert ins Lautertal zurückgekehrt ist.

Für die SG ist die Partie gegen den TSB nicht nur wegen der Personalie Stefan Klaus mehr oder weniger ein Schicksalsspiel. Bei derzeit 13:11 Punkten würde eine Niederlage das Aus der Lautertäler im Meisterschaftsrennen bedeuten – der TSB, Heiningen und Wolfschlugen, allesamt 20:4 Punkte, wären dann nicht mehr einzufangen.

Kader TSB Gmünd: Sebastian Fabian, Giovanni Gentile, Wolfgang Bächle, Yannik Leichs, Jan Häfner, Lukas Kauderer, Hendrik Prahst, Christian Waibel, Aaron Fröhlich, Lukas Waldenmaier, Sven Petersen, Dominik Sos, Jonas Waldenmaier

© Gmünder Tagespost 29.11.2018 20:06 / Winfried Hofele

Blick auf den Gegner: SG Lauterstein (Auswärts: 01.Dezember – Heimspiel: 27.April)

  • Vereinshistorie: Die Spielgemeinschaft von TV Weißenstein und TV Nenningen existiert seit 1995 und hat es bereits auf acht Jahre in der BW-Oberliga gebracht. 2014 verpasste die SGL nur hauchdünn den Sprung in die 3.Liga.

  • Vereinsfarben: Blau-Gelb

  • Ortskunde: Die Stadt Lauterstein (2571 Einwohner) wurde 1974 durch Vereinigung der Gemeinden Nenningen und Weißenstein gebildet und liegt malerisch inmitten des Wander- und Skigebiets Albuch.

  • Heimspielstätte: Kreuzberghalle (Donzdorfer Straße 3, Lauterstein-Nenningen)

  • Anfahrtsweg: 17 Kilometer (ca. 22 Minuten) via Rechberg und Winzingen

  • Platzierung 2017/18: Als Tabellendreizehnter musste man die BWOL nach sechs Jahren verlassen, das Hoffen auf eine Last Minute-Rettung war vergebens.

  • Württembergliga-Erfahrung: 2009 und 2012 war die SGL jeweils als unangefochtener Meister zum Aufstieg marschiert.

  • Letzte Duelle mit dem TSB: Das "einzig wahre Derby" (O-Ton Michael Hieber) wurde seit 2005 insgesamt 16-mal ausgetragen (7 Siege TSB, 3 Remis, 6 Siege SG). Vor heimischer Kulisse sind die Gmünder gegen den Lokalrivalen ungeschlagen.

  • Saisonziel 2018/19: Um den Aufstieg mitspielen

  • Trainerduo: Wolfgang und Timo Funk (seit November 2017)

  • Top-Spieler: Rechtsaußen Jochen Nägele (25) ist diesen Sommer nach einem halbjährigen Intermezzo bei FA Göppingen (9 Tore in 12 Bundesligaspielen) und trotz höherklassiger Angebote zu seinem Heimatverein zurückgekehrt. Max Dangelmaier (158/40) war in der Vorsaison erfolgreichster Torschütze der SGL.

  • Ex-TSB-Spieler: Rene Adelhelm (20) feierte 2015/16 noch den Bezirksliga-Titel mit der Gmünder A-Jugend und durfte bei seinem Stammverein bereits Oberliga-Luft schnuppern.

  • Besonderes: Der neue TSB-Coach Stefan Klaus errang mit den Lautersteinern von der C- bis zur A-Jugend jeweils die württembergische Meisterschaft. Nach fünf erfolgreichen Jahren hatte er sein Traineramt bei der SGL im Jahr 2017 abgegeben.

  • Internet: www.sg-lauterstein.de

    (Nico Schoch)