Der TSB Gmünd hat den nächsten Härtetest in fremder Halle bestanden und seine Rekordjagd in der Handball-Regionalliga fortgesetzt. Hauchdünn, aber voller Entschlossenheit setzten sich die Jets mit 31:29 (13:14) beim TV Willstätt durch.

Der Sonntagabend-Krimi fand zur verfrühten Zeit statt und hielt ein perfektes Ende für den TSB Gmünd bereit: In der Hanauerlandhalle, dem einstmaligen Bundesliga-Schauplatz, jubelten die Gäste ausgelassen und auch der Trainer konnte sich dem Siegestanz nicht entziehen. „Um meine Nerven steht es eigentlich gar nicht so schlecht“, gab Aaron Fröhlich ganz locker zu Protokoll. Unter seiner Regie hat der TSB eine nie gekannte Stärke in der Fremde entwickelt. „Wir gestalten unsere Anreise und die Vorbereitung sehr gut, sind immer von Anfang an total fokussiert“, begründet Fröhlich. Nach dem neunten Auswärtssieg – so viele wie noch nie zuvor in einer einzigen Viertliga-Saison – ist den Jets der dritte Tabellenplatz schon fast nicht mehr zu nehmen. Insgesamt fehlen nur noch drei weitere Punkte, um die Rekordsaison 2022/23 zu übertreffen.
Der Traumstart wirkt nicht lange

Großer Erfolgsfaktor bleibt die Defensive. Der TSB kassiert nach wie vor die wenigsten Gegentore ligaweit und bewies abermals warum. Der zuletzt von einem Fieber ausgebremste Stephan Mühleisen war ins Team zurückgekehrt und leistete Schwerstarbeit an der Seite von Andreas Maier. Fast schon luftig-leicht lenkten Tom Abt und Kai Schäffner das Angriffsspiel, mit ihren Treffern provozierten sie Willstätt zu einer frühen Auszeit. Per Tempo-Gegenstoß machte Niklas Burtsche den 4:0-Traumstart perfekt. Acht Minuten dauerte es, bis der starke Rückhalt Daniel Mühleisen erstmals hinter sich greifen musste.
Doch ganz so einfach ließen sich die Hausherren nicht überrennen. Schon beim 7:7 (15.) war alles auf Null gestellt. „Wir haben zwar von Anfang an sensationell gedeckt“, so Fröhlich, „doch wir haben extrem viele unserer guten Chancen überhastet verworfen. Deshalb war es ein zäher Kampf.“ Mit 8:9 (18.) lag der TSB erstmals zurück, weil der gegnerische Linkshänder Lucas Limouzin ins Rollen kam. Immerhin egalisierten Burtsche und Andreas Maier einen Zwei Tore-Rückstand umgehend. Ein knappes 13:14 musste der TSB in die Pause nehmen, riss die Partie mit dem 17:16 (34.) aber wieder an sich. Da hatte der Trainer die Hoffnung, „dass wir über unsere Fitness Akzente setzen und wegziehen können.“ Stattdessen kam die totale Hektik auf.
Drei Rote Karten innerhalb von zwei Minuten

Als wäre der Schlagabtausch nicht schon spannend genug gewesen, rückten plötzlich auch die beiden Schiedsrichter in den Fokus. Erst disqualifizieren sie Limouzin, der Burtsche beim Wurfversuch ein Bein stellte. Den fälligen Strafwurf verwandelte Schäffner zum 19:18 (38.), bevor er für seine nächste Abwehraktion ebenfalls den Roten Karton gezeigt bekam. Der Gmünder hatte Joffrey Bonnemberger unglücklich mit der Hand im Gesicht getroffen, Willstätts Spielmacher ging theatralisch zu Boden. Eine Konzessionsentscheidung der Referees, wie Fröhlich hinterher beklagte: „Beim besten Willen wüsste ich nicht, was Kai hätte tun sollen, um das zu verhindern. Die anderen Bestrafungen waren glasklar.“ Innerhalb von nur zwei Minuten gab es auch noch einen dritten Feldverweis. TV-Rechtsaußen Illia Hreblev feuerte seinen Siebenmeter mit voller Geschwindigkeit ins Gesicht von TSB-Keeper Mühleisen. Eine herbe Schwächung für die badischen Gastgeber, immerhin ging bis dahin die Hälfte ihrer Treffer auf das Konto von Limouzin und Hreblev.
Der TSB nutzte das für ein Vier Tore-Polster. Doch obwohl Mühleisen gleich den nächsten Strafwurf entschärfte, war noch längst nichts entschieden. Willstätt bäumte sich ein letztes Mal auf. Beim 24:24 (49.) stand alles wieder auf Messers Schneide. Als Maier seine zweite Zeitstrafe kassierte, geriet der TSB mit einem Mann weniger sogar mit 26:27 (54.) ins Hintertreffen. Dennoch geriet Fröhlich keineswegs in Panik: „Nachdem sich das Spiel beruhigt hat, hatten wir mehr Kontrolle und ich war mir sicher, dass wir es gewinnen würden. In der Abwehr haben wir es immer geschafft, die Bälle zu gewinnen.“ Dieses Gefühl sollte ihn nicht trügen.
Louis Waldraff erzielt vier wichtige Tore

Als es am meisten darauf ankam, bewies der TSB starke Nerven – und der Trainer schüttelte ein weiteres Rückraumass aus dem Ärmel. So sehr Schäffner in der Abwehr auch vermisst wurde, offensiv wurde dieser Verlust durch Louis Waldraff hervorragend abgefedert. Der 21-Jährige erwies sich nach seiner Einwechslung sofort als belebendes Element und traf in der Crunch-Time viermal. Tore, die der TSB dringend benötigte, da die rechte Angriffsseite an diesem Abend fast völlig brach lag. Waldraff sorgte für den umjubelten Ausgleich, bevor Spielmacher Tom Abt mit zwei schnellen Toren zum 29:27 (57.) die Weichen auf Sieg stellte.
Für die Zuschauer war noch bis zur letzten Sekunde purer Nervenkitzel geboten. Mit seinem achten Treffer machte Abt den 31:29-Erfolg perfekt. „Wir haben uns nicht mit Schönheit, sondern mit Entschlossenheit durchgesetzt“, bilanzierte der Trainer zufrieden: „Genau das haben wir in dieser schweren Phase gebraucht.“ In jedem Fall war es ein beeindruckender Beweis der erst in dieser Saison neu entdeckten Auswärtsstärke. Nächsten Sonntag (17 Uhr / Römerhalle Straßdorf) könnte dann schon die nächste Bestmarke fallen: Gegen den Tabellenvorletzten TuS Schutterwald wollen die Jets zum zehnten Mal vor ihrem eigenen Publikum jubeln.

