Zwei Welten prallen aufeinander: TSB Gmünd fordert den Ex-Bundesligisten heraus

Setzt der TSB Gmünd seine Siegesserie auch im dritten Regionalliga-Heimspiel am Sonntag (17 Uhr / Große Sporthalle) fort? Mit dem TV Willstätt, hochkarätig besetzt mit französischen Halbprofis, wartet der bislang dickste Brocken auf den Überraschungs-Spitzenreiter. Eine große Kulisse soll die „Jets“ zum nächsten Husarenstreich anspornen.

Der Tabellenerste empfängt den Sechsten: Das Gmünder Publikum darf sich auf ein echtes Spitzenspiel freuen, das so vor wenigen Wochen noch nicht zu erwarten war. Immerhin mussten sowohl der TSB Gmünd als auch der TV Willstätt in der vergangenen Saison die Abstiegsrunde bestreiten, um spät ihre Viertliga-Zugehörigkeit zu sichern. Der Rollentausch entspricht ganz den Ambitionen der Gäste. Von 1997 bis 2009 wurde in Willstätt Erst- und Zweitligahandball geboten – eine Glanzzeit, der die einstige Hochburg aus der Ortenau bis heute vergeblich zu wiederholen versucht. Noch vor zwei Jahren peilte der TVW den Aufstieg in die 2.Bundesliga an, scheiterte aber kläglich und musste den Gang zurück ins baden-württembergische Oberhaus antreten.
 
Beim TSB Gmünd gibt sich trotz dem aktuellen Traumstart keiner den scheinbar verlockenden Träumereien hin. „Was auch von außen an uns herangetragen wird, unsere eigene Erwartungshaltung hat sich überhaupt nicht verändert“, meint Trainer Aaron Fröhlich achselzuckend. Auch die Tabellenführung, die sich der TSB mit dem ebenfalls noch makellosen Top-Favoriten SG Köndringen/Teningen teilt, ist in der Mannschaft überhaupt kein Thema. „Dass wir allerdings noch ungeschlagen sind“, so Fröhlich, „freut uns natürlich und gibt uns ein gutes Gefühl.“ Sehr wohl hat der 34-Jährige realisiert, dass seine Jungs ihre einstige Unsicherheit längst abgelegt haben. „Wir sind in einer Situation, in der wir befreit aufspielen können. Das tut unseren vielen jungen Spielern einfach nur gut.“
 
Das Selbstvertrauen könnte nicht größer sein, ebenso wie die bevorstehende Herausforderung. Denn auf dem Parkett prallen zwei völlig verschiedene Welten aufeinander: Dem Gmünder Team, das fast ausschließlich aus Eigengewächsen besteht, steht ein internationales Ensemble gegenüber. Fünf Willstätter Akteure waren einst in der französischen Profiliga aktiv, der österreichische U20-Nationalspieler Philip Wastl wurde beim THW Kiel ausgebildet und Rechtsaußen Illia Hreblev zählt seit vielen Jahren zu den Top-Torjägern der Regionalliga. Trainiert wird das Team vom TVW-Urgestein Rudi Fritsch, der aus seinem Wohnort Backnang eine 170 Kilometer lange Strecke pendelt.
 
„Beeindruckend“, findet das Fröhlich, der sich schon als TSB-Spielmacher einige heiße Duelle mit diesem internationalen Ensemble lieferte. Ihre Viertliga-Premiere im Jahr 2014 hatten die Gmünder mit drei Siegen begonnen – ein Startrekord, der jetzt erst überboten wurde und seinerzeit vom starken TV Willstätt beendet wurde. Das Rückspiel entschied der TSB durch einen Kempa-Trick der Zwillinge Aaron und Simon Fröhlich sensationell mit 35:32 für sich. Bis heute ist es der letzte Gmünder Heimsieg gegen den Ex-Bundesligisten. Weniger gerne denkt man an den Mai 2018 zurück, als eine 28:33-Heimschlappe den Abstieg besiegelte, oder an das 29:30-Drama vor elf Monaten.
 
Der TV Willstätt bleibt nicht bloß für Fröhlich eine echte Wundertüte. „In diesem Jahr scheinen sie die Qualität ihrer Einzelspieler wieder gut auf die Platte zu bringen“, blickt der Gmünder Trainer auf die 7:3 Punkte des kommenden Gegners. Herausgestochen ist bislang die starke rechte Angriffsseite mit Hreblev (40/17 Saisontore) und dem Franzosen Lucas Limouzin (29 Tore), der starke Rückraum wird angeführt von Regisseur Joffrey Bonnemberger (16 Tore). Einzig gegen den Aufstiegsanwärter TV Bittenfeld II musste sich der TVW geschlagen geben, sogar verblüffend deutlich mit 27:40. „Es bleibt eine reizvolle Aufgabe für uns“, betont Fröhlich: „Denn wir wollen zeigen, dass wir mit unseren Mitteln und unserem Leistungsvermögen da standhalten können. Wir streben einen Sieg an – egal, wer zu uns in die Halle kommt.“
 
Immerhin haben die selbstbewussten Jets schon bewiesen, dass sie sich vor den großen Namen nicht zu verstecken brauchen. Mit 33:27 gewann der TSB sein Auftaktspiel beim VfL Waiblingen, der Drittliga-Absteiger hat seitdem keinen Punkt mehr abgegeben und klopft in der Tabelle oben an. Vor dem zweiten Aufeinandertreffen mit einem Spitzenteam der Liga kribbelt es deshalb schon ein bisschen mehr bei den Gmündern, was besonders mit der Atmosphäre im eigenen Wohnzimmer zu tun hat. „Ich konnte den Jungs bislang nur aus meiner Spielerkarriere von einer vollen Großsporthalle erzählen“, hofft Fröhlich auf noch mehr als die zuletzt 800 Zuschauer: „Nicht nur für mich als Verantwortlicher, sondern auch für die Spieler sind volle Ränge etwas ganz Besonderes. Erst recht wenn so ein starker Gegner kommt, gegen den wir uns beweisen wollen.“
Von entscheidender Bedeutung könnte dabei das Torhüterduell sein. Beim TV Willstätt war der 32-jährige Maxime Duchêne, der einst 20 Erstligaspiele für Sélestat Alsace bestritt, beim jüngsten 24:24-Remis in Heiningen der gefeierte Rückhalt. Beim TSB ist Daniel Mühleisen die unumstrittene Nummer eins. Eine Rolle, die der Beachhandball-Nationalkeeper mit starken Leistungen inklusive seinen fünf Saisontoren rechtfertigte. „Ich traue Dani extrem viel zu und würde ihn nicht eintauschen wollen“, lobt der Trainer. Da die fünf Gmünder Siege bislang allesamt deutlich ausgefallen sind, seien Mühleisens Paraden vielleicht nicht so stark im Vordergrund gestanden. „Doch wir hatten immer wieder Phasen, in denen wir zehn Minuten lang gar kein Tor bekommen haben“, betont Fröhlich: „Das geht nur durch eine gute Abwehr, aber eben gesetzt durch Dani. Mit dieser gemeinsamen Leistung bin ich sehr, sehr zufrieden.“
 
Nun kann die junge Mannschaft des TSB beweisen, wie viel Spitzenteam wirklich schon in ihr steckt. „Ich spüre natürlich, dass viele unsere gute Entwicklung sehen und uns inzwischen auch mehr zutrauen“, sagt Fröhlich über dieses neue Standing, das nicht von ungefähr kommt. Mit dem vollbesetzten Kader bleibt der eigene Anspruch wie gewohnt: „Wir wollen jedes Spiel gewinnen – und ein Sieg gegen Willstätt wäre ein echtes Ausrufezeichen.“
 
TSB: D.Mühleisen, Immer – Abt, Leichs, Maier, Schäffner, Scholz, J.Schwenk, Waldraff, Watzl, Bächle, Burtsche, Vi.Pick, S.Mühleisen, Waibel, Waldenmaier
 
(Nico Schoch)