Erst indiskutabel, dann furios: TSB Gmünd siegt dank starker zweiter Halbzeit

Handball, Oberliga: Nach einem schwachen Beginn reißt der TSB Gmünd rechtzeitig das Ruder herum und fährt gegen Schlusslicht TSV Deizisau einen glanzlosen 36:26 (15:16) – Heimerfolg ein. Nur noch ein Punkt fehlt bis zum sicheren Klassenerhalt.

 

Beinahe wäre schon am drittletzten Spieltag der Abstiegsrunde alles klar gewesen. Beinahe sehnsüchtig richteten Spieler, Fans und Offizielle des TSB Gmünd am späten Samstagabend ihre Blicke auf den Liveticker eines Parallelspiels. Hätte die SG H2Ku Herrenberg gegen die TSG Söflingen gewonnen, wäre den „Jets“ der fünfte Tabellenplatz und damit auch der sichere Klassenerhalt nicht mehr zu nehmen gewesen. Zehn Minuten vor Schluss führte Herrenberg tatsächlich mit 26:23, letztlich stand aber ein 28:28-Remis und für den TSB Gmünd die Erkenntnis: Noch ist der Abstiegskampf nicht endgültig gewonnen. Wenngleich das Zittern auch für den „Worst Case“ mit fünf Abstiegsplätzen schon bald vorbei sein dürfte.

 

Die Grundlage dafür legte der TSB selbst, indem er seine Pflichtaufgabe gegen den längst abgestiegenen TSV Deizisau letztlich souverän löste. „Unterm Strich ist der Sieg auch in dieser Höhe völlig verdient“, resümierte Michael Stettner. Ganz zufrieden war der Trainer aber keineswegs, zu sehr nervten ihn die Startschwierigkeiten: „Die Art und Weise, wie wir in den ersten zehn Minuten aufgetreten sind, trübt es ein bisschen.“ Besonders deshalb, weil die Jets nach dem enttäuschenden 32:32-Remis aus dem Hinspiel noch etwas gerade rücken wollten. So aber waren diese 60 Minuten ein Spiegelbild der gesamten Saison.

 

Zwar erzielte Patrick Watzl den ersten Treffer des Abends, doch der TSB ließ sich überrumpeln und musste nach vier Minuten einem 1:4-Rückstand hinterher laufen. Spielmacher Tom Abt und Linkshänder Watzl verkürzten anschließend, doch gefühlt kamen die Gmünder stets einen Schritt zu spät gegen die variablen Rückraumschützen der Gäste. „Wir wollten in der Abwehr früher heraustreten, Zweikämpfe nach außen gewinnen und auch im Rückzug schneller sein“, sagte Stettner: „Doch das haben wir alles nicht gemacht. Wir waren viel zu passiv und das ist einfach indiskutabel.“ Beim Stand von 5:9 (13.) wurde in der ersten Auszeit Klartext geredet – und das wirkte.

 

Andreas Maier verkörperte die Entschlossenheit, mit der die Gmünder nun zu Werke gingen. Zweimal traf er von der ungewohnten Linksaußenposition und riss immer wieder Räume, die Kreisläufer Stephan Mühleisen zum Ausgleich und Abt zur 10:9-Führung (18.) nutzten. „Wir wissen, dass wir es besser können als in der ersten Viertelstunde“, betonte Maier: „Wir haben uns rechtzeitig aufgerafft.“ Mit zwei schnellen Gegenstößen warf Wolfgang Bächle die Hausherren mit 12:10 (20.) in Front, doch es kehrte abermals der Schlendrian ein. Insgesamt 12 Fehlwürfe leistete sich der TSB alleine in der ersten Halbzeit, in Unterzahl geriet man wieder mit 12:13 (25.) ins Hintertreffen. „Wir haben zu oft unkonzentriert und halbhoch abgeschlossen“, haderte Stettner. Maier und auch Kapitän Nicola Rascher hatten Pech mit Pfostentreffern, obendrauf kam noch eine strittige Schlussszene. Maier und Abt wollten noch vor der Pausensirene einen Konter laufen, wurden aber von den Schiedsrichtern zurückgepfiffen und so wurden beim Stand von 15:16 (30.) die Seiten gewechselt.

 

Typisch für den TSB im Jahr 2024 ist aber auch die starke Reaktion, die dann folgte. Schlüssel zum Erfolg war einmal mehr die verbesserte Abwehr einschließlich dem gut aufgelegten Rückhalt Daniel Mühleisen. Mit einem 5:0-Lauf kehrten die Gmünder aus der Kabine zurück. Auch die Rote Karte gegen Stephan Mühleisen für ein zu hartes Einsteigen konnte den TSB nicht bremsen. In der Abwehr sprang Routinier Christian Waibel in die Bresche, vorne wirbelte Abt die Hintermannschaft der Gäste ein ums andere Mal durcheinander. „Wir haben uns endlich an das gehalten, was wir spielen wollten und unsere Wurfquote deutlich hochgeschraubt“, lobte Stettner und zollte gleichzeitig auch dem Gegner seinen Respekt: „Man muss Deizisau ganz hoch anrechnen, dass sie sich nie aufgeben, obwohl für sie nichts mehr zu reißen ist.“

 

Der TSB demonstrierte allerdings eindrucksvoll, warum es für den TSV Deizisau ein einjähriges und immer noch siegloses Gastspiel in der Oberliga bleiben wird. Während Mühleisen seinen Kasten vernagelte, erzielten seine Vorderleute erneut vier Tore in Folge und zogen so auf 25:18 (42.) davon. Von den schnellen Gegenstößen in der ersten und zweiten Welle wurden die Gäste förmlich überrollt. Jonas Schwenk lief seinen Bewachern völlig alleine davon und vollendete zum 31:22. Als Watzl den Vorsprung anschließend auf zehn Tore ausbaute, war die Messe gelesen. „Diese Leistung nach der Pause war ein Super-Statement“, freute sich Andreas Maier, der wie Abt auf sieben Tore kam.

 

In der Schlussphase sparte sich der TSB noch Kräfte für die verbleibenden zwei Saisonspiele. Unter Applaus der nur 200 Zuschauer ging Rückhalt Mühleisen vom Feld, an seiner Stelle konnte sich Giovanni Gentile noch mit zwei Paraden auszeichnen. Vorne erzielte Stefan Scholz die letzten drei Tore. Der 36:26-Pflichtsieg war letztlich ein souveräner, auch wenn der Makel aus der ersten Halbzeit blieb.

 

Ihren Vorsprung auf Schutterwald (16:16 Punkte) und Söflingen (18:14) haben die Gmünder (21:11) damit weiter ausgebaut. Von einer Vorentscheidung wollte allerdings niemand etwas wissen. „Noch sind wir nicht ganz sicher“, betont Maier: „Wir müssen kommende Woche genau da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Erst dann können wir uns wirklich über den Klassenerhalt freuen.“ Dazu reicht schon ein Punktgewinn am kommenden Samstag (19:30 Uhr / Sporthalle beim Hallenbad Bruchsal) beim Drittletzten SG Heidelsheim/Helmsheim – oder bestenfalls natürlich der fünfte Sieg in Folge. Das ist der klare Anspruch, findet Trainer Stettner: „Wir wollen es jetzt endgültig klar machen und noch das Beste aus dieser Saison herausholen.“

 

TSB: Daniel Mühleisen, Giovanni Gentile – Andreas Maier (7), Tom Abt (7), Wolfgang Bächle (6), Patrick Watzl (4), Nicola Rascher (4/1), Stefan Scholz (3), Stephan Mühleisen (2), Jonas Waldenmaier (2), Jonas Schwenk (1), Christian Waibel, Ivo Dragicevic

TSV: Benjamin Hauptvogel, Nicolas Gross – Yannik Taxis (6/2), Nils Kühl (5), Alexander Seibold (3), Lars-Hendrik Crone (3), Marco Kugler (2), Manuel Bürk (2), Jaric Baumann (2), Paul Lampart (2), Timo Heinemann (1), Lucas Schmid, Peter Scheffold, Jan Schultheiß

Siebenmeter: TSB 2/1 – TSV 2/2

Zeitstrafen: TSB 6 Minuten – TSV 8 Minuten

Rote Karte: Stephan Mühleisen (TSB/36./Hartes Foulspiel)

Schiedsrichter: Alexander Kraft, Steffen Reick (SV Langensteinbach)

Zuschauer: 200