Obwohl es nicht um Oberliga-Punkte geht, steht dem TSB Gmünd am Freitagabend (19 Uhr / Große Sporthalle) das Spiel des Jahres bevor. Vor dem Duell mit Frisch Auf Göppingen blickt TSB-Abteilungsleiter Michael Hieber zufrieden auf den gelungenen Umbruch, die eigene Jugendarbeit und ein früheres Erlebnis mit dem Bundesligisten zurück.
Berufliche Selbstständigkeit, Hausbau und das Ehrenamt beim TSB inklusive der Organisation des Highlightspiels gegen Frisch Auf Göppingen – für Michael Hieber sind es derzeit hektische Tage. Sein Pensum als Abteilungsleiter wollte er mit nunmehr 45 Jahre eigentlich längst drosseln. „Das zehrt schon an den Kräften, doch es steckt einfach in meiner DNA drin“, sagt er lachend. Immerhin gibt es auch Gründe, weshalb seine Leidenschaft nach über zwei Jahrzehnten wieder ein Stück weit neu entfacht wurde. Die von ihm trainierte C-Jugend mit Sohn Rafael qualifizierte sich in diesem Sommer vollkommen überraschend für die Württemberg-Oberliga, die höchste Spielklasse in diesem Alter und ist damit das neue Flaggschiff der Gmünder Jugendarbeit.
„Das ist für uns nach wie vor der wichtigste Bereich“, betont Hieber: „Alleine schon die Tatsache, in allen Altersklassen eine Mannschaft stellen zu können, ist für uns als Verein ein Erfolg.“ Er verweist darauf, dass nun sogar erstmals die „Minis“ mit 20 Kindern unter acht Jahren aus der Wiege gehoben wurden. Im sportlichen Bereich sei damit eine Grundlage gelegt, einzig um Jugendtrainer muss der TSB – wie viele andere Vereine auch – kämpfen. Frühere Handballer wie Simon Frey und Holger Sohnle (E-Jugend) sowie der erst 20-Jährige Can Oktay (A-Jugend) seien da „Vorreiter“, so Hieber.
Der Spielplan des Oberliga-Teams wurde zur neuen Saison entzerrt und so hofft der Abteilungsleiter, dass künftig wieder einige aktive Spieler den Weg ins Jugendtraining finden: „Um dort weiterzugeben, was sie selbst lernen durften.“ Es ist ein Zukunftsprojekt, mit dem Hieber eine „gelebte Identifikation“ schaffen will. Bei allen kleinen Baustellen sei der TSB gut aufgestellt und habe auch die Corona-Pandemie schadlos überstanden: „Insgesamt bin ich tatsächlich sehr glücklich über den Zustand unserer Abteilung. Der positive Stress, den wir derzeit haben, ist immer deutlich besser als negativer Stress.“
Zu einem positiven Stressfaktor gehört sicherlich auch die Planung des Sommerevents an diesem Freitag. Das Gastspiel von Bundesligist Frisch Auf Göppingen in der Großen Sporthalle werde bereits im Vorfeld sehr gut angenommen, wie Hieber festgestellt hat: „Wir freuen uns auf eine ordentliche Zuschauerkulisse und wollen eine lockere, familiäre Atmosphäre schaffen – genau so, wie wir uns als Verein sehen und auch weiterhin auftreten wollen.“ Eintrittskarten gibt es an der Abendkasse zum familienfreundlichen Preis von 5 Euro, Kinder unter zehn Jahren erhalten freien Eintritt. Zum Rahmenprogramm zählen eine Weinbar, Wurst vom Grill, eine Autogrammstunde mit den Göppinger Profis sowie ein Trainergespräch nach Spielende.
Gemeinsam mit dem Sportlichen Leiter Jürgen Rilli und seiner eigenen Allianz-Versicherungsagentur hatte Hieber bereits vor über drei Jahren die Kontakte zum Traditionsverein aus dem Filstal geknüpft. Damals grätschte Corona dem geplanten Freundschaftsspiel dazwischen. „Umso mehr freuen wir uns nun auf die Starpower von Frisch Auf, die mit ihrem Kader sicherlich zu den Top Ten der Bundesliga zählen“, so der Abteilungsleiter. Für das junge Gmünder Team (Durchschnittsalter: 23 Jahre) wird es ein besonderes Erlebnis sein, den Profis und Nationalspielern gegenüberzustehen.
Als Frisch Auf im Juli 2014 letztmals beim TSB gastierte, saß Hieber wenige Monate nach dem umjubelten Oberliga-Aufstieg noch selbst auf der Bank. Die Erinnerungen sind noch frisch, besonders weil der Underdog damals zur Pause sensationell mit 14:13 in Führung lag. „In der letzten Auszeit haben wir uns gesagt, dass wir uns jetzt keinen Wurf mehr nehmen dürfen. Denn das nimmt uns niemand mehr“, lacht Hieber. In der zweiten Halbzeit sei Frisch Auf dann doch entschlossener zur Sache gegangen, so dass am Ende ein souveräner 23:31-Endstand auf der Anzeigetafel stand.
Im Nachhinein aber stellte sich dieser Sommerabend für einen damaligen TSBler als Schlüsselmoment heraus. Sechs Tore hatte Djibril M´Bengue erzielt und blieb damit offenbar auch dem damaligen Göppinger Trainer Magnus Andersson im Gedächtnis. Vier Jahre später erhielt M´Bengue beim Bundesligisten TVB Stuttgart aufgrund seiner Verletzungsprobleme keinen neuen Vertrag mehr. Andersson, der gerade beim FC Porto angeheuert hatte, lotste den Rückraumrechten nach Portugal und formte ihn dort zum Nationalspieler. „Es ist spannend zu sehen, dass ausgerechnet so ein Freundschaftsspiel für Djibis Weg als Profihandballer so eine große Weiche gestellt hat“, meint Michael Hieber.
Zu Frisch Auf allerdings seien die Beziehungen trotz der unmittelbaren Nachbarschaft nicht allzu eng. „Es ist eigentlich schade, dass so ein großer Verein nicht auf die umliegenden kleinen Vereine zukommt, um einen Austausch zu führen und zu erfahren, wie sie in der Region gesehen werden“, bedauert der TSB-Abteilungsleiter. Er meint damit besonders die Jugendarbeit, denn aktuell stehen gerade einmal drei Eigengewächse im Göppinger Bundesliga-Kader. „Es mag vielleicht Zufall sein, aber der TSB hat derzeit drei Spieler in der Bundesliga“, sagt Hieber mit Blick auf M´Bengue (Bergischer HC), Max (TVB Stuttgart) und Kai Häfner (MT Melsungen). Max Häfner ging zwar in der A-Jugend-Bundesliga für Frisch Auf an den Start, doch alle drei Profis machten ihren größten Entwicklungsschritte beim TSB. M´Bengue, der nie ein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen hat, ist zudem das beste Beispiel für einen Spätentwickler. Eine solche Geschichte sei heute gar nicht mehr denkbar, meint Hieber sorgenvoll: „Die Förderung ist in Deutschland leider nicht optimal, was sich ja aktuell auch in der Nationalmannschaft zeigt.“
In den vergangenen Jahren konkurriert „Platzhirsch“ Frisch Auf zunehmend mit dem TVB 1898 Stuttgart um die Gunst der Zuschauer in der Region. Die vergangene Bundesliga-Saison schlossen die beiden Lokalrivalen punktgleich auf den Plätzen 14 und 15 ab. Nach diesem enttäuschenden Abschneiden wächst unter dem Hohenstaufen der Druck und auch die Sehnsucht der Fans nach neuen Erfolgen. „Alleine von der Tradition und mit den Europapokalsiegen im Rücken ist Frisch Auf noch immer die Nummer eins in der Region“, betont Hieber den Stellenwert des Traditionsvereins. Doch besonders in Gmünd sei festzustellen, dass der TVB längst aufgeholt hat: „Bei uns tragen die Kinder eher ein Trikot von Max Häfner als etwa von Tim Kneule, der in Göppingen längst eine Legende ist. Daher ist es, glaube ich, ein gutes Zeichen, dass sich Frisch Auf nun endlich wieder einmal auf der Ostalb präsentiert.“
Von seiner besten Seite präsentieren will sich dabei auch der Gastgeber. „Der Umbruch ist gelungen, es läuft alles nach Plan“, blickt der Abteilungsleiter auf Rang neun in der zurückliegenden Oberliga-Saison zurück. Der erstmalige Aufstieg der Zweiten Mannschaft in die Landesliga habe dem Ganzen die Krone aufgesetzt. „So gut sind wir im Aktivenbereich noch nie dagestanden, die jungen Spieler haben einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht“, freut sich Hieber. Mit diesen Leistungen habe sich jeder Einzelne das Highlightspiel gegen Frisch Auf verdient: „Nun können wir sehen, wie weit die Mannschaft ist und ob sie zumindest am Anfang mit den Profis mithalten kann. Am Ende geht es dann nicht um das Ergebnis, sondern um das Erlebnis.“