Mit dem Abschied von Sebastian Fabian endet beim TSB Gmünd eine Ära. Aus Loyalität hatte der Torwartroutinier sein Karriereende noch einmal um ein Jahr hinausgezögert. Doch nach über 400 Spielen für die „Jets“ und drei Aufstiegen ist nun Schluss.
Völlig befreit klingt Sebastian Fabian, wenn er 16 erlebnisreiche Spielzeiten mit dem TSB Gmünd Revue passieren lässt: „Es war eine super Zeit, Jetzt ist es einfach gut und gerne darf etwas Neues kommen.“ 33 Jahre sind ein Alter, in dem viele andere Torhüter noch lange nicht ans Aufhören denken. Der besondere Einfluss auf das Spiel hat Fabian an seiner Rolle als Keeper immer gereizt. Doch er spricht ganz offen über seine nachlassende Trainingsmotivation: „Um es ganz platt zu formulieren, habe ich keine Lust mehr, mich jede Woche viermal abschießen zu lassen.“
Sein Entschluss steht schon lange fest. Doch den Verein während der Corona-Pandemie im Stich zu lassen, kam nicht in Frage. „Ich bin Sebi unsagbar dankbar, dass er aus Vereinsliebe und Loyalität nochmals eine Runde gespielt hat“, erklärt der Sportliche Leiter Jürgen Rilli, der Fabian für eine weitere Saison überreden konnte – wenn auch unter der Bedingung, nicht alle Spiele und Trainingseinheiten bestreiten zu müssen. Es war ein Abschied auf Raten. „Doch wenn er fit war, hat er auch in dieser Saison gezeigt, dass er immer noch der Beste in dieser Klasse sein kann“, meint Rilli.
Die Leistungen, die Fabian über ein Jahrzehnt lang gezeigt hat, sprechen für sich. Von der HSG Königsbronn/Oberkochen zog es ihn im Jahr 2006 in die Gmünder A-Jugend, die angeführt von Kai Häfner zur baden-württembergischen Vize-Meisterschaft stürmte. Gleichzeitig nahm das damalige Nachwuchstalent schon eine zentrale Rolle am Verbandsliga-Titel der Aktiven ein. Als Krönung kamen zwei Oberliga-Aufstiege hinzu, wobei die Relegationsspiele 2014 alles überstrahlten. Das Finalspiel gegen den HSV Hockenheim in einer brechend vollen Großen Sporthalle bezeichnet Fabian als „absolutes Highlight“. Von der Gefühlslage her sei dieses Erlebnis noch intensiver gewesen als der direkte Wiederaufstieg 2019: „Wir lebten von einer mannschaftlichen Geschlossenheit, die unbeschreiblich war.“
Bescheiden und zurückhaltend aufzutreten, das ist Fabians Markenzeichen. „Es ist doch meine Aufgabe, Bälle zu halten“, so lautet seine Standard-Aussage nach herausragenden Spielen. Die sind bei Fabian keine Seltenheit. Kein Wunder, dass es frühzeitig auch Anfragen von höherklassigen Vereinen gab. 2010 verkündete der damals 22-Jährige seinen Mitspielern bereits den Wechsel zum Drittligisten TSG Söflingen. Dem damaligen Abteilungsleiter Steffen Alt ist es zu verdanken, dass Fabian doch in Gmünd blieb und dort sein Lehramt-Studium abschloss. Danach war klar, dass der „ewige Fabian“ bis zum Karriereende das TSB-Trikot tragen würde. „Ich bereue das nicht, sondern bin stolz darauf“, sagt er heute selbst: „Weil wir immer eine enge, verschworene Einheit waren und zwar unabhängig von allen sportlichen Geschichten.“
Die Fans lieben ihre Nummer 20, genauso so sehr wie er seinen TSB. Vieles änderte sich, der Keeper blieb die große Konstante. Obwohl auch er eine Wandlung durchgemacht hat, vom impulsiven Jungspund zum besonnenen Führungsspieler. „Früher war ich noch ein bisschen der verrückte Typ“, erklärt Fabian lachend. Als „Windmühlen-Fabian“ sei er einst bekannt gewesen, weil er nach Gegentoren mit rudernden Armen bis zur Mittellinie vorkam und seine Vorderleute ausschimpfte. In der ruhigeren Rolle fühlt er sich deutlich wohler – genau damit war er so wertvoll für die immer jünger werdenden Teamkollegen.
Welch ein tadelloser Sportsmann in Fabian steckt, zeigt sich auch in seiner letzten Saison. Adduktorenprobleme setzen den 33-Jährigen seit langem außer Gefecht, während Kollege Daniel Mühleisen zur Höchstform aufläuft. Von Neid aber überhaupt keine Spur. „Dani hat eine Sensationsrunde gespielt und das gönne ich ihm total“, erkennt Fabian diese Leistung an. Den Teamgedanken lebt der 33-Jährige vor wie kaum ein anderer. Da mit Mühleisen nun ein mehr als würdiger Nachfolger parat steht, fällt Fabian der Abschied etwas leichter: „Ich kann mit gutem Gewissen aufhören.“
Die meisten ehemaligen Weggefährten aus den Anfangsjahren sind längst nicht mehr dabei. Doch als ehemaliger Jugendtrainer hat „Sebi“ großen Gefallen daran gefunden, als Leitfigur für die jungen TSB-Talente voranzugehen und diese heranzuführen an ein Team, das er einst mit auf Oberliga-Niveau gehoben hatte. In der Saison 2016/17 schnupperten die „Jets“ sogar am Durchmarsch in die 3.Liga. Fabian war ins All-Star-Team der Oberliga gewählt worden und trug mit 10 Saisontoren gleichzeitig den Titel des treffsichersten Keepers ligaweit. Doch einen Tag nach einer Gala-Vorstelllung des Rückhalts beim „Sensationssieg“ gegen Mitkonkurrent Herrenberg riss die Achillessehne von Spielmacher Aaron Fröhlich – so wurde der TSB letztlich doch nur Vierter. „Diesem Moment trauere ich ein bisschen hinterher“, gesteht Fabian.
Diese verpasste Chance ändert nichts daran, dass Fabian durch sein Wirken längst Heldenstatus beim TSB erlangt hat. Obwohl es ihn aus privaten Gründen nun in den Raum Ulm zieht, wird er auch in Zukunft gerne in der Großen Sporthalle vorbeischauen. Kategorisch ausgeschlossen ist hingegen ein sportliches Comeback. „Das Thema Handball ist durch für mich“, stellt er klar. Lange genug habe er viel Zeit in dieses Hobby investiert. Mit Blick auf eine andere Aufgabe im Verein gibt er sich gewohnt zurückhaltend: „Ich bin dem TSB natürlich sehr verbunden. Aber aktuell bin ich froh, auf Sicht keine Verpflichtungen zu haben und werde mich jetzt sicher nicht um zeitintensive Ämter reißen.“
Beim Saisonfinale am Samstag werden die gesammelten Erinnerungen nochmals hochkommen, wenn zum allerletzten Mal „Sebi, Sebi“ - Jubelrufe von der Tribüne hallen – so wie bei jedem Heimspiel in den vergangenen 16 Jahren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Fabian nach seiner Verletzung noch einmal das Trikot überstreifen wird. Der Gegner bei seiner Abschiedsvorstellung: Herrenberg.
(Text: Nico Schoch - Bilder: Nico Schoch (6), Enrico Immer (4), Jörg Frenze)
(Text: Nico Schoch - Bilder: Nico Schoch (6), Enrico Immer (4), Jörg Frenze)